Nach Krankenhaus–Aus
OSK gibt Eröffnungstermin des Medizinischen Versorgungszentrums bekannt
Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Wolfgang Heyer
Die Oberschwabenklinik wird ihr Medizinisches Versorgungszentrum, kurz MVZ, bereits im Juli eröffnen. Das ist bei einem Pressegespräch des Landkreises, der OSK und der Stadt Bad Waldsee am Freitagmorgen im Haus am Stadtsee verkündet worden.
Außerdem ist etwas mehr Licht in die komplizierte Nachfolgelösung des ab Oktober geschlossenen Waldseer Krankenhauses gekommen. Die „Schwäbische Zeitung“ fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Die Nachfolgelösung in der Draufsicht
Dass das Waldseer Krankenhaus nicht 1:1 ersetzt wird, ist bekannt. Nun soll ein Primärversorgungszentrum (PVZ) die medizinische Grundversorgung sicherstellen. Da PVZ ein eher sperriger Begriff ist, nennt Waldsees Oberbürgermeister Matthias Henne es lieber lokales Gesundheitszentrum.
In diesem Gesundheitszentrum soll ein MVZ der OSK untergebracht sein, ein hausärztliches MVZ, eine urologische Praxis sowie ein erweitertes ambulantes Versorgungsangebot (EAV). All diese Angebote sollen vorerst im Krankenhaus–Gebäude zu finden sein. Das verbirgt sich hinter den einzelnen Begrifflichkeiten.
Das MVZ der OSK
Dieser Baustein der vielschichtigen Nachfolgelösung ist am weitesten gereift und wird Anfang Juli eröffnet, wie Landrat Harald Sievers verkündete. Bislang war der Starttermin für 1. Oktober, also direkt nach dem letzten Waldseer Krankenhaus–Tag vorgesehen. Nun also die positive Nachricht für die Waldseer: Es geht schon früher los. Allerdings nicht in vollem Umfang. Der Grund: Noch hat die Kassenärztliche Vereinigung die Sonderzulassung für die Innere Medizin nicht erteilt.
Laut OSK–Geschäftsführer Franz Huber wird die Entscheidung Anfang Juli erwartet. Erst dann wird sich weisen, ob zwei Ärztinnen zu jeweils 50 Prozent am Standort Bad Waldsee arbeiten dürfen oder komplett am St.-Elisabethen–Klinikum in Ravensburg bleiben. Bereits vom Zulassungsausschuss genehmigt wurde der chirurgische Sonderbedarf. Und so startet Peter Merz, Facharzt der Chirurgie, am 3. Juli im OSK–MVZ Bad Waldsee. Kleinere Unfälle und Verletzungen können direkt behandelt werden. Zudem könnten bei unklaren Fällen weitere OSK–Fachärzte via Video oder Bilddatei ihre Einschätzung abgeben. Etwaige unnötige Verlegungen sollen dadurch ausgemerzt werden.

Auch die drei Chirurgen Guido Barth, Horst Gehring und Tobias Lüft werden ihre Sprechstunden weiterhin — auch nach der Klinikschließung — in Bad Waldsee anbieten. Darüber hinaus liegt die KV–Zulassung für Doktor Friedmann Reisser vor. „Er wird ambulante Schmerztherapie am Standort anbieten“, erklärte Huber. Und so fiel Sievers Zwischenfazit zum OSK–MVZ zweigeteilt aus:
Harald SieversDas Projekt ist auf einem guten Weg, aber noch nicht in trockenen Tüchern.
Oliver Rentzsch, Ärztlicher Direktor der OSK, fügte noch hinzu, dass es sich um eine etablierte, durchfinanzierte Struktur handelt . „Den Auftrag des Kreistages können wir nachvollziehbar erfüllen. Es entsteht keine Versorgungslücke“, so Rentzsch.
Das lokale Gesundheitszentrum
Im Krankenhaus sollen laut OB Henne selbstständige Arztpraxen unterkommen, die sich gegenseitig austauschen, unterstützen und Synergien nutzen. Sei es beim Empfang, der Verwaltung oder den Gerätschaften. „Es ist ein wesentlicher Akteur zur Sicherung der haus– wie fachärztlichen Gesundheitsversorgung vor Ort“, und fungiert quasi als Dach, wie der kurzen Präsentation beim Pressetermin zu entnehmen war.
Das hausärztliche MVZ
Hierbei wären die Ärzte nicht mehr selbstständig, sondern angestellt. Ziel ist außerdem eine Genossenschaft. Hierzu laufen Gespräche und es hat laut Matthias Felger, Geschäftsführer der Diomedes GmbH, schon positive Rückmeldungen von Hausärzten gegeben. OSK und Landkreis werden sich an der Genossenschaft nicht beteiligen. Die Stadt Bad Waldsee will sich hingegen beteiligen (die Entscheidung liegt aber beim Gemeinderat). Mindestens drei Genossenschaftsmitglieder sind für die Gründung nötig, dabei gehe es aber eher um eine ideelle Unterstützung, wie Felger hervorhob. Das erklärt dann auch den niedrigen Genossenschaftsanteil der Stadt, der mit 1000 bis 2000 Euro beziffert wurde. Mitgliedschaft und Finanzierung würden voneinander getrennt.
Es handle sich um ein gemeinwohlorientieres MVZ, ohne Gewinnausschüttung. Das MVZ finanziere sich über den laufenden Betrieb, so Felger. „Das Konzept liegt vor und wird mit allen Beteiligten diskutiert“, erklärte er den aktuellen Planungsstand. Einen genauen Zeithorizont konnte er nicht benennen. OB Henne ergänzte daher, dass die Genossenschaftspläne noch vor der Sommerpause im Gemeinderat eingebracht werden. Das Stadtoberhaupt stellte zudem klar, dass die Stadt kein „Backup für finanzielle Risiken“ sei und keine Abmangelbeteiligung leiste.
Die erweiterte ambulante Versorgung (EAV)
Hierbei handelt es sich um eine ganz neue, innovative Versorgungsform. Es soll eine kleine Anzahl an Betten zur medizinischen und pflegerischen Versorgung zur Verfügung stehen. „Diese sind nicht für Not– und Unfallversorgung gedacht, sondern für Patienten, die zu krank sind, alleine daheim zu bleiben und pflegerische Betreuung benötigen“, skizzierte OB Henne das Konzept. Das EK in Ravensburg könnte dadurch entlastet werden, weil die leichteren Fälle vor Ort in Bad Waldsee verbleiben können. Ein Beinbruch, der nur gegipst werden muss und keiner Operation bedarf, könnte also in Waldsee behandelt werden. Es wurde aber auch deutlich, dass dieses Konzept kein Ersatz für einen Krankenhausaufenthalt darstellt und sich zudem deutlich von einem Pflegeheim unterscheidet.
Urologische Praxis
Die urologische Praxis von Matthias Pöttich soll einen weiteren Baustein des künftigen PVZ darstellen. Das bedeutet, dass Pöttich weiterhin als Mieter der OSK im Krankenhaus–Gebäude bleiben kann.
Die Waldseer Sicht
Oberbürgermeister Henne pflegt einen optimistischen Blick in die Zukunft. Die Kreistagsentscheidung zur Schließung der örtlichen Klinik ist aus Waldseer Sicht bitter, aber die Stadtverantwortlichen wollen das „Leiden in Leidenschaft und Schaffenskraft“ umwandeln und sich aktiv für die künftige Gesundheitsversorgung vor Ort einbringen. In Anbetracht von prognostizierten etlichen Klinikschließungen in ganz Deutschland in den nächsten Jahren, möchte Bad Waldsee Tempo machen und an der „Speerspitze der Veränderung“ sein, wie Henne es betonte — auch um eine Blaupause für andere betroffene Schließungsstandorte darzustellen. „Es gibt noch viele Hürden, aber wir haben viele Hürdenläufer hier am Tisch sitzen“, nahm Henne OSK, Landkreis und Stadt in die Pflicht.