Ist Luisa da?
Fühlst Du dich belästigt? Dann sag das Codewort!
Lindau / Lesedauer: 5 min

Yvonne Roither
K.o.-Tropfen, sexuelle Belästigung oder Gewalt: Partys bergen auch Gefahren. Nun gibt es in Lindau ein neues Angebot für Frauen, die sich belästigt fühlen.
Sie will doch nur feiern. Doch der Typ neben ihr nervt. Ständig tanzt er sie an, macht ihr komische Komplimente. Die junge Frau fühlt sich unwohl, ihre Freunde sind schon nach Hause gegangen. Daher geht sie an die Theke und fragt nach Luisa — und bekommt Hilfe. Unmittelbar und diskret. Denn Luisa ist ein Codewort.
Luisa ist es auch, die rund 20 Frauen und Männer in den Club Vaudeville an einen Tisch gebracht hat. Florian Hedig vom Vorstandsteam des Clubs hat Vertreterinnen und Vertreter von Landratsamt, Polizei, Jugendarbeit und Hilfsorganisationen, aber auch Party–Veranstalter in den Club eingeladen. Ziel war es: gemeinsam zu überlegen, wie Partys für junge Menschen sicherer gemacht werden können.
Michael JeschkeWir haben so viel Hass in der Gesellschaft, da kann jeder zum Opfer werden.
Partys bergen leider auch Gefahren, nicht nur für die jungen Mädchen und Jungs, die neu in die Partyszene einsteigen. „Wir haben so viel Hass in der Gesellschaft, da kann jeder zum Opfer werden", ist die Erfahrung von Michael Jeschke, Leiter der Polizeiinspektion Lindau. Umso wichtiger sei es, niederschwellige Hilfe anzubieten.
Das will die Kampagne „Luisa ist hier“. Das Hilfsangebot unterstützt Frauen, die aus einer unangenehmen Situation raus wollen, erklärt Hedig. Die Frage „Ist Luisa hier?“ funktioniert fürs Personal wie ein Codewort, das bestimmte Schritte nach sich zieht: Mitarbeiter bringen die Frau diskret in einen Bereich, der für andere Gäste nicht zugänglich ist, und fragen, wie ihr geholfen werden kann: Die Frau entscheidet selbst, ob man ihr zum Beispiel ein Taxi rufen, Freunde oder aber die Polizei informieren soll.
Aufkleber auf der Frauen–Toilette
Größere Zwischenfälle habe es im Club zum Glück noch nicht gegeben. Aber es komme immer wieder mal vor, dass jemand um Hilfe bittet, sagt Hedig. Ziel sei es, Partys „besser und sicherer“ zu machen.
Und zwar nicht nur im Club Vaudeville, sondern im ganzen Landkreis. Dafür hat sich Ursula Sauter–Heiler vom Landratsamt stark gemacht. Das Landratsamt bezahlt die Lizenz für die Kampagne. Sie gilt für den ganzen Landkreis, damit können alle Veranstalter kostenlos teilnehmen. Sie bekommen dann Schulungsmaterial für ihre Mitarbeiter und Infomaterial, Plakate, Handzettel und Aufkleber, die beispielsweise auf der Frauen–Toilette auf die Aktion hinweisen.
Jeschke lobt das „niederschwellige zusätzliche Sicherheitsangebot“. Dass man die betroffene Person rausholt, „ohne dass gleich ein riesen Fass aufgemacht wird“, überzeugt Anna Krüger von der offenen Jugendarbeit Lindau. Niemand werde gezwungen zu sagen, was passiert ist. Es reiche zu wissen, dass die Person aus der Situation raus will.
Die Botschaft ist klar
„Luisa ist hier“ funktioniert nur, wenn die Kampagne bekannt ist — bei Veranstaltern, die ihr Personal entsprechend schulen müssen, und Partygästen. Bei dem ersten Treffen im Club Vaudeville waren die Veranstalter allerdings nur schwach vertreten. Neben dem Club Vaudeville waren nur Moritz Grättinger und Johannes Hostenkamp von Kultur und Musik ohne Profit (Kumop) da. Andere Clubs und Bars sollen nun entsprechende Infos nachgeliefert bekommen, sagt Sauter–Heiler, damit auch sie ein Zeichen setzen können: „Jeder Club, der mitmacht, schickt eine Botschaft, dass er keine Gewalt duldet.“
Auch Vereine, die nicht regelmäßig Feste veranstalten, gelte es zu sensibilisieren, sagt Jeschke. Wenn Absprachen zu Sicherheitskonzepten anstehen, wie aktuell beim Bezirksmusikfest des MV Unterreitnau, werde die Polizei die Kampagne „Luisa ist hier“ mit einbringen, verspricht er.
Damit die Kampagne im ganzen Landkreis ankommt
Bettina Schultheis, Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Lindau, schlägt vor, die Teilnahme an der Kampagne ähnlich wie die Einhaltung von Jugendschutzmaßnahmen zur Voraussetzung für die Genehmigung von Veranstaltungen zu machen. Tipps zum sicheren Feiern sollte es schon für die Jüngsten geben, am besten solle man bereits die Besucher der U–16–Partys dafür sensibilisieren, findet Anna Krüger. Matthias Kaiser, Präventionsbeauftragter der Lindauer Polizei, will die Luisa–Kampagne in den Parcours aufnehmen, den der Arbeitskreis Sucht alljährlich veranstaltet.
Und was hilft sonst noch, Veranstaltungen sicherer zu machen? Veranstalter und deren Helfer sollten identische T–Shirts tragen, um erkennbar zu sein. Meist helfe die direkte, freundliche Ansprache, Ärger zu vermeiden, weiß Moritz Grättinger. Und manchmal sei es sinnvoll, lieber auf Eintrittsgelder zu verzichten, als sich beispielsweise mit alkoholisierten Gästen Ärger einzuhandeln, so die Erfahrung von Hedig.
Der erste Schritt ist gemacht, das Netzwerk gespannt. Luisa ist jetzt in Lindau angekommen. Nun muss die Werbetrommel gerührt werden, damit möglichst viele Clubs, Bars und Vereine im Landkreis mitmachen — und Partygäste wie Mitarbeiter das Codewort kennen.
Luisa ist hier! ist ein Hilfsangebot für Frauen und Mädchen, die belästigt werden. Die Kampagne wurde im Dezember 2016 vom Münsteraner Frauen-Notruf gestartet und ist mittlerweile in mehreren Bundesländern Deutschlands verbreitet. „Luisa“ enthält einen Kopfton und soll dadurch auch in lauter Umgebung gut zu verstehen sein.