Inflation
So viel kostet eine Kugel Eis in Lindau
Lindau / Lesedauer: 7 min

Susi Donner
Endlich hat die süße Eiszeit begonnen. Auf der Insel wehen vor den Eisdielen die Fahnen in einem lauen Lüftchen und locken zum fruchtigen, cremigen, kalten Genuss. Dabei gibt es kaum ein Lebensmittel, das Preissteigerungen greifbarer macht.
Fast jeder weiß noch, was eine Kugel Eis in der Kindheit gekostet hat. Auch die Preise vom vergangenen Jahr sind noch präsent, als sie sich zwischen 1,40 und 1,50 Euro bewegt haben. Wie viel eine Kugel Eis in Lindau zum Saisonstart kostet — und warum die Lage der Eisdiele eine Rolle spielt.
Im Seehafen Café Graf an der Hafenpromenade kostet die Kugel 1,50 Euro. Im vergangenen Jahr waren es 1,40 Euro. Schweren Herzens haben die Pächter den Preis angehoben — aber nicht grundlos, erklärt Andreas Graf, der gemeinsam mit seinem Papa Ernst und seinem Sohn Adrian das Eiscafé führt.

Eine Gewinnmaximierung stehe gewiss nicht dahinter. Eher der Überlebenswille. Denn, so Andreas Graf, neben den Energie– und Lohnkosten, seien absolut alle Zutaten für das Eis, das sie selbst herstellen, im Einkauf teurer geworden.
Die Zutaten werden teurer
Knapp 30 Prozent mehr bezahlen sie für Waffeln, über sieben Prozent mehr für Obst, 16 Prozent mehr für Schokolade, knapp 35 Prozent mehr für Milch und der Zucker sei um unfassbare 71 Prozent teurer geworden.
Die 1,50 Euro pro Kugel empfinden sie selbst als sehr moderaten Preis und diese Rückmeldung erhalten sie auch von ihren Kunden. Grundsätzlich gehe er positiv gestimmt in die neue Saison, sagt Andreas Graf. Neben dem Café Schreier, in dem die Kugel Eis ebenfalls 1,50 Euro kostet, betreiben Grafs die älteste Eisdiele am Platz, seit 40 Jahren als Familienbetrieb.
Anita aus WertachWenn das so gut schmeckt, gönne ich mir das.
Im Eiscafé Milano, ein paar Meter weiter Richtung Bahnhof, kostet eine Kugel Eis 1,80 Euro. „Unsere Portionen sind größer und unsere Qualität ist sehr gut“, begründet Judyta Hama den Preis.

In diesem Moment stürmen ein paar Frauen die Eisdiele und erfreuen sich schon am Anblick: „Die Farbe der Eissorten sieht so natürlich aus“, sagt Anita aus Wertach, um ein paar Sekunden später ihre Augen verzückt zu verdrehen. „Es schmeckt himmlisch und es ist eine wirklich große Portion.“ Den Preis finde sie gerechtfertigt. „Wenn das so gut schmeckt, gönne ich mir das.“
Kugel kostet bis zu zwei Euro
In der Eisdiele Ottimo im Bahnhofsgebäude direkt an der Schiffsanlegestelle kostet die Kugel Eis zwei Euro — womit sie Hauptstadtniveau erreicht hat. Eben läuft ein Ehepaar mit Eiswaffeln in der Hand etwas irritiert weiter.
„Bei uns in Ulm kostet eine vergleichbare Portion Eis 1,60 Euro“, erzählt die Frau. Mit zwei Euro sei eigentlich ihre Schmerzgrenze überschritten. „Aber wir haben erst beim Bezahlen auf den Preis geachtet.“
Die Verkäuferin kann nicht erklären, warum es bei ihr so viel mehr kostet. Meint aber, die Qualität sei besonders gut. Und natürlich die strategische Lage. Die Leute fallen aus den Ausflugsschiffen quasi direkt in die Eisdiele.
Bei La Gelateria in der Maximilianstraße gibt es wieder einen anderen Preis: Eine Kugel Eis kostet dort 1,70 Euro. Inhaber Thomas Presser betreibt die La Gelateria seit 20 Jahren und stellt sein italienisches Eis selbst her. Er erzählt, dass er im vergangenen Jahr noch 1,50 Euro für die Kugel verlangt habe.
„Ich möchte die Kugelgröße und die Qualität beibehalten“, sagt er. Eigentlich müsse er wegen der allgemeinen Preissteigerungen sogar noch zehn Cent mehr verlangen, aber das wolle er seinen Kunden nicht antun. Er könne aber nicht versprechen, dass er den Preis die gesamte Saison so halten könne.
Das ist der Preis in der Maximilianstraße
Im Eiscafé Piu ein paar Meter weiter kostet die Eiskugel ebenfalls 1,70 Euro. Auch dort lag der Preis im vergangenen Jahr noch bei 1,50 Euro, erzählt Melanie Mazzotta. Bei ihnen sei die Resonanz der Kunden gut, ihre Gäste verstehen, dass auch im Eishandwerk alles teurer wird. Die 1,70 Euro scheint der gängige Preis in der Maximilianstraße zu sein, denn auch im Eiscafé „Il Cappuccino“ kostet die Kugel 1,70 Euro.
Im Eiscafé Cristallo in der Schmidgasse, das Milaim Kurtisi neu übernommen hat, kostet die Kugel 1,50 Euro. „Das Cristallo hat viel Stammkundschaft unter den Einheimischen, und die sind treu geblieben obwohl ich hier neu bin“, sagt er. Als Dank sozusagen habe er den Preis nicht angehoben. Aber auch er könne nicht versprechen, dass er den Preis die ganze Saison über halten könne.

Die Eisdiele Venezia in Aeschach haben Ely und Olga Salce am 11. März übernommen. Lindau haben die beiden Norditaliener zuvor nur als Touristen gekannt. Dass es neben der Insel noch ein Lindau auf dem Festland gibt, war ihnen nicht bewusst. „Wir waren erstaunt, wie viele Menschen hier in Aeschach leben“, erzählen sie.
Warum es in Aeschach günstiger ist
Ely und Olga Sace ist bewusst, dass das Venezia ein beliebter Treffpunkt im Viertel ist. Die Kugel Eis kostet bei ihnen 1,40 Euro. „Wir können in Aeschach nicht so viel dafür nehmen wie auf der Insel. Zu uns kommen kaum Touristen. Dafür viele Familien, viele Schulkinder und wir wollen, dass die sich unser Eis leisten können“, sagt Ely Salce.

Ein Fazit: Wirklich vergleichbar sind die Preise nicht. Die Portionen, die als Kugel bezeichnet werden, sind unterschiedlich groß. Alle sagen, ihr Eis sei handgemacht und von bester Qualität. Doch wo es am besten schmeckt, kann am Ende nur der Gaumen des Eisgenießers entscheiden.
Deutschlandweiter Vergleich
Im Vergleich zu 35 anderen Städten in Deutschland ist eine Kugel Eis in Lindau recht teuer. Laut dem Unternehmen Coupons.de, das eine Umfrage unter zufällig ausgewählten Eisdielen gemacht hat, liegt Lindau im Vergleich mit 1,67 Euro pro Kugel im hinteren Drittel.
Mancherorts gebe es die kühle Erfrischung noch für 1,20 Euro pro Kugel, woanders dagegen nur für das Doppelte. Im Schnitt zahle der Kunde aktuell 1,62 Euro pro Kugel (Vorjahr: 1,46 Euro).
Besonders tief ins Portemonnaie greifen müsse man in München, wo im Schnitt 2,03 Euro pro Portion fällig werden. Dahinter folgen Stuttgart (1,87 Euro) und Karlsruhe (1,83 Euro). Am günstigsten ist es dagegen in den nordrhein–westfälischen Großstädten: Wuppertal liegt mit 1,37 Euro auf dem ersten Platz, gefolgt von weiteren Städten in NRW.