Demokratiekonferenz

Einsatz für Demokratie im Kreis Ravensburg nimmt Fahrt auf

Kreis Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Engagierte aus verschiedenen Bereichen tauschen sich in Baienfurt aus. So soll die Demokratie weiter gestärkt werden.
Veröffentlicht:19.06.2023, 12:00

Von:
  • Anton Wassermann
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Dass Demokratie und Menschenrechte keine Selbstläufer sind, sondern auch in Deutschland täglich neu gefestigt und gestärkt werden müssen, ist vielen Menschen bewusst geworden, seit Extremisten aller Couleur unverhohlen und auch gewaltsam den politischen Umsturz proklamieren. Mehrere Kommunen und der Landkreis Ravensburg versuchen dem mit unterschiedlichen Aktionen entgegenzuwirken. Eine Demokratiekonferenz im Baienfurter Hoftheater diente einer aktuellen Bestandsaufnahme.

Bereits seit einigen Jahren stellen sich die Städte Ravensburg, Weingarten und Leutkirch sowie der Landkreis mit unterschiedlichen Programmen dieser Aufgabe. Finanziell gefördert wird diese Arbeit durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das seinen Hauptsitz in Köln hat, aber Zweigstellen in allen Bundesländern unterhält. Das aktuelle Förderprogramm läuft bis Ende 2024. Damit werden die teilnehmenden Landkreise und Kommunen in die Lage versetzt, Personal bereitzustellen, das die Aktionen vor Ort koordiniert und die beteiligten Gruppen organisatorisch unterstützt.

600 Förderprojekte bundesweit

Bundesweit, so berichtete Fabian Müller vom Bundesamt, laufen rund 600 Förderprojekte. Das Bundesamt habe mit einem Etat von 165,5 Millionen Euro 357 Patenschaften übernommen. Andreas Hornikel–Günter, der Erste Landesbeamte beim Landkreis Ravensburg, äußerte den dringenden Wunsch, dass diese Förderung über das kommende Jahr hinaus weitergeführt wird. Denn nach den pandemiebedingten Einschränkungen sind auch im Kreisgebiet die Aktionen unter großen Kraftanstrengungen wieder in Gang gebracht worden.

Weltweite Krisen und der russische Propagandafeldzug mit gezielter Desinformation im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Ukraine hätten den Populisten ungeahnten Zulauf verschafft, so Hornikel–Günter. Illiberale Demokratien und einfache Antworten auf komplexe Fragen verführten zu der Annahme, unser politisches System sei überfordert. Das Bedürfnis, in Sicherheit zu leben, verleite immer mehr Menschen zu der Bereitschaft, dafür auf Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu verzichten.

Immer wieder Beispiele für die Bedeutung von Freiheit

Was der Verlust von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit bedeutet, hätten der Volksaufstand vor 70 Jahren in der damaligen DDR und aktuell der unglaubliche Verteidigungswille des ukrainischen Volkes im Krieg gegen den russischen Aggressor deutlich gezeigt.

Freiheit und Verantwortung sind Zwillinge und müssen verteidigt werden,

sagte Andreas Hornikel–Günter.

Dabei verwies er auch auf den kürzlichen Besuch von Alt–Bundespräsident Joachim Gauck in Ravensburg, wo dieser eindringlich für eine wehrhafte Demokratie plädierte.

Die Stadt Ravensburg stieg bereits 2015 in das Projekt ein, indem sie den Vertrieb mit fair produzierten und gehandelten Lebensmitteln aus aller Welt unterstützte. Projektleiter Martin Diez erinnerte aber auch an die Wanderausstellung über Anne Frank. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler hätten in Ravensburg und weiteren Ausstellungsorten geführt und damit vielen Gleichaltrigen einen nachhaltigen Geschichtsunterricht der besonderen Art erteilt, bestätigte Sabine Weisel, Pressesprecherin und Demokratie–Koordinatorin der Stadt Weingarten.

Auch in Leutkirch konnten dank der Förderung durch die Bundesstelle mehrere Projekte im Jugendbereich gestartet werden, was zur Gründung eines Jugendgemeinderats führte. „Jugend muss mitreden können, und zwar dort, wo sie lebt“, sagte Carmen Scheich, als sie über die erfolgreichen Workshops mit verschiedenen Jugendgruppen berichtete. Dabei habe man bereits die Grundschulkinder mit eingebunden.

Hochschulen bringen sich ebenfalls ein

Die Stadt Weingarten hat, so Sabine Weisel, die beiden Hochschulen mit ins Boot geholt. Die Aktion, bei der mit Regenbogenfarben Vielfalt sichtbar gemacht wurde, sei zwar dem Vandalismus zum Opfer gefallen, habe aber ein breites öffentliches Interesse gefunden und zur Gründung eines Vereins geführt. Die Akteure, so Weisel weiter, hätten Tage der Demokratie ins Leben gerufen. Und die „lange Nacht der Demokratie“ werde es auch 2024 wieder geben.

Etwas mühsam war nach den Worten von Eva Militz der Start der Kampagne auf Kreisebene, weil er mit dem Ausbruch der Corona–Pandemie zusammenfiel: „Wir mussten Jugendforen einrichten, die sich aber nicht real treffen konnten. Daher haben wir den Kreisjugendring als Koordinierungspartner ins Boot geholt“, berichtete Militz. Doch im April dieses Jahres konnte ein Jugendforum mit mehr als 70 Aktiven abgehalten werden. So sei ein gutes Netzwerk entstanden für die weitere Demokratiearbeit.

Aber auch das Treffen im Baienfurter Hoftheater in ungezwungener Atmosphäre bei Häppchen, kalten Getränken Musik und Kabarett diente den Zweck, dass die Aktiven aus unterschiedlichsten Bereichen miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen und Ideen austauschen.