Petroleumfunzel
Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wie Ravensburg einst erleuchtet wurde
Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Bis 1862 war es in Ravensburg zappenduster. Nur mit Kerze oder Petroleumfunzel konnte man sich nach draußen trauen - ohne irgendwo anzustoßen. Wie sehr die Installation von Gaslaternen das Leben im Schussental erleichterte und erleuchtete, zeigt seit heute, Sonntag, eine Gemeinschaftsausstellung von Technischen Werken Schussental (TWS) und dem Museum Humpisquartier an der Marktstraße. Damit feiern die TWS zugleich das 150-jährige Bestehen der Stadtwerke Ravensburg, aus denen sie hervorgegangen sind.
Viel Lokalprominenz war ins Humpis gekommen, um sich die Ausstellung anzuschauen. Einer kam ein Viertelstündchen zu spät: Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp , ausgerechnet der erste Redner, aber mit einer guten Erklärung: In seinem Outlook-Kalender stand die falsche Anfangszeit. Rapp lobte vor allem den Weitblick seines Vorvorvorvorvorvorvorvorvorvorvorvorgängers, Stadtschultheiß Karl Friedrich Zaisser, der nach einem Besuch im nachts hell erleuchteten Ulm das Gaslicht nach Ravensburg brachte und die Stadtwerke gründete.
Sein Weingartener Amtskollege, Markus Ewald , zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der TWS, lobte den Weitblick der beiden sonst häufig konkurrierenden Städte, im Jahr 2001 die jeweiligen Stadtwerke zu fusionieren und gemeinsam mit der EnBW die TWS zu gründen, nach zähen Verhandlungen beider Gemeinderäte im Kuko, bei denen es laut CDU-Stadtrat Rolf Engler nur trockene Brezeln gab, um die Fusion zu beschleunigen. Ewald kündigte weitere Kooperationen an: Im kommenden Jahr soll es einen gemeinsamen Museumsführer geben.
Nach einem unterhaltsamen Film von Ravensburgs Tatort-Regisseur Jürgen Bretzinger, in dem Zeitzeugen zu Wort kamen, die sich noch gut an die Gasversorgung in den fünfziger Jahren erinnern konnten, wagte TWS-Netz-Geschäftsführer Helmut Hertle einen Blick in die Zukunft der Energieversorgung: weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energien. Vor allem in Windkraft investieren die TWS seit einigen Jahren Millionensummen.
TWS-Geschäftsführer Dr. Andreas Thiel-Böhm verglich die revolutionäre Veränderung des Stadtlebens durch das Gas mit der Energiewende. „Das war mindestens so anspruchsvoll wie das, was noch vor uns liegt.“ Nach den „beeindruckenden Zeichen“, die Deutschland nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima mit der Energiewende gesetzt habe, sei der „Mut des Ausstiegs wie weggeblasen. Der Energiewende droht ein Kommunikationsdesaster.“ In den vergangenen Monaten hätten die Politiker es versäumt zu vermitteln, dass die Energiekosten durch die Energiewende - zumindest vorübergehend - in die Höhe getrieben werden.
Von der großen Energiepolitik wieder ins Humpisquartier : Museumsleiter Dr. Andreas Schmauder erklärte, dass es gar nicht so leicht gewesen sei, die Ausstellung zu konzipieren, „denn der Hauptakteur Gas ist ja unsichtbar“. Daher erwartet die Besucher in Raum eins zunächst absolute Finsternis, die nur durch tragbare Lampen erhellt werden kann. Raum zwei widmet sich dem ersten Gaswerk am Bahnhof, in dem übrigens auch einer der berühmtesten Ravensburger, der Tenor Carl Erb, vor seiner Karriere als Sänger gearbeitet hat. Raum drei zeigt das erleuchtete Ravensburg, mit allein 18 Laternen am Marienplatz. Raum vier widmet sich dem „Konkurrenten“, der Elektrizität. Und schließlich sind Gegenstände aus der guten, alten Zeit zu sehen, die mit Gas betrieben wurden: vom Gas-Kühlschrank bis zum Gas-Lockenwickler.