Ambulanz
Adnan Wahhoud aus Lindau ist wieder zurück aus Syrien
Lindau / Lesedauer: 4 min

„Die Menschen dort sind sehr kriegsmüde. Sie wollen endlich Frieden.“ Leise, aber betont formuliert Adnan Wahhoud diese Sätze. Der Lindauer mit syrischen Wurzeln ist vor wenigen Tagen von seiner jüngsten Syrien-Reise zurückgekehrt. Eigentlich will er Positives berichten: von der Arbeit in den Ambulanzen, von der Waisenhilfe, von der reparierten Wasserversorgung in Jabal Wastani, und dass endlich der vor über zwei Monaten versandte Hilfscontainer in Syrien angekommen ist. Doch der letzte Tag dieser Reise hat Spuren hinterlassen. Denn erneut hat Wahhoud Luftangriffe miterlebt.
Es sei durchaus eine erfolgreiche Reise dieses Mal gewesen. Der Lindauer hat jetzt von türkischer Seite einen Ausweis erhalten, der ihn als humanitären Helfer für Syrien ausweist und ihm bis Ende nächsten Jahres ein unkompliziertes Passieren der türkisch-syrischen Grenze erlauben soll. Aufgeatmet habe er, weil endlich der schon im März auf die Reise geschickte Container mit gespendeten Medikamenten im Wert von fast einer halben Million Euro in Syrien angekommen ist: Organisiert hatten den Transport das Syrian Humanitary Forum und die Kriegskindernothilfe Roth, über die auch die Spenden für Wahhouds Lindauhilfe für Syrien laufen.
Der Container hatte 70 Tage lang in zwei türkischen Häfen festgelegen. „Wir haben das Außenministerium eingeschaltet und unseren Entwicklungsminister Gerd Müller“, schildert der Lindauer. Über die diplomatische Schiene habe man schließlich den Container in Richtung Syrien bewegen können, auch wenn das die Helfer noch mal einige Tausend Euro gekostet habe.
Doch der Inhalt sei wichtig für die medizinische Versorgung im Nordwesten Syriens, betont Wahhoud. Auch die insgesamt sieben Medical Points, die der Lindauer in den Provinzen Aleppo und Idlib aufgebaut hat, erhalten daraus eine größere Menge an Arzneimittel. „Das sind vielfach besondere Medikamente, die ich in Syrien nicht kaufen kann, weil sie dort nicht hergestellt werden“, berichtet Wahhoud, etwa bei Blutdruckproblemen oder Diabetes.
Medikamente werden immer teurer
Daneben hat der Deutsch-Syrer wieder eine Vielzahl weiterer Medikamente in seinem Geburtsland eingekauft und die Apotheken in den Ambulanzen aufgefüllt. 13 000 US-Dollar hat er dieses Mal bezahlen müssen. Selten zuvor hat Wahhoud dafür so viel Spendengelder ausgeben müssen. Zum einen würden Arzneimittel in Syrien immer teurer. Aber auch die steigende Zahl an Patienten wirkt sich aus: Viele Syrer aus Damaskus und der Region Homs seien vor Krieg und Bombenangriffen nach Norden geflüchtet, würden jetzt in den Medical Points Hilfe suchen.
Hilfe haben bei Wahhoud auch einige Syrer aus Jabal Wastani gesucht: Dort, in der Nähe einer seiner Ambulanzen, war vor einem Monat die Wasserversorgung zusammengebrochen. Altersbedingt und durch die schlechte Dieselqualität habe der für die Stromversorgung notwendige Hauptmotor seinen Geist aufgegeben. Ohne Strom könne aber nicht das Wasser aus den vier rund 370 Meter tief liegenden Quellen hoch gepumpt werden, berichtet Wahhoud. Deren Wasser versorge immerhin fast 45 000 Menschen in den umliegenden 17 Dörfern.
Der Lindauer sprach Bekannte in Stuttgart an – und die vermittelten ihm den Kontakt zum Verein „Wüstenkind“: „Dieser Verein hat die 9000 Dollar Reparaturkosten für das Pumpwerk völlig unkompliziert übernommen“, freut sich Wahhoud. Der Lindauer hat es sich nicht nehmen lassen, während seiner Reise nach der erfolgreichen Reparatur dort selbst ein Glas Wasser zu trinken.
Spenden helfen fast 300 Waisenkindern
Zeit zum Durchatmen hat Adnan Wahhoud vor allem, wenn er sich um die inzwischen fast 300 Waisenkinder kümmert, die er ebenfalls mit Spenden aus Lindau unterstützt – etwa mit jenen 1000 Euro, die ihm eine Rentnerin kurz vor der Reise aus ihrer Spardose gegeben hat, um damit speziell syrischen Kindern zu helfen.
Um so betroffener macht es Wahhoud, wenn er wieder und wieder Luftangriffe sehen muss: Er hat am letzten Tag in Syrien Militärflugzeuge mit den Rauchfahnen ihrer abgeworfenen Raketen aufgenommen. Und während seiner Rückreise nach Lindau erfahren, dass am vergangenen Wochenende in der Nähe von Jamal Wastani 50 Menschen bei einem Angriff auf ein Dorf gestorben sind. „Die Menschen dort wollen endlich Frieden. Sie wollen ihr Land wieder aufbauen.“ Adnan Wahhoud gibt ihnen mit seinen Ambulanzen dabei wertvolle Hilfe. Und hofft bei jedem Angriff, von dem er hört, dass es keinen seiner Medical Points trifft.