StartseiteRegionalBodenseeTettnangWeniger Kiesabbau durch Recycling: Tettnanger Unternehmen bereitet Kies und Sand wieder auf

Kiesabbau

Weniger Kiesabbau durch Recycling: Tettnanger Unternehmen bereitet Kies und Sand wieder auf

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Aushub und Bauschutt, der bisher nur in Deponien landet, wird bei der Firma Zwisler zunehmend recycled
Veröffentlicht:23.09.2021, 15:00

Von:
Artikel teilen:

Nachhaltigkeit und das Recycling-Prinzip sind untrennbar miteinander verwoben. Um Ressourcen zu sparen, werden möglichst viele Materialien, die sonst nicht mehr zu gebrauchen wären, wieder aufbereitet und zurück in den Wertschöpfungskreislauf geführt.

Dieses Konzept kommt jedoch nicht nur bei klassischen Werkstoffen wie Kunststoff oder Papier zum Einsatz, sondern auch in Bereichen, die die meisten zunächst weniger damit in Verbindung bringen – wie beispielsweise bei Bauschutt oder Boden-Aushub.

In dieser Sparte ist das Thema Recycling zwar noch nicht ganz so verbreitet, doch auch mineralische Rohstoffe lassen sich wiederverwenden. Das Tettnanger Unternehmen Zwisler ist seit einiger Zeit vermehrt aktiv auf diesem Gebiet und betreibt bei der Kiesgrube in Biggenmoos eine eigene Anlage für diesen Zweck. In der Region sei das bisher einzigartig, sagt Geschäftsführer Tobias Zwisler.

Das passiert bei einem Abriss

Relativ gängig sei das Recycling von Bauschutt – also von dem, was übrig bleibt, wenn beispielsweise ein Gebäude abgerissen wird. Bevor in so einem Fall tatsächlich die Abrissbirne beziehungsweise der Bagger zuschlägt, wird ein Gebäude jedoch erst einmal komplett entkernt. „Das Innere wird systematisch zurückgebaut“, erklärt Tobias Zwisler. Kunststoffe, Holz, Bodenbeläge, Leitungen und alles, was sich sonst noch herausbauen lasse, werde entfernt. „Was dann bleibt, ist im Grunde der Rohbau“, so Zwisler.

Nach dem Abriss werden die Materialien dann klassifiziert. Denn recycled werden kann nur, was gewisse Grenzwerte bezüglich des Schadstoffgehalts nicht überschreitet. Solche Schadstoffe könnten bei Bauschutt zum Beispiel Chrom oder Sulfat sein, erklärt Zwisler. Was für das Recycling geeignet sei, werde dann zunächst gebrochen. Das zerkleinerte Bauschutt-Material kommt dann vorwiegend als Tragschicht im Straßen- und Tiefbau zum Einsatz.

Eine Wasch- und Sortieranlage trennt die einzelnen Bestandteile des Aushubmaterials.

Ebenfalls möglich ist eine Weiterverwendung in Frischbeton, wo der Bauschutt Sand oder Kies ersetzen kann. „Dieses Produkt wird als sogenannter Recycling-Beton oder R-Beton bezeichnet“, erläutert Zwisler. Allerdings sie dieser bislang noch nicht überall zugelassen, weshalb sein Unternehmen in diesem Bereich auch noch nicht aktiv sei – ganz im Gegensatz zu einem anderen Aspekt des Recyclings, bei dem das Familienunternehmen Vorreiter in der Region ist. Denn neben Bauschutt kann auch Aushub-Material recycled werden, das zum Beispiel überall dort abgetragen wird, wo eine neue Baugrube ausgehoben wird.

So funktionier das Recycling von Aushubmaterial

Was dabei ebenfalls noch mit hineinspielt: In der Region um Tettnang sei die Beschaffenheit der Böden ideal dafür geeignet, so Zwisler. Das Aushubmaterial, das bei der Entstehung einer neuen Baugrube übrig bleibt, besteht in der Regel aus Ton, Schluff, Sand und Kies. Bisher wird dieser Aushub meist verfüllt – also zum Beispiel in ehemaligen Kiesgruben, die wieder aufgefüllt werden.

Im Sommer kann die Recycling-Anlage fast ausschließlich mit Solarstrom aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage betrieben werden.

„Wir haben eine Anlage konzipiert, mit der wir einen Großteil des Materials wiederverwerten können“, sagt Tobias Zwisler. Bisher sei es wirtschaftlich und technisch noch nicht möglich, jeden Aushub in der Anlage aufzubereiten. Doch rund 80 Prozent des Aushubmaterials, das bei der Firma Zwisler anfällt, gehen bereits in die Wiederverwertung.

Wir ersetzen etwa 50 Prozent unseres Rohstoffbedarfs durch recycletes Material.

Tobias Zwisler

Die Anlage für das Recycling des Aushubmaterials in Biggenmoos ist seit rund zwei Jahren im Einsatz, sie läuft mittlerweile täglich. Während der Sommermonate kann die Anlage ihren Strombedarf durch die eigene Solaranlage auf dem Dach selbst decken. „Im Grunde funktioniert sie wie eine große Waschanlage“, sagt Zwisler.

Tobias Zwisler nimmt das Endprodukt in Augenschein.

Das Material wird zunächst gewaschen, anschließend fallen die verschieden großen Bestandteile durch eine Art Sieb, wo sie getrennt werden. Am Ende bleiben Kies in unterschiedlichen Körnungsgrößen und Sand übrig. Das stehe „frischem“ Material, das direkt in der Kiesgrube abgebaut wurde, qualitativ in nichts nach. Verwendet wird der recyclete Kies und Sand bisher ausschließlich auf den eigenen Baustellen des Unternehmens.

Kiesabbau weiterhin nötig

Die feinsten Partikel, die kleiner als 0,02 Millimeter sind und einer Art feinem Schlamm gleichen, werden ebenfalls mit Wasser herausgefiltert. Wie in einer riesigen Obstpresse wird der sogenannte Filterkuchen gepresst. Das Endprodukt kann ebenfalls wieder in Deponien als Dichtungsschicht verwendet werden. Noch sei das Recycling mittels der Anlage nicht wirtschaftlich rentabel – auf lange Sicht jedoch schon, sagt Zwisler.

Am Ende verbleibt ein sogenannter Filterkuchen, der anschließend ebenfalls weiterverwendet werden kann.

Klar sei, dass man trotz der Möglichkeit, Kies und andere Rohstoffe zu recyclen, weiterhin nicht auf Kiesabbau verzichten könne. Doch man könne den Abbau damit durchaus reduzieren. „Wir ersetzen etwa 50 Prozent unseres Rohstoffbedarfs durch recycletes Material“, sagt Zwisler.