Bauhofquartier
Topp: „2010 war unser absolutes Rekordjahr“Zur Person
Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Schwäbische.de
Jahrelang hat das denkmalgeschützte Alter Theater im Waldseer Spitalhof als Bauhofquartier herhalten müssen. Bis es die Kurstadt in ein städtebauliches Juwel verwandelte und am 28. Februar 1986 als eine der modernsten Stadtbüchereien der Region feierlich eröffnete. 25 Jahre sind inzwischen ins Land gegangen und die Ausleihzahlen haben 2010 eine neue Rekordmarke erreicht. SZ-Redakteurin Sabine Ziegler unterhielt sich zum Jubiläum mit Leiter Karl Birkle und mit seiner Kollegin Doris Hartley .
SZ : Herr Birkle, heute auf den Tag genau ist die Stadtbücherei 25 Jahre alt und Sie leiten das Haus ebenso lang. Knallen da die Sektkorken?
Birkle: Nein, die knallen heute nicht. Wir gehen aber heute Abend mit dem ganzen Team zum Abendessen ins “Kreuz” nach Mattenhaus, um das Ereignis etwas zu feiern. Letzte Woche hat sogar eine Leserin an das Jubiläum gedacht und uns Blumen geschenkt, das fanden wir richtig nett.
SZ: Frau Hartley, die Bücherei ist keine bloße Ausleihanstalt, sondern beliebter Treffpunkt für Kinder wie Erwachsene. Wie viele Besucher zählen Sie pro Jahr eigentlich?
Hartley: Pro Woche sind es an die 2000, macht mehr als 100 000 im Jahr. In den ersten 25 Jahren waren es rund zwei Millionen Besucher, die natürlich auch ihre Spuren am Gebäude und der Einrichtung hinterlassen haben.
SZ: Wie viele Bücher und CDs haben Sie 1986 entliehen und wie viele waren es 2010?
Birkle: Im ersten Jahr waren das 67 000 und 2010 war unser absolutes Rekordjahr mit 129 000, das ist das Doppelte! Daran sieht man, dass das Haus noch immer aktuell ist, gerne genutzt wird und die Zahlen klettern kontinuierlich nach oben. Gewackelt haben die nur Anfang der 90er Jahre, als beim Etat gespart wurde und das hat sich schnell in den Ausleihzahlen bemerkbar gemacht, weil die Attraktivität litt.
SZ: Ohne Internet können wir uns heute den Alltag nicht mehr vorstellen. Und trotzdem sind Bücher gefragter denn je. Erklären Sie uns bitte dieses Phänomen?
Hartley: Bücher sind eben noch immer eine gute Möglichkeit, schnell an fundierte Informationen zu kommen. Vielleicht sind die Inhalte nicht immer so aktuell wie im Internet, aber dieses hat ebenfalls seine Tücken wie wir wissen. Bücher sind manchmal halt doch verlässlicher – sofern es sich nicht gerade um eine Doktorarbeit handelt…
SZ: Hat die Nachfrage nach elektronischen Medien in der Bücherei zugenommen und wie haben Sie auf die zunehmende Bedeutung des Internets reagiert?
Birkle: Es ist bei uns sehr bedeutend, zumal wir in Bad Waldsee inzwischen der einzige, öffentlich zugängliche Ort sind mit drei Internetplätzen. Die werden sehr gut frequentiert, Schüler suchen im Netz nach Material, Erwachsene und Jugendliche schreiben ihre Bewerbungen und bauen dabei manchmal auf unsere Unterstützung, wenn es klemmt.
SZ: Auch wenn die Bücherei sehr gut frequentiert ist, wurde auch sie vom städtischen Sparkurs nicht ausgenommen. Schmerzt Sie das?
Birkle: Eigentlich haben wir Glück gehabt, weil unsere Mittel nicht gekürzt wurden. Lediglich die Jahresgebühr für Erwachsene wird heute von zehn auf 15 Euro angehoben und das ist das erste Mal seit Einführung der Gebühren. Ich denke, das ist vertretbar und wird von unseren Besuchern auch akzeptiert.
SZ: Der Personaletat wurde in einem Vierteljahrhundert aber nur wenig angehoben, obwohl die Ausleihzahlen nach oben gehen?
Birkle: Angefangen haben wir mit rechnerisch 2,5 Stellen, jetzt sind es 2,7. Ich selbst bin zu 50 Prozent für die Stadtbücherei zuständig und zu 40 Prozent für die Volkshochschule . Die andere Hälfte meiner Büchereistelle füllt Brigitte Scheller hervorragend aus und meine Kollegin Doris Hartley macht hier Vollzeit. Dazu kommen mit Monika Akermann, Karin Christ, Mirijam Hedrich und Christine Hermanutz noch vier Teilzeitkräfte.
SZ: Wie hoch ist denn Ihr Etat für Bücherkäufe?
Birkle: Für 2011 sind das 30 Topp:000 Euro und damit können wir auch Bestseller kaufen und können uns wirklich nicht beklagen.
SZ: Kann die Einrichtung in Zeiten wie diesen auf ein Geburtstagsgeschenk aus dem Rathaus hoffen?
Birkle: Ja, auch dies. Im städtischen Haushalt, der heute Abend verabschiedet werden soll, sind für uns in diesem Jahr 40 000 Euro eingestellt und davon soll der Eingangsbereich moderner gestaltet werden mit neuem Mobiliar, neuer Theke und Regalen für eine bessere Präsentation der Medien.
SZ: Geht das Jubiläum ohne Fest über die Bühne oder feiern Sie das Jubiläum noch gebührend?
Birkle: Wir feiern im Herbst, wenn das Foyer umgestaltet ist. Die Planungen sind im Gange und es wird sicher attraktives Programm geben - wir lassen uns überraschen, auf welche Ideen unser Team kommt und die Besucher dürfen sich überraschen lassen.
Karl Birkle (55), von Beruf Diplom-Bibliothekar, ist der Mann der ersten Stunde in Waldsees Stadtbücherei. Eröffnet wurde das Haus am 28. Februar 1986, nachdem die Stadt mit hohem finanziellen Aufwand das jahrelang als Bauhofquartier genutzte denkmalgeschützte Alte Theater im Spitalhof in eine moderne Bibliothek umgebaut hat. Seither ist der vierfache Vater Leiter der Einrichtung - einen Job, den er seit 2001 halbtags erledigt, weil er nach Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub mit der anderen Halbtagsstelle auch die örtliche Volkshochschule leitet.
Doris Hartley (43), zweifache Mutter und gelernte Bibliotheksassistentin, arbeitet ebenfalls seit nahezu 25 Jahren in der Waldseer Stadtbücherei. Zum Team gehören außerdem Brigitte Scheller , Monika Akermann , Karin Christ , Mirijam Hedrich und Christine Hermanutz , was insgesamt 2,7 Stellen entspricht (angefangen hat man 1986 mit 2,5 Stellen). (saz)