Niedrigwasser
Gefahren wegen zu wenig Regen und Schnee - Nicht nur für den Bodensee
Bodensee / Lesedauer: 4 min

Ronja Straub
Niedrigwasser im Bodensee im Winter ist normal. Problematisch wird es, wenn der Pegel im Frühjahr nicht steigt. Danach sieht es aktuell aus: Denn es kommt zu wenig Schneeschmelze aus den Bergen und es regnet kaum. Das hat Auswirkungen auf Tiere und Natur.
Viel Wasser und hohe Stände waren 2021 und 2022 um diese Zeit im Bodensee zu beobachten. Der See hatte im Februar historischen Höchststand. Schnee schmolz schon früher als sonst, besonders viele Schneemassen flossen in den Bodensee. Auch jede Menge Regen sorgte für steigende Pegel.

Es sind Beobachtungen, die Fachleute beunruhigen. Denn eigentlich ist der Winter für den Bodensee eine wasserarme Zeit. Schnee aus den Bergen schmolz in früheren Jahren erst im April. Typisch waren eigentlich Niedrigwasser im Winter und Hochwasserstände im Sommer.
Schwankungen im Winter normal
Was das angeht, herrscht in diesem Winter also Normalzustand: Wenig Wasser im Bodensee und Kiesstrände so weit das Auge reicht. Ein Blick in die Grafik zeigt: Der Wasserstand ist etwas unter dem langjährigen Mittel. „Diese Schwankungen sind normal“, sagt Isolde Miller vom Bund Naturschutz (BN) in Lindau. Was ihr aber Sorgen bereitet: Seit Jahresbeginn hat es kaum geregnet, in den Bergen nur wenig geschneit.
Von historischer Schneearmut in den Alpen spricht der Wetterdienst Wetteronline. Roland Roth aus Bad Schussenried, Gründer und Leiter der Wetterwarte Süd, unterstreicht das: In den Schweizer Bergen gebe es aktuell 30 bis 50 Prozent weniger Schnee als normalerweise. Jener Bergschnee sei aber ein wichtiger Speicher: Nicht nur der Bodensee, auch Bäche und Flüsse werden im Frühling und Frühsommer von der Schneeschmelze gespeist.
Fällt diese nur gering aus, wird Regen um so wichtiger: „Wenn wir nicht ein extrem feuchtes Frühjahr bekommen, wird es wieder ein historischer Niedrigstand im Sommer“, sagt Miller. Und das wäre fatal.
Auswirkungen für Tiere und Natur
Denn unter zu hohen Temperaturen und fehlendem Wasser leidet die Natur. Nicht erst im Sommer, sondern bereits im Frühjahr. Schwimmvögel wie Haubentaucher und Blässhühner können ihre schwimmenden Nester im Frühjahr nicht mehr im Schilf verankern, sagt Miller. Hechte könnten Schwierigkeiten bekommen, ihre Eier an Wasserpflanzen zu kleben. Kleinlebenwese, die in Schilfzonen leben und Nahrung für andere sind, seien in Gefahr.

Wegen des fehlenden Regens sind die Wasserreserven im Boden nicht aufgefüllt. Die niedrigen Grundwasserstände des Sommers habe der Regen im Herbst ausgeglichen, sagt Karl Schindele, Behördenleiter beim Wasserwirtschaftsamt in Kempten. „Aber seitdem hat es zu wenig geregnet.“
Darunter leidet auch der Wald. Denn ihr Wasser ziehen die Bäume auch aus dem Boden. Beim Austreiben im Frühjahr brauchen sie davon besonders viel. Ist ihr Wasserhaushalt niedrig, sind vor allem Nadelbäume anfällig für Insektenschäden, schreibt Christian Müller vom Forstrevier Lindau.
Wald und Obstbäume leiden
Auch Neupflanzungen treiben dann verzögert aus oder wachsen wegen der Trockenheit erst gar nicht an. Das berge finanzielle Risiken für die Waldbesitzer. „Langanhaltende Regenfälle und keine Starkregenereignisse wären zum langsamen Auffüllen der Bodenwasservorräte im Wald unbedingt wünschenswert“, so Müller.
Darüber würden sich auch die Obstbauern freuen. Regnet es im Frühjahr nicht, könnten sich die Knospen nicht richtig ausbilden, sagt Markus Kurek, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Lindauer Obstbauern. Außerdem fehlten dann wichtige Nährstoffe im Boden. Weil es zu trocken war, mussten Lindauer Obstbauern im Sommer 2022 schon bewässern, berichtet Kurek.
Ob es in den kommenden Wochen und Monaten genug Wasser vom Himmel fällt, könne man seriös nicht vorhersagen, sagt Wetterexperte Roland Roth. Fest steht aber: Die Ausgangssituation nach dem trockenen Winter ist schlecht. Der niedrige Bodenseepegel gibt die Tendenz schon vor.