Bad Waldsee
Der katholische Frauenbund in Bad Waldsee musste aufgelöst werden
Bad Waldsee / Lesedauer: 4 min

Sabine Ziegler
Der Frauenbund Bad Waldsee ist Geschichte: Mit überwältigender Mehrheit haben 29 Mitgliedsfrauen aufgrund von Nachwuchsproblemen die Auflösung des mehr als 100 Jahre alten Zweigvereins im Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) beschlossen. Im Vorfeld dieser außerordentlichen Hauptversammlung am Dienstag war zudem das schriftliche Votum abwesender Mitglieder eingeholt worden. Nachdem monatelange Werbemaßnahmen für die anstehende Nachbesetzung des mehrköpfigen Vorstandes nicht fruchten wollten, sah das bisherige Leitungsteam um Gaby Merk und Veronika Linder keine andere Möglichkeit mehr, als diesen — für sie schmerzhaften — Schritt zu gehen.
Die Auflösung war nicht aufzuhalten
„Mir blutet das Herz, aber ich sehe leider keine andere Möglichkeit, als den Waldseer Frauenbund nach 106 Jahren ehrenamtlichen Engagements, großer Ereignisse und einer Vielzahl an Aktionen und Veranstaltungen für uns Frauen vor Ort aufzulösen“, bekannte die langjährige erste Vorsitzende des Zweigvereines, Merk, bei dieser denkwürdigen Versammlung. Von den 29 anwesenden Frauen der älteren Generation sprachen sich bei der schriftlich durchgeführten Stimmabgabe im Gemeindehaus alle für das Ende des aktuell 76 Mitglieder starken Waldseer Vereines aus.
Um die Beschlussfähigkeit zu garantieren und keine neuerliche Zusammenkunft anberaumen zu müssen, hatte die Vorstandsschaft im Vorfeld auf schriftlichem Weg auch das Votum von Mitgliedern eingeholt, die dieser Versammlung nicht beiwohnen konnten. „Beim Rücklauf von 32 Stimmen waren 28 ebenfalls dafür und nur vier dagegen — damit votieren also insgesamt 57 Mitglieder für die Auflösung und die notwendige Drei–Viertel–Mehrheit ist erreicht“, erläuterte Merk das Vereinsprozedere und blickte in nachdenkliche Gesichter im Raum. Diese außerordentliche Zusammenkunft war notwendig geworden, weil bei der Hauptversammlung am 19. Juli mangels Kandidatinnen kein neuer Vorstand gewählt werden konnte.
Es geht um Mitsprache der Frauen
„Das war jetzt ein schwieriger Schritt für uns alle, zumal ich für mich gesprochen wirklich eine tolle Zeit hatte beim Frauenbund mit vielen Möglichkeiten der Weiterbildung und deshalb appelliere ich an Euch: Bleibt trotz Auflösung des Zweigvereines Bad Waldsee Einzelmitglied im KDFB und besucht weiterhin die interessanten Veranstaltungen in der Region oder auf Diözesanebene, weil es hier um Mitsprache für Frauen geht“, empfahl Merk, die sich seit 20 Jahren in der Frauenbund–Vorstandsarbeit auf mehreren Ebenen ehrenamtlich engagierte.
Auch wenn der Waldseer Frauenbund mit dem genannten Abstimmungsergebnis zum Jahresende 2023 hin Geschichte sein wird, blickte Merk zum Abschluss doch noch einmal darauf zurück, was der Verein in einem guten Jahrhundert „alles an Positivem für uns Frauen erreicht hat“. Und das war nicht nur der auf Bundesebene erfolgreich geführte Kampf des KDFB um die Einführung der Mütterrente, wie aus ihrer Aufzählung hervorging. „Wir waren 2014 das erste Modell in einer Seelsorgeeinheit, wo ein Zweigverein aus zwei Pfarreien — nämlich Reute und Bad Waldsee — gebildet wurde, um zukunftsfähig zu sein“, erinnerte Merk an diesen Meilenstein in der Vereinsgeschichte.
Frauenbund war sogar in den Frauenzeitschrift Emma
Sie betonte weiter, dass der örtliche Frauenbund dank so rühriger Frauen wie Fürstin Adelheid von Waldburg–Wolfegg–Waldsee, Maria Gut und weiteren Waldseerinnen auch auf Bundesebene Präsenz zeigen konnte und damit immer gut vernetzt gewesen sei. Man habe viele lokale Veranstaltungen organisiert zu gesellschaftsrelevanten Themen, habe namhafte Theologen zu Gast gehabt, habe bis zur Pandemie auch feste Angebote gemacht wie das beliebte monatliche Kaffeekränzchen, das Kräuterbüschelbinden neu belebt und kirchliche Ereignisse sowie „legendäre Fasnetsbälle“ gefeiert, so Merk dazu.
Der Blick des Frauenvereines habe sich dabei stets auf die Zukunft der Frau in der Kirche gerichtet. „So konnten wir 2016 zum ersten Mal den Tag der Diakonin in Reute feiern und der Frauenbund kam damit sogar in die Frauenzeitschrift Emma“, erinnerte Merk an diese überraschende Erwähnung eines katholischen Vereines in einem feministischen Magazin. Nicht ohne Stolz könne man deshalb zum Abschluss sagen, dass Waldsees Frauenbundfrauen auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens und der Kirche Einfluss genommen und damit einiges bewirkt hätten, ist die letzte Vorsitzende des nun endgültig in Auflösung begriffenen Zweigvereines überzeugt.
Zur Geschichte des Vereins
Der KDFB wurde 1903 von mutigen katholischen Frauen in Köln gegründet, um Frauen am gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Leben zu partizipieren und ihre Lebensumstände unter anderem durch Bildung zu verbessern. Heute engagieren sich nach Angaben des KDFB bundesweit rund 145.000 Mitgliedsfrauen in 1500 Zweigvereinen. Der Waldseer Zweigverein war seit seiner Gründung am 20. Mai 1917 durch Fürstin Sidonia von Waldburg–Wolfegg–Waldsee einer davon und zählte über Jahrzehnte hinweg mehr als 200 Mitglieder.