Segelregatta
Die „Rund Um“ wird rundum erneuert
Lindau / Lesedauer: 5 min

Christian Flemming
Mit dem Start zur 72. Auflage der Rund Um am Freitag, 9. Juni, zeigt sich die traditionsreichste, älteste und wichtigste Regatta am Bodensee in einem runderneuerten Gewand. Es bleibt dabei: Die Rund Um ist nach wie vor eine Nachtregatta, es wird rund um den Bodensee gesegelt — und natürlich gewinnt derjenige, der als Erster die Ziellinie überquert. Damit hat es sich dann aber auch schon fast mit dem Gewohnten dieser Regatta.
Die Verantwortlichen des Lindauer Segler–Clubs (LSC) haben dieses Gerüst ansonsten mit Neuigkeiten gefüllt, die einerseits — und vor allem — den Seglern entgegenkommen sollen. Aber auch für den Zuschauer soll die Segelregatta attraktiver werden, so die Hoffnung der Vorstandschaft um LSC–Clubpräsident Martin Niederkrüger, seinen Stellvertreter Achim Holz sowie Wettfahrtleiter Stephan Frank und Rolf Schlett, der für die Kommunikation und das Sponsoring verantwortlich zeichnet.
Geringere Teilnehmerzahl regt zum Nachdenken an
Warum aber hat der LSC sich veranlasst gefühlt, seine Vorzeigeregatta umzugestalten? Niederkrüger erläuterte in einem Pressegespräch am Donnerstag, dass die Regatta im Verlauf der Jahrzehnte immer wieder Neuerungen erfahren habe, um den veränderten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Unter anderem sind die Boote immer schneller geworden. In den vergangenen Jahren aber hat die Anzahl der teilnehmenden Boote deutlich nachgelassen, von bis zu 500 Booten bis zuletzt rund 220 im vergangenen Jahr. Der LSC habe sich deshalb Gedanken gemacht, was besser gemacht werden könne. Zwei Gruppen hatten sich gebildet. Eine beschäftigte sich mit dem, was die Regatta an sich betrifft. Die andere mit dem, was derweil an Land passiert.
Im sportlichen Bereich gibt es nun folgende Änderungen: Zum einen wird die Startzeit von bisher 19.30 Uhr auf 16 Uhr vorgezogen, zum anderen wird in drei Gruppen gestartet, die im Viertelstundentakt die Startlinie überqueren dürfen. Die absoluten Rennziegen, die Katamarane, beginnen um 16 Uhr, 16.15 Uhr gehen die schnellen Segelyachten ebenfalls auf die große Runde. Um 16.30 Uhr folgt dann das große Feld, das sich auf die kleine Runde begeben wird.
Das hat verschiedene Gründe. Der vorgezogene Start bedeutet, dass die schnellsten Boote bereits gegen 22 Uhr und noch vor Mitternacht wieder zurück ins Ziel kommen können und die Chance wesentlich größer ist, dass da auch noch die Zuschauer an Land etwas davon haben, erklären Holz und Frank. Eine Rolle spielte auch die Sicherheit, denn die Katamarane sind teilweise mit 15 bis 20 Knoten unterwegs, gelangten also bisher im Dunkeln in den relativ schmalen Überlinger See und verließen ihn auch bei Dunkelheit — das verursachte bei den Skippern Bauchgrimmen, „weil bei dem Tempo die Gefahr mit eventuellem Gegenverkehr zu kollidieren sehr groß war“, erklärte Wettfahrtleiter Frank. „So aber können sie zumindest mit Restlicht noch die Runde im Überlinger See drehen.“
Jedes Boot bekommt einen Tracker
Eine weitere Neuerung schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Jedes Boot bekommt einen Tracker. Damit ist eine Quelle der Frustration bei den Seglern beseitigt worden, wie erste Reaktionen aus Seglerkreisen schon bestätigten. Denn bei eventuellen wetterbedingten Streckenverkürzungen kann so jedes Boot, das die dann entscheidende Boje gekreuzt hat, in die Wertung aufgenommen werden. „Wir haben das ja einige Male erleben müssen, dass sehr viele Boote nicht innerhalb der vorgegebenen 24 Stunden zurück ins Ziel kamen. Dem kommen wir hiermit entgegen“, meint Holz.
Ein weiteren Vorteil hat das für die Zuschauer der Rund Um. So kann nun jedes Boot live online verfolgt werden, sodass auch Interessierte, die gar nicht in Lindau sein können, am Computer das Rennen mitverfolgen können. Hinzu kommen Livebilder, Drohnenfilme und sogar Liveinterviews von den Schiffen. Mit diesen Instrumenten will der LSC neben der eigenen Website auch einen eigenen YouTube–Kanal sowie Facebook bespielen — und natürlich auch die Menschen am Hafen und Seglerhafen auf dem Laufenden halten. Am Clubhaus in einer Art Biergarten mit Aktionsbühne und LED–Wand.
Auch wenn bei günstigem Wind die Ersten bereits gegen 22 Uhr wieder in Lindau ankämen, sei die typische Rund–Um–DNA nicht angetastet, nämlich die einer Nachtregatta: „Dunkelheit erlebt jeder Teilnehmer“, ist sich Frank sicher. Das Zeitlimit wird übrigens von 24 auf 26 Stunden erweitert, damit sollte jeder bis Samstag, 18 Uhr, und zur gemeinsamen Ehrung der Sieger ab 20 Uhr zurück sein. „So aber können wir sie beisammenhalten, was dem sportlichen Charakter doch förderlich ist“, so Schlett.
Mit verschiedenen Startzeiten ist eine „Frustquelle beseitigt“
Es wird also künftig für jede Startgruppe ein Blaues Band geben. Die verschiedenen Startzeiten seien keine Benachteiligung der kleineren und langsameren Boote: „Gerade die kleineren Boote, wie H–Boote, Lacustre, Yardstickgruppen ab 97 und größer, litten bisher eher unter den ganzen großen Booten, die sich gleich nach dem Start wie eine einzige riesige Segelwand vor ihnen aufgebaut hatten und den Wind nahmen. Mit dieser Lösung ist auch diese Frustquelle beseitigt“, betonen die LSC–Vertreter im Pressegespräch. Durch diese neue Aufteilung kann eventuell auch die Startlinie verkürzt werden, was der regulären Bodensee–Schifffahrt zugutekäme, denn die darf durch den früheren Start nicht behindert werden, so eine der Auflagen seitens der Behörden.
Noch eine Neuerung: Das Startschiff wird ein großes Segelboot sein, nicht mehr die Hohentwiel. Die wird als Sponsorenschiff das Rennen begleiten und auch normale Fahrgäste mitnehmen.
„Ein gewisses Risiko ist so eine Neuerung immer, aber wir sind guter Dinge, dass die neue Rund Um ein Erfolg werden wird“, sagt Niederkrüger. Zumindest hat Vorjahressieger Fritz Trippolt, der eigentlich seine „Skinfit“ verkaufen wollte, von diesem Plan wieder Abstand genommen und freut sich auf die Neuerungen der Rund Um, so erzählen die LSC–Vertreter schmunzelnd: „Von einem Verkauf seines Schiffes will er nichts mehr wissen …“