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Südbahn

Neuer Bahnhof sorgt für Planungschaos

Aulendorf / Lesedauer: 4 min

Mit der Elektrifizierung der Südbahn bekommt der Knotenbahnhof Aulendorf künftig noch mehr Bedeutung für die Region. Dafür sorgt zusätzlich der neu geplante Regio...
Veröffentlicht:04.07.2017, 19:01

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Mit der Elektrifizierung der Südbahn bekommt der Knotenbahnhof Aulendorf künftig noch mehr Bedeutung für die Region. In der Gemeinderatssitzung am Montagabend haben Verkehrsplaner nochmal die Details erläutert und bekannt gegeben, dass der Spatenstich im Frühjahr in Niederbiegen bei Baienfurt stattfinden wird, da dort ein zentrales Umspannwerk gebaut wird. Auch der neu geplante Regionalbahnhof bei Merklingen (Alb-Donau-Kreis) an der künftigen ICE-Strecke zwischen Stuttgart und Ulm und dessen Auswirkungen auf die Verbindungen der Südbahn waren Thema.

Innerhalb von 45 Minuten sollen Fahrgäste nach Fertigstellung der Südbahn und der Schnellbahntrasse Stuttgart-Ulm künftig in der Landeshauptstadt sein können. Alle halbe Stunde fährt von den großen Südbahn-Haltepunkten aus (Aulendorf, Biberach, Laupheim, Ulm, Ravensburg, Meckenbeuren und Friedrichshafen) ein Zug Richtung Stuttgart los, jeweils abwechselnd über die neue Schnelltrasse oder die alte Strecke über die Geislinger Steige.

Aulendorf profitiert besonders

„Auch internationale Verbindungen wie nach Bludenz oder Bregenz werden verbessert. Zudem hat die Südbahn eine sehr gute Einbindung in die Bodensee-Gürtelbahn“, erläuterte Malte Gruner vom Interessenverband Südbahn. Der Nutzen aus dem 220-Millionen-Euro-Projekt, das in der Region seit Jahrzehnten gefordert wird, ist im Vergleich zu den Kosten laut Gruner 2,7-mal so hoch.

Und davon profitiert besonders auch Aulendorf mit seinem wichtigen Knotenbahnhof: „Alle Züge auf der Südbahn halten in Aulendorf“, sagte der Tübinger Nahverkehrsberater Ulrich Grosse (er erstellt Machbarkeitsstudien für den Interessenverband Südbahn) und erntete für diese Aussage ein freudiges Tischeklopfen der Stadteräte. „In Aulendorf gibt es täglich viele Tausende Fahrgäste. Ob aus Bad Waldsee, Sigmaringen, Leutkirch oder Wangen – alle fahren über Aulendorf“, so Grosse.

Fünf Minuten müssen es sein

Neue Verbindungen, bessere Anbindungen, ein schlüssiges Fahrplankonzept – durch das 43-Millionen-Euro-Projekt in Merklingen muss nun das gesamte Fahrplankonzept nochmal überprüft werden. Denn der Halt am dort entstehenden Regionalbahnhof auf der Schnellbautrasse Stuttgart-Ulm kostet eineinhalb Minuten. Für den Umstieg in Aulendorf auf die Allgäubahn wurden fünf Minuten veranschlagt, die sich durch den Merklinger-Halt aber vorübergehend auf 3,5 Minuten verkürzt hatten. „Wer mit der Südbahn von Ulm kommt und in Aulendorf auf die Allgäubahn umsteigen will, braucht diese fünf Minuten“, erläutert Wilfried Franke, Geschäftsführer des Interessenverbands Südbahn auf SZ-Nachfrage.

Zudem gab es durch die Verzögerung des Halts in Merklingen Unklarheiten darüber, ob im Anschluss alle Haltepunkte der Bodensee-Gürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Lindau wie geplant bedient werden können. Laut Franke gibt es aber mittlerweile ein Schreiben des Verkehrsministeriums des Landes, in dem zugesichert wird, dass für alle „negativen Auswirkungen“ des Merklingen-Halts Lösungen gefunden worden seien. „Laut Ministerium sind es wieder fünf Minuten Umstiegszeit in Aulendorf für die Allgäubahn. Wir haben schon einen Termin vereinbart, denn ich will ganz präzise wissen, woher diese eineinhalb Minuten denn plötzlich wieder herkommen“, so Franke.

Weiteres Thema in der Sitzung des Gemeinderats war der Regionalbahnverkehr, der in Aulendorf gebrochen wird und nicht durchfährt. So wird der langsame Regionalbahnverkehr in einen südlichen und nördlichen Bereich unterteilt. Wer also beispielsweise von Ummendorf (Norden) nach Mochenwangen (Süden) fahren will, muss in Aulendorf umsteigen – das ist auch heute schon so. Grund: Es gibt zu wenig Pendler, die über Aulendorf hinausfahren, egal, ob aus südlicher oder nördlicher Richtung.

Grosse und Gruber erläuterten dem Aulendorfer Gemeinderat, dass es auf der Südbahn insgesamt 40.000 Ein- und Aussteiger gebe. Die Regionalbahn auf der Strecke soll mit ihren Halten (Ulm-Donautal, Erbach, Laupheim-Stadt, Schemmerberg, Warthausen, Biberach-Nord, Biberach-Süd, Ummendorf, Mochenwangen, Niederbiegen, Weingarten-Berg, Weißenau, Oberzell, Kehlen, FN-Flughafen und FN-Löwental) die kleinen Zwischenorte bedienen.

Weiterer Bahnsteig zu teuer

Für eine durchgängige Regionalbahn wäre in Aulendorf ein zusätzlicher Bahnsteig notwendig geworden – weil sie in Aulendorf vom IRE überholt werden müsste und in der Gegenrichtung bereits zeitgleich eine Überholung stattfindet. Die Kosten in Höhe von zehn Millionen Euro in Relation zu den „wenigen Fahrgästen, die beispielsweise von Schussenried nach Weingarten“ fahren, würden einen neuen Bahnsteig nicht rechtfertigen, erläuterten Grosse und Gruber.

Besonders die Zeitverzögerung durch den Merklingen-Halt bereitete dem Gemeinderat Sorgen. Hans-Peter Reck (CDU) kritisierte den eng gestrickten Fahrplan. Grosse betonte, es gebe Zusicherung des Ministeriums, dass alle Anschlüsse funktionieren. „Wir achten da sehr darauf.“ Die Taktungen seien zwar alle sehr ausgereizt, aber „auf dem Papier funktioniert es“. Pascal Friedrich (SPD) sagte: „Merklingen wird zum Risiko für das ganze zentrale Oberschwaben.“ Er fragte nach prognostizierten Ein- und Ausstiegszahlen für Merklingen. Laut Gruber würden 50 000 Menschen vom neuen Regionalbahnhof profitieren. Prognosen gehen von 1300 Fahrgästen ab 2021 aus.