Medizin
Stirbt die Gesundheitsvorsorge auf dem Land?
Kreis Lindau / Lesedauer: 3 min

Lindauer Zeitung
Stirbt die Gesundheitsvorsorge auf dem Land? Das war das Thema der Diskussionsrunde, zu der die SPD Lindau/Westallgäu und der SPD Unterbezirk Allgäu-Bodensee nach Lindenberg eingeladen hatten. Dabei bekamen sie sogar länderübergreifende Unterstützung.
Moderiert von der Bezirkstagskandidatin Vera Huschka führten die SPD-Bundestagsabgeordente Heike Engelhardt aus dem Landkreis Ravensburg, SPD-Landtagskandidat Markus Kubatschka und Kinderärztin Rose Eitel-Schmid eine rege Diskussion mit dem Publikum.
Heike Engelhardt ist als Abgesandte ihrer Fraktion Mitglied des Europarates und als Wahlbeobachterin international tätig. Gesundheit, sagte sie, sei ein Menschenrecht, und für die Verwirklichung dieses Menschenrechtes brauche es das Engagement sowohl von Seiten der Klinikträger als auch von der Politik. Missmanagement hinter Politik verstecken zu wollen, sei kein guter Weg.
Gesundheitsregionen sollten nicht an Landesgrenzen enden
Von der Politik wünscht sich Heike Engelhardt, dass sie die Zugangsvoraussetzungen für das Medizinstudium ändert. Spitzennoten im Abiturzeugnis mögen gut sein für eine Laufbahn in der Forschung, für den Arztberuf brauche es aber den Willen, Menschen im unmittelbaren Kontakt zu helfen. Die Politik müsse Gemeinschaftspraxen und Gesundheitszentren ermöglichen, damit die einzelne Fachkraft weniger Wochenend- und Notdienste leisten müsse.
Wenn Gesundheitsregionen nicht an der Landesgrenze enden, könnten Fachkräfte flexibler arbeiten. Gesundheitskioske, besetzt mit einer Fachkraft für Diagnostik, erreichten Menschen, die sonst nicht zum Arzt gehen. Hier könne die Telemedizin sinnvoll eingesetzt werden, falls ein Arzt unmittelbar hinzugezogen werden muss. Von den Klinikträgern wünscht sich Engelhardt, dass Dienstpläne besser gestaltet und geteilte Dienste vermieden werden.
Familienfreundliche Arbeitsplätze
Rose Eitel-Schmid betonte, die medizinische Versorgung in Lindenberg sei gut. Es müsse aber noch stärker darauf geachtet werden, Arbeitsplätze familienfreundlich zu gestalten, wenn es um Schichtpläne geht. Auch Kinderbetreuung am Arbeitsplatz wäre hilfreich für die Anwerbung von Fachkräften. Sie begrüßte die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach in die Diskussion eingebrachte Vorhaltepauschalen, die gerade Kliniken auf dem Land finanziell helfen und die Abhängigkeit von Fallpauschalen verringern. Vorhaltepauschalen rückten die Patientenbedürfnisse in den Vordergrund.
Bringt ein zentrales Krankenhaus die Lösung?
Nicht nur für die Krankenhausplanung, auch für die Ausbildung von medizinischem Fachpersonal sind die Bundesländer zuständig. Landtagskandidat Markus Kubatschka will sich im Landtag für die Schaffung einer ausreichenden Anzahl von Medizinstudienplätzen einsetzen. Vergleichbare, im Ausland erworbene Abschlüsse müssten bei ausreichenden Sprachkenntnissen schneller anerkannt werden.
Er sprach sich dafür aus, dass in Lindenberg und Lindau auf alle Fälle medizinische Versorgungszentren sind und dass die Lindenberger Klinik erst einmal durch finanzielle Mittel des Landes gestützt werden muss. Nichtsdestotrotz müsse man in den nächsten Jahren zusammen mit Baden-Württemberg nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Eventuell wäre es sinnvoll, ein zentrales Krankenhaus zu bauen und in den bestehenden Standorten gute medizinische Versorgungszentren zu haben.
Träger und Politik sollen gemeinsam nach Lösungen suchen
Weitere Diskussionsbeiträge aus dem Publikum waren, dass dem Personalmangel nicht dadurch begegnet werden dürfe, indem Fachkräfte aus Ländern abgeworben werden, die in ihrer Heimat gebraucht werden. Deutschland solle Menschen aus Herkunftsländern ausbilden, in denen keine medizinische Ausbildung angeboten wird. Sie sollten nach Arbeitsjahren in Deutschland heimkehren können, um dort weiter zu arbeiten.
Die Veranstaltungsteilnehmer waren sich einig, dass zu einer guten klinischen Versorgung auf dem Land Geburtshilfe, Herzkatheter, Schlaganfalleinheit und Unfallhilfe gehören. Träger und Politik sollten sich an Qualitätskriterien für die medizinische Versorgung orientieren, über den eigenen Tellerrand hinausblicken und zu guten gemeinsamen Lösungen für die künftige medizinische Versorgung auf dem Land gelangen.