Tettnang
Thomas Lämmle oder wie der Wille Berge überwindet
Tettnang / Lesedauer: 4 min

Helmut Voith
Mit so großem Andrang hat das neue Betreiberteam im Tettnanger KiTT nicht gerechnet. Eine weitere Aufführung von Michael Scheyers Film „Wie man auf den Kilimandscharo steigt – mit und ohne Krücken‟ ist daher bereits angedacht, wie Jens Lindenmüller vom KiTT-Verein am Freitagabend im ausverkauften Kino ankündigte.
Im Herbst faszinierte Michael Scheyers Bericht über die Besteigung des Kilimandscharo durch den Extrembergsteiger und Höhenforscher Thomas Lämmle aus Waldburg die Leser der Schwäbischen Zeitung. 62 Mal war Lämmle schon vorher auf dem höchsten Berg Afrikas gestanden — für ihn, der schon mit Frau und Kindern oben war, war es eigentlich nur ein Trainingsberg. 2016 hatte er im Alleingang und ohne Sauerstoff den Everest und 2018 innerhalb einer Woche die 8000er Makalu und Lothse bestiegen, doch im April 2020 machte ein schrecklicher Unfall alle Bergsteigerpläne zunichte.
Fataler Absturz am Hochgrat
Das Gleitschirmsegeln, seine zweite große Leidenschaft, der er nach einem frühen Unfall eigentlich abgeschworen hatte, wurde ihm zum Verhängnis. Nach seinem beinahe tödlichen Absturz am Hochgrat glaubten die Ärzte nur an ein Leben im Rollstuhl. Nur eine Ärztin in Isny habe ihm Mut gemacht: „Du musst einfach an dich glauben, der Körper hat ungeahnte Möglichkeiten.“

Getreu seiner Devise „Entweder du willst es, dann kannst du es auch, oder du willst es nicht“ trainierte er mit eisernem Willen gegen alle Schmerzen. Und dann passierte, was die Fachleute als medizinisches Wunder betrachteten: Er ist mit Krücken wieder auf den Kilimandscharo gestiegen.
Oberschwäbische Gruppe mit afrikanischen Guides
Journalist Michael Scheyer aus Lindau hat die kleine oberschwäbische Gruppe begleitet — außer für Lämmle war es für alle die erste Besteigung dieses Berges. Scheyer hat gefilmt, und die Szenen waren so spannend, so bewegend, dass daraus der eineinhalbstündige Film geworden ist.
Noch kann Lämmle das gelähmte linke Bein nur dank einer Orthese gebrauchen — Scheyer hat festgehalten, wie der damals 55–Jährige vorsichtig den gelähmten Fuß, das Bein auf den Boden setzt, fast tastend erkundet, wie er auch Kletterpassagen überwindet. Einfühlsam erzählt Scheyer den Weg der kleinen Gruppe, beschreibt die Individuen mitsamt ihren afrikanischen Guides.
Sozialprojekt unterstützt Bergführer
Im Gegensatz zu anderen kommerziellen Unternehmen hat Lämmle mitten im Nationalpark das Sozialprojekt „Friends of Extrek africa“ aufgebaut, das den tansanischen Bergführern zugutekommt. Vom Verdienst auf einer Tour könne ein Guide seine Familie zwei Monate ernähren. Die Führer werden intensiv geschult, um ihre Kunden sicher auf den Berg zu bringen, dazu gehören auch Akklimatisierung und eine speziell von Lämmle erforschte Atemtechnik, die die Sauerstoffsättigung im Blut steigert, ganz ohne Medikamente.
Oben am Uhuru Peak auf 5895 Metern Höhe
Immer wieder zeigt der Film, wie auf dem Weg durch die verschiedenen Vegetationszonen der Atemrhythmus den Gehrhythmus bestimmt, wie die Gruppe auf dem achttägigen Weg von Lager zu Lager aufsteigt, bis sie schließlich auf dem Uhuru Peak auf 5895 Metern Höhe stehen.
Hier kleine Kamera, dort aufwendige Fernsehteams
Nach der gefilmten Besteigung habe Lämmle den Berg noch vier Mal bestiegen und zugleich die Fortschritte seines Projekts beobachtet, einer Farm, die während des Corona–Einbruchs den Guides das Überleben sicherte. Lämmles Tochter Sarah, die den Film in Tettnang zum ersten Mal gesehen hat, erzählte davon, wie auch sie zwei Mal mit der Familie auf dem Berg war: „Das macht mega viel Spaß.“
Am Rande sei vermerkt, dass Michael Scheyer alles mit einer kleinen Kamera aufgenommen hat. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, was mit heutiger Technik möglich ist — und denkt an aufwendige Fernsehteams.
Zweite Vorstellung am 19. März
Eine weitere Vorführung des Films im KiTT ist für Sonntag, 19. März, 20 Uhr, vorgesehen. Weitere Infos und Tickets auf www.kitt-tettnang.de.