Aktionstag
Drei Religionen und ein Ring, der sie eint
Lindau / Lesedauer: 4 min

Schwäbische.de
Der „Engel der Kulturen“ hat vorab schon mal Station in Lindau gemacht und das Kopfsteinpflaster der Insel kennengelernt. Zusammen mit seinen Schöpfern, Carmen Dietrich und Gregor Merten kam er nach Lindau zu einem ersten Treffen mit potentiellen Teilnehmern des Aktionstags am 6. Juni 2019. Mit dieser Aktion reiht sich Lindau in die Liste von rund 200 Städten ein, die sich an dieser Aktion, die ein Zeichen des Friedens zwischen den Religionen Judentum, Christentum und Islam setzen will.
Claudia Dietrich und Gregor Merten kennen Lindau ganz gut. Im September 1987 hatte Gregor seine erste Ausstellung in der Galerie „Zur Fischerin“, in der folgenden Zeit waren er und seine Partnerin Claudia Dietrich wiederholt im Zentrum von Ausstellungen dort, so lange der Vater von Rebekka Scheiner vom Kulturamt, Fritz Scheiner, das Lokal führte. Vor einem Jahr hatten Fritz und Elke Scheiner durch Merten von der Aktion des Engels der Kulturen erfahren und damit ihre Tochter begeistert.
Schnell breitete sich die Begeisterung über die Aktion in Lindau aus und so kamen schon zu diesem ersten Treffen Vertreter der Grundschulen Aeschach und Bodolz, der Maria-Ward Realschule und der beiden Lindauer Gymnasien, der Friedensräume und des Treffpunkt Zech, einige Privatpersonen und Adnan Wahhoud von der Lindauhilfe für Syrien. Was noch fehlt, sind Vertreter der drei Religionen, also den Kirchen, der Moschee sowie von jüdischer Seite. Letzteres ist etwas komplizierter, da es in Lindau keine jüdische Gemeinde gibt.
Sie alle erfuhren aus erster Hand, wie das Projekt bisher ablief, was die Idee dahinter ist, wie landauf, landab im In- und Ausland Vertreter der Religionen, Erwachsene und Kinder begeistert teilnahmen und vor allem, wie ein Aktionstag wie der am 6. Juni aussehen könnte.
Dabei gibt es ein paar Vorgaben, der Rest wird vor Ort, also von Schulen, Privatleuten, Religionsvertretern und eventuell von politischer Seite geplant. Einer der Fixpunkte ist, dass die Skulptur „Engel der Kulturen“ – das runde Stahlgebilde, in dessen Kreis die Symbole der drei abrahamitischen Religionen so eingearbeitet sind, dass sie nur halb aus dem Ring herausragen, gleichzeitig so weit wie möglich voneinander entfernt sind und doch untrennbar miteinander verbunden – durch Lindau gerollt wird, wobei die Strecke noch verhandelbar ist. Angedacht ist der Start vor der Moschee, Ziel wird die Insel sein. Auf der Strecke wird an diversen Stationen Halt gemacht.
An dieser Stelle sind die Lindauer gefragt, mit Aktionen das Ganze zu beleben. Auf jeden Fall soll die Skulptur auf den Boden gelegt und mit weißem Quarzsand gefüllt werden. Dadurch entsteht ein Abbild des Engels. Die Skulptur wird dann mit Magneten angehoben, um den Engel aus Sand nicht kaputtzumachen. „Durch das wiederholte Erzeugen der temporären Sandabdrücke auf dem Weg der rollenden Skulptur leuchtet gleichzeitig an verschiedenen Orten Lindaus dieses Symbol auf und wirbt so für ein friedliches Miteinander der Kulturen“, erklären die beiden Künstler, die seit zehn Jahren zu fast nichts anderem mehr kommen als diesem Kunstprojekt.
Ein weiterer Fixpunkt ist das Einlassen eines Engels der Kulturen in Form eines Stahlrings in den Boden an einem noch zu bestimmenden Punkt. In den Stahlring ist blau gefärbter Spezialbeton eingelassen und er ist in einen Aluminiumrahmen gefasst. Anschließend wird mit Schneidbrenner das gleiche Zeichen für die nächste Stadt hergestellt, wobei Anwesende gerne mithelfen dürfen.
Im Vorfeld des 6. Junis sind nach Vorstellung Scheiners idealerweise Religions- und Ethikklassen an den Schulen aufgefordert, sich mit dem Symbol auseinanderzusetzen und eigene Geschichten dazu zu verfassen, sei es mit Musik, Kunst, Text oder was auch immer. „Ich habe da schon tausende Ideen, muss mich aber zurückhalten“, sagt Scheiner.
So wird eines klar: Der Aktionstag selbst ist nicht das Entscheidende, sondern es sind die Vorbereitungen, die die Menschen zusammenbringen können. Und die haben mit dem Besuch der beiden Künstler und der Skulptur vor einigen Tagen sozusagen den Startschuss erhalten. Die nächsten Treffen, um den Aktionstag vorzubereiten und Aktionen abzusprechen, sind auch schon fix: Am Donnerstag, 15. November, und am Montag, 14. Januar, werden jeweils ab 18 Uhr Interessierte und Entschlossene ins Kulturamt eingeladen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Interessierte können sich an Rebekka Scheiner im Kulturamt wenden.