Eichwald
Umstrittene Pläne: Bürgerbeteiligung für Gelände hinter der Therme startet
Lindau / Lesedauer: 7 min

Julia Baumann
Ein Jahr ist es her, dass die Bebauung des Geländes hinter der Therme öffentlich im Bauausschuss behandelt wurde. Nun will Thermen-Betreiber Andreas Schauer bald mit einer Bürgerbeteiligung starten. Was in der Zwischenzeit passiert ist und wie es jetzt weitergeht.
Wie wurde das Thema öffentlich bekannt?
Öffentlich wurde die Idee für die Entwicklung des Geländes schon vor mehr als zwei Jahren, weil die Lindauer Zeitung darüber berichtet hatte. Im Gespräch damals bestätigten sowohl Thermen-Betreiber Andreas Schauer als auch Bauamtsleiter Kay Koschka, dass es für die Bebauung bereits eine Voranfrage gebe.
Rund ein Jahr später, im September 2022, wurde ein Nutzungskonzept, das Schauer für das 80.000 Quadratmeter große Grundstück erstellt hatte, dann im Bauausschuss diskutiert. Es sah neben Parkmöglichkeiten auch eine neue Eishalle, eine Kletterhalle, ein Sporthotel und eine Art Mehrzweckhalle mit Kino und Bowling vor.
Für Wohnungen war eine Baugeschossfläche von 27.000 Quadratmetern eingerechnet. Denkbar wären dort laut Stadtverwaltung rund 200 Wohnungen.
Auch für die Schrebergärten, die sich auf dem Gelände befinden, waren im damaligen Konzept Platz vorgesehen: Für die gut 80 Gärten waren 10.000 Quadratmeter Fläche eingerechnet.
Sollten die Eissportler umziehen, dann könnte sich Schauer auf dem Grundstück der jetzigen Eishalle zudem ein Boutique-Hotel vorstellen.
Haben sich die Pläne im vergangenen Jahr verändert?
Er habe die „Meinungen“ aus dem Bauausschuss aufgegriffen, schreibt Thermen-Betreiber Andreas Schauer auf Nachfrage. „Die Bestandteile des alten Konzepts zum Beispiel für Veranstaltungen wurde kritisch gesehen“, so Schauer. „Daher fand dies zum Beispiel keine Berücksichtigung mehr.“ Sprich: Eine Mehrzweckhalle mit Kino und Bowling soll es offenbar nicht mehr geben.
Zudem habe Schauer verschiedene Testentwürfe erarbeiten lassen, „die aufzeigen sollen, was auf den Flächen städtebaulich möglich ist“, schreibt Bettina Wind, Sprecherin der Stadt, auf Nachfrage. Stadtrat und Verwaltung haben sich diese Entwürfe bereits angesehen. „Die Entwürfe zeigen, dass die Flächen eine Verknüpfung zwischen der Bestandsbebauung und neuen Entwicklungen zulassen und dass es möglich ist, die Kleingärten in etwas höherer Anzahl in das Konzept zu integrieren und im Rahmen einer Freiraumplanung im Gebiet unterzubringen.“
Wann das Thema zum nächsten Mal in einem Ausschuss oder Stadtrat beraten wird, sei noch nicht absehbar, so Wind. Denn beim Bauamt wurden noch keine Pläne eingereicht. „Nach unserem Verständnis möchte Herr Schauer seine Pläne zunächst den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern vorstellen, damit er eventuell dort eingehende Vorschläge noch aufgreifen kann, bevor ein Bebauungsplan-Verfahren angestoßen werden soll.“
Wie soll die geplante Bürgerbeteiligung aussehen?
„Zunächst findet an circa acht Abenden zu verschiedenen Blöcken eine Bürgerbeteiligung statt“, schreibt Andreas Schauer auf Nachfrage. Die genauen Termine werde er noch nachreichen. Aus den „Erkenntnissen dieser Abende“ werde dann ein „neues, entsprechendes Konzept“ erstellt. „Dieses Konzept ist dann die Grundlage für einen städtebaulichen Wettbewerb“, so Schauer. „Über den Wettbewerb entscheidet dann ein entsprechendes Preisgericht.“
Als erstes werde es in dieser Woche ein Gespräch mit der Bahn Landwirtschaft und den Kleingärtnern geben, „um eine gemeinsame, gedeihliche und einvernehmliche Lösung für die Kleingärten zu finden“. „Im Konzept sind alle Kleingärten integriert“, versichert Schauer. Noch besprochen werden müssten Lage, Größe und Parkkonzept.
Mit dem Kauf der 80.000 Quadratmeter großen Fläche vor einigen Jahren hatte Schauer einen Generalpachtvertrag mit der Bahn Landwirtschaft übernommen, die wiederum die Parzellen an die Schrebergärtner untervermietet.
„Wenn eine Entwicklung der Flächen Therme Nord erfolgt, muss ein breiter Konsens darüber bestehen“, schreibt Stadt-Sprecherin Wind. Voraussetzung dafür sei, dass die „berechtigten Interessen“ Schauers und die der Lindauerinnen und Lindauer „herausgearbeitet und miteinander in Einklang gebracht werden“.
Was sagen die Kleingärtner?
Bereits 2021 hat sich eine Initiative mit dem Namen „Initiative zum Erhalt der Kleingärten in Lindau“ gegründet. Ansprechpartner der Initiative sind Holger Bruckmann, Bunte-Liste-Stadtrat Max Strauß und Marco Braatz. Dieser versichert, dass die Initiative für alle Kleingärtner auf dem Gelände hinter der Therme spreche.
„Wir fordern den Erhalt unserer Gärten, so, wie sie sind“, sagt Braatz im Gespräch mit der LZ. Auf der Einladung, die Andreas Schauer den Gärtnern gegeben habe, stehe, dass „alle vorhandenen Kleingärten vollumfänglich“ in die Pläne integriert würden. „Für uns bedeutet das: in voller Anzahl, vollem Umfang der Fläche und mit allen Lebensräumen“, so Braatz.
Dann würden die 10.000 Quadratmeter aus dem ursprünglichen Nutzungskonzept für die rund 80 Gärten allerdings nicht ausreichen. Denn die Schrebergärten sind jetzt zum Teil mehrere hundert Quadratmeter groß.
Um die Gärten herum könne das Gelände seiner Ansicht nach entwickelt werden, so Braatz weiter. „Aber die Gärten sollen bleiben“, sagt er. „Diese Zusicherung wurde vor dem Bürgerentscheid an alle Lindauer Bürger gegeben.“
Um welche Zusicherung an die Gärtner geht es?
Vor dem Bürgerentscheid zur Therme hieß es vonseiten der Verwaltung stets, die Kleingärtner auf dem Gelände hinter der Therme hätten nichts zu befürchten.
Da gibt es zum einen eine Aussage, mit der der damalige Pressesprecher der Stadt, Jürgen Widmer, in der LZ zitiert wurde. Man werde die Kleingärten dort nicht „zubetonieren“, sagte dieser im Juli 2016, als die Verträge für die Therme unterschrieben wurden.

Wie geht es weiter am Eichwald?
Die Pläne für das Gelände hinter der Therme sind umstritten. Nun soll eine Bürgerbeteiligung starten. Alle Hintergründe, Berichte und Grafiken finden Sie HIER.
Auch im Faktencheck der Stadt zum Bürgerentscheid Therme taucht die Frage auf, was mit den Kleingärten passiert. „Im neuen Flächennutzungsplan werden die Kleingärten erstmals entsprechend ihrer tatsächlichen Nutzung als Grünfläche mit der Zweckbestimmung ,Dauerkleingartenanlage’ dargestellt“, schrieb die Stadt damals.
„Die Stadt hat auch heute noch großes Interesse daran, dass auch im Falle einer städtebaulichen Entwicklung der Flächen nördlich der Therme weiterhin die Kleingartennutzung im Gebiet ermöglicht wird“, schreibt Bettina Wind, Sprecherin der Stadt, heute.
Was hat es mit der Absichtserklärung an Andreas Schauer auf sich?
Bei seinen Plänen für die Bebauung des Geländes hinter der Therme bezieht sich Andreas Schauer unter anderem auf eine Absichtserklärung des Stadtrats. In dieser sei ihm zugesagt worden, dass er das Gelände langfristig entwickeln könne.
„Die Absichtserklärung wurde dem Stadtrat 2017 in einer nicht-öffentlichen Sitzung vorgelegt und beschlossen“, schreibt Stadtsprecherin Wind auf Nachfrage der LZ. Die Erklärung sei unverbindlich und besage, dass man sich mit einer möglichen Neuordnung der Flächen befasse. „Darüber hinaus sind unseres Wissens nach keine Zusagen oder Versprechen dokumentiert.“
Wie wahrscheinlich ist ein Bürgerentscheid?
Im Gespräch mit der LZ vor einem Jahr sagte Oberbürgermeisterin Claudia Alfons, sie könne sich vorstellen, dass bei der Entwicklung der Fläche hinter der Therme ein Bürgerentscheid im Vorfeld sinnvoll sei.
Und das ist offenbar immer noch der Fall, zumindest unter bestimmten Bedingungen. „Soweit bei der Entwicklung dieser Flächen auch die Frage zu beantworten ist, ob dort eine neue Eissportarena von der Stadt (mit)finanziert werden soll, kann sich Frau Alfons vorstellen, vorab die Lindauerinnen und Lindauer zu befragen, ob sie wollen, dass die Stadt dafür in Zeiten knapper Kassen Geld ausgibt“, schreibt Sprecherin Bettina Wind heute.
Wo soll die Wiederaufforstung stattfinden?
Da er auf dem Gelände ein weit größeres Areal als genehmigt gerodet hat, stehen von Thermenbetreiber Andreas Schauer noch Ersatzpflanzungen aus.
Während ein Teil dieser Ersatzpflanzungen „ortsnah“ auf einem anderen Grundstück erfolgen kann, muss sich eine 13.600 Quadratmeter große Fläche, die im Osten des Geländes gerodet wurde, an Ort und Stelle „natürlich wiederbewalden“, so das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
„Im Konzept sind Flächen enthalten“, versichert Andreas Schauer auf Nachfrage. Die Behörden stimmten sich derzeit über die Maßnahme ab.