StartseiteRegionalRegion LindauLindauWenn alles schnieft und rotzt: Ist es Grippe oder Covid?

Erkältungssaison

Wenn alles schnieft und rotzt: Ist es Grippe oder Covid?

Lindau / Lesedauer: 4 min

Halskratzen, Husten, Niesen: Auch auf Lindau rollt eine Infektwelle zu. Ist es nun wieder Corona? Oder eher Influenza? Und wie wichtig sind in diesem Herbst Impfungen?
Veröffentlicht:20.11.2023, 19:00

Von:
  • Evi Eck-Gedler
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Firmen, Schulen, Arztpraxen merken es: Die erste größere Infektwelle hat die Region Lindau erreicht. Fast überall gibt es Krankheitsfälle oder zumindest Schniefnasen und hustende Zeitgenossen. Warum es allerdings schwierig ist festzustellen, ob nun erneut Corona die Menschen erfasst oder die echte Grippe, die Influenza auf dem Vormarsch ist.

Laut Statistik des Lindauer Gesundheitsamtes ist seit Ende September zwischen Bodensee und Westallgäu offiziell nur bei zwei Patienten eine echte Grippe festgestellt worden. Dafür haben sich gut 150 Menschen im Kreis Lindau mit dem Corona-Virus angesteckt.

Das ist immerhin nur ein Bruchteil dessen, was vor einem Jahr an Covid-Fällen bekannt geworden war. Doch diese Zahl hat eine Kehrseite: „Man muss von einer Dunkelziffer ausgehen“, sagt Sibylle Ehreiser, die Pressesprecherin des Lindauer Landratsamtes. Und die dürfte ziemlich groß sein.

Ärztliche Schnelltests nur auf eigene Kosten

Denn die Krankenkassen zahlen keine Schnelltests mehr. Wer ‐ ob selbst als Patient oder mit einem kranken Kind ‐ wissen will, mit was man sich nun angesteckt hat, der muss dafür in die eigene Tasche greifen. „Igel“-Leistung nennt sich das.

„Besorgte Familien mit einem schwer erkälteten Kind sind dazu meist bereit“, berichtet der Mediziner Harald Tegtmeyer-Metzdorf, der zudem stellvertretender Vorsitzender des Lindauer Ärzte-Zusammenschlusses Agil ist.

Doch es gebe eben auch Menschen, die das Geld dafür nicht haben, warnt er. Der Mediziner geht von einer sehr hohen Dunkelziffer im Kreis Lindau aus. Was eben die offiziellen Zahlen des Gesundheitsamtes in Frage stellt.

Covid-Virus wieder Thema für Kliniken

Dennoch ist Corona beispielsweise für die Kliniken in der Region wieder ein ernstes Thema. So hatte das Lindauer Krankenhaus im Oktober an nur einem Wochenende acht Patienten, die positiv auf Covid getestet worden waren. In der baden-württembergischen Nachbarschaft sind in Kliniken zum Teil sogar alte Corona-Schutzvorschriften wiederbelebt worden.

Infektmäßig ist aktuell schon viel los.

Rainer Wölfle

In den Arztpraxen in Lindau und Umgebung sind die Wartezimmer derzeit häufig mit Patienten mit heftigen Erkältungssymptomen gefüllt. „Infektmäßig ist aktuell schon viel los“, sagt etwa der Lindauer Arzt Rainer Wölfe. Einige Patienten würden dann auch einen Test wünschen, trotz Selbstzahl-Vorschrift.

Impfen gegen Corona kaum gefragt

Was der Arzt aber auch beobachtet: Nach einer erneuten Impfung gegen das Corona-Virus fragen nur wenige. In den Augen von Klaus Adams nicht nachvollziehbar. Der frühere Kinderarzt hat als Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Lindau Kontakt zu vielen aktiven Kollegen. Er selbst hat gerade seine fünfte Impfung gegen Corona erhalten.

Klaus Adams. (Foto: Christian Flemming)

Natürlich verhindere diese Impfung die Ansteckung nicht. Das geben sowohl Adams wie auch Tegtmeyer-Metzdorf unumwunden zu: Beide Mediziner haben sich nach eigenen Worten trotz mehrfacher Impfungen bereits selbst mit dem Covid-Virus infiziert. „Aber die Krankheit verläuft dann milder“, so Adams Erfahrung.

Gefahren der Influenza nicht unterschätzen

Was er ebenfalls für sehr wichtig hält: eine Impfung gegen die echte Grippe, die Influenza. Für ihn als über 60-Jährigen bestehe eben ein erhöhtes Risiko, sich mit dem Grippe-Virus anzustecken. Rechtzeitig geimpft, würde sich die Influenza dann nur wie eine stärkere Erkältung anfühlen, sagt Adams. Ansonsten drohen schwere Komplikationen, etwa eine Lungenentzündung.

Vor allem für Menschen mit Atemwegs-Erkrankungen wie Asthma ist das sehr wichtig.

Harald Tegtmeyer-Metzdorf

Das scheint auch den Menschen in Lindau und Umgebung bewusst zu sein: Mediziner Wölfle erlebt in seiner Praxis „ein deutlich größeres Interesse an einer Grippe-Impfung als noch in den vergangenen Jahren“.

Der Lindauer Kinderarzt Harald Tegtmeyer-Metzdorf. (Foto: Christian Flemming)

„Vor allem für Menschen mit Atemwegs-Erkrankungen wie Asthma ist das sehr wichtig“, betont Tegtmeyer-Metzdorf. Und das unabhängig vom Alter. Sogar Schwangere sollten darüber nachdenken, empfiehlt der Agil-Vertreter: Nach seinen Worten ist die Impfung für sie verträglich, die echte Grippe gefährde hingegen das Ungeborene.

Impfen dringend empfohlen

Die Lindauer Mediziner gehen davon aus, dass die Infektwelle im Kreis Lindau in nächster Zeit noch stärker wird. Im vergangenen Winter sei wegen der vielen Schutzmaßnahmen wie Masken und eingeschränkten Kontakten die Grippewelle im Lindauer Raum zwar ausgeblieben.

Doch als Folge der Pandemiezeit sei nun das Immunsystem vieler Menschen nicht mehr so abwehrfähig ‐ und damit die Ansteckungsgefahr größer. Deshalb appellieren Klaus Adams und Harald Tegtmeyer-Metzdorf dringend an die Menschen in der Region, sich so bald wie möglich ausreichend impfen zu lassen.