Planungsbüro

Wie sich die Lindauer Insel in den kommenden zehn Jahren entwickeln soll

Lindau / Lesedauer: 5 min

Konzept soll Anfang kommenden Jahres stehen – Doch schon vorher gibt es Kritik
Veröffentlicht:31.12.2022, 05:00

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Die Insel soll sich weiterentwickeln. Dafür erarbeitet ein Planungsbüro gerade ein Konzept, das Anfang kommenden Jahres fertig sein soll. Das Konzept fußt auf einer Bürgerbeteiligung, die den Sommer über lief. Doch schon bevor es fertig ist, gibt es erste Kritikpunkte.

Eigentlich hat Lindau schon ein Stadtentwicklungskonzept, das Isek. „Für die Insel gibt es im Isek aber nur sehr grobe Ziele“, sagt Iris Möller vom Stadtbauamt im Stadtrat. „Ich bin sehr froh, dass wir auf diese Art das Isek feinschleifen können.“

Das Planungsbüro „Umbau Stadt“, das auch am Isek beteiligt war, hat den Auftrag für das so genannte Inselentwicklungskonzept bekommen. Vor Weihnachten präsentierten Mitarbeiter einen Zwischenstand, im März soll das Konzept fertig sein. Die Kosten liegen bisher bei rund 96.000 Euro, wie Inga Brentel , Sprecherin der Stadt, auf Nachfrage schreibt. Allerdings zahlt die Stadt davon nur knapp 20.000 Euro, der restliche Betrag wird über den bayerischen Sonderfonds „Innenstädte beleben“ gefördert.

Jugendliche konnten sich extra einbringen

Ein Jahr lang haben er und seine Kollegen bereits an dem Konzept gearbeitet, erläutert Rico Emge , Architekt und Stadtplaner von „Umbau Stadt“. Grundlage ist eine Bürgerbeteiligung. So gab es Anfang Juli einen „Beteiligungsstand“ am Bismarckplatz, den laut Sitzungsvorlage „zahlreiche“ Insulanerinnen und Insulaner besucht haben, sowie drei Stadtspaziergänge. Für Jugendliche gab es Ende Juni eine eigene Beteiligung im Xtra.

Darüber hinaus gab es für Lindauerinnen und Lindauer die Möglichkeit, sich online einzubringen. Von Ende Juni bis Anfang August konnten Lindauerinnen und Lindauer Wünsche und Probleme auf einer virtuellen „Brainstorming-Karte“ eintragen. „Insgesamt gab es 77 Rückmeldungen zu den verschiedensten Themen“, heißt es dazu in der Sitzungsvorlage der Stadt.

Unter den Kommentaren waren laut Verwaltung auch konkrete Projektvorschläge, die in das Konzept einflossen. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Stadtplanungsamtes, der Stabsstelle Mobilität, der Lindau Tourismus und Kongress GmbH, der Projektstelle Bürgerbeteiligung, der IHK und dem Büro Umbau Stadt begleitete den gesamten Prozess.

Das Ergebnis ist ein Katalog mit mehr als 40 Maßnahmen, die laut Sitzungsvorlage „von abstrakten Maßnahmenbündeln bis hin zu konkreten Projekten“ reichen. „Die Maßnahmen werden im nächsten Schritt finalisiert und in kurz-, mittel-, und langfristig umsetzbar eingeteilt“, schreibt Sprecherin Inga Brentel auf Nachfrage.

Sollte der Hafen renoviert werden?

Die Ideen sind ganz unterschiedlich. Sie reichen von öffentlichen Trinkwasserspendern, einheitlicher Beschilderung, Sportgeräten für Ältere und einem Badefloß im Kleinen See über die Neugestaltung von Schrannenplatz, Reichsplatz, Paradiesplatz und Bahnhofsvorplatz bis hin zur Renovierung des Hafens. „Man muss schon sagen, der Hafen ist nicht wirklich würdig auf Dauer“, sagt Rico Emge im Stadtrat. „Irgendwann sollten Sie den Mut aufbringen, das anzugehen.“

Doch was kann bei der aktuell klammen Finanzlage der Stadt überhaupt umgesetzt werden? „Die Maßnahmen werden teilweise nicht viel Geld kosten, teils können die Maßnahmen von Dritten getragen werden“, schreibt Inga Brentel dazu auf Nachfrage.

„Da das Konzept langfristig angelegt ist, können investive Maßnahmen des Haushaltes bei wieder besserer Haushaltslage umgesetzt werden.“ Laut Sitzungsvorlage dient das Inselentwicklungskonzept „als Leitfaden zur Steuerung der Entwicklung der Lindauer Insel für den Zeitraum der nächsten zehn Jahre“.

Angelika Rundel (SPD) verweist darauf, dass es einigen Insulanern eigentlich schon zu viel Aktivität auf der Insel gibt. „Inwieweit haben sich die Inselanwohner beteiligt?“, will sie wissen. „Bei der Bürgerbeteiligung waren etwas mehr als hundert Bürger, wir wissen aber nicht, ob es die richtigen waren“, sagt Andreas Reich (FW). Er habe Angst, jetzt viel Zeit und Geld zu investieren, wenn am Ende dann doch Gegenwind komme.

„Ich sehe das Ganze positiv, wir müssen aber einen Weg finden, wie es funktioniert.“ Ulrich Jöckel (FDP) verwies darauf, dass die Neugestaltung der Plätze auf Kosten vieler Parkmöglichkeiten gehe. Die Insel müsse so gestaltet werden, dass sie nicht überrannt wird. „Wir haben jetzt schon einen Overtourismus“, sagt Jöckel. Das Konzept beinhalte viele Maßnahmen, die auch in Zeiten eines knappen Haushalts umsetzbar sind, sagt Daniel Obermayr (BL). Er hält vor allem einen wetterfesten Begegnungsraum für alle für wichtig.

Aktionsgemeinschaft übt Kritik

Auch die Nachnutzung des Inselbahnhofs wird im Konzept thematisiert. Die Planer von „Umbau Stadt“ könnten sich vorstellen, dass die Bahnhofshalle in Zukunft zu einer Markthalle wird. Das kritisiert Karl Schweizer, Sprecher der Aktionsgemeinschaft Inselbahnhof.

„Offensichtlich leugnet das Gutachten das enorme Verkehrsverlagerungs-Potential der drei Eisenbahnlinien innerhalb des Lindauer Stadtgebietes mit den Zielbahnhöfen Reutin sowie auf der Insel“, schreibt er in einer Pressemitteilung. Die Hafenweihnacht habe erst wieder gezeigt, wie entlastend es für das Leben in der Stadt ist, wenn Besucher mit der Bahn anreisen.

Dafür müsse „der Bahnhof auf der Insel nicht nur in seiner Funktion als Bahnhof erhalten bleiben, sondern im Wesentlichen auch die Länge seiner acht Bahnsteige samt den Gleisen“, wiederholt Schweizer eine Forderung, die er schon mehrfach gestellt hat.

Denn wenn es mehr Zugreisende gebe, könnten diese nur mit längeren Zügen transportiert werden. Die österreichische Bahn habe bereits Züge mit mehr Waggons anfertigen lassen, unter anderem um mehr Raum für Skier, Fahrräder und Rollstühle zu schaffen.

Geht es nach der Aktionsgemeinschaft, dann muss das Inselentwicklungskonzept „bezüglich der Rolle der Eisenbahn für eine zukunftsfähige und klimaschonende Verkehrswende in Lindau“ noch überarbeitet werden. Noch ist das Konzept nicht ganz fertig. Erst im März soll es öffentlich vorgestellt und dann vom Stadtrat beschlossen werden.