Tettnang will Haushalt über Abwasser–Eigenbetrieb entlasten
Tettnang / Lesedauer: 3 min

Die Stadt Tettnang zieht in Erwägung, die Abwasserentsorgung finanziell künftig über einen sogenannten Eigenbetrieb abzuwickeln. Auf einen Antrag der Fraktionsgemeinschaft aus Freien Wählern und FDP hin hat die Stadtverwaltung geprüft, welche Auswirkungen die Gründung eines solchen Eigenbetriebs hätte. Mit dem Ergebnis, dass sich sowohl Vor– als auch Nachteile daraus ergeben.
In ihrem Antrag vom Dezember 2022 fordert die Fraktionsgemeinschaft die Prüfung und Darstellung eines Eigenbetriebs Abwasserentsorgung für die Stadt. Das Ergebnis stellte Kämmerin Claudia Schubert am vergangenen Donnerstag in der Sitzung des Verwaltungsausschusses vor.
Hintergrund der Überlegungen sind diverse größere Investitionen in diesem Bereich, die in den kommenden Jahren auf die Stadt zukommen werden. Diese hängen unter anderem mit dem Anschluss Tettnangs an die Kläranlage Kressbronn sowie der Sanierung von Pumpwerken.
Schulden reduzieren sich und bleiben doch gleich
Über einen Eigenbetrieb, der zwar bei der Kommune angesiedelt, jedoch finanzwirtschaftlich aus dem städtischen Haushalt ausgegliedert ist, könnten die Schulden, die durch die Investitionen im Abwasserbereich entstehen, separat abgerechnet und dargestellt werden. Sprich: die Schulden der Stadt reduzieren sich in der Bilanz, allerdings bleiben es Schulden der Stadt.
Simuliert hat die Verwaltung die Gründung eines Eigenbetriebs, angenommen diese wäre zum 1. Januar 2023 erfolgt. Als Grundlage wurden dabei die jüngsten vorliegenden Zahlen aus dem Jahresabschluss der Stadt für das Jahr 2021 herangezogen. Diese würden jedoch lediglich als Anhaltswerte dienen, eine realistische Darstellung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, betonte Claudia Schubert.
Anhand verschiedener Parameter ging Schubert darauf ein, wie sich ein Eigenbetrieb auf den städtischen Haushalt auswirken würde. So sei für einen Eigenbetrieb beispielsweise kein Eigenkapital nötig. Im Ergebnisplan für den Eigenbetrieb bleibe laut der Simulation am Ende ein positives Ergebnis stehen, erklärte Schubert.
Für das Jahr 2024 würde dieses beispielsweise knapp 560.000 Euro betragen. Auch der Finanzplan des Eigenbetriebs weist laut Schubert ein positives Ergebnis auf, sodass keine Kreditaufnahme erforderlich sei.
Diese Nachteile hätte das Ganze
Der Ergebnisplan der Stadt hingegen würde sich verschlechtern. Allerdings bekäme die Stadt im Gegenzug Zinserträge durch das Trägerdarlehen, das für den Eigenbetrieb notwendig ist. Der Schuldenberg der Stadt würde durch den Eigenbetrieb etwas schrumpfen — jedoch sind die Schulden lediglich an anderer Stelle aufgeführt und bleiben Schulden der Stadt.
Relevant sei das vor allem hinsichtlich des geplanten Anschlusses des Tettnanger Abwassernetzes an die Kläranlage Kressbronn. „Wenn die ganzen Leitungen nach Kressbronn gebaut werden müssen, kommen Kredite auf uns zu, die dann eben nicht bei der Stadt stehen würden“, erklärte Claudia Schubert. Sie sprach dabei von einem Kostenrahmen von rund acht bis neun Millionen Euro.
Räte befürworten das Vorhaben
Karl Welte (FW) sprach zudem die insgesamt 33 Einzelpumpwerke in Tettnang an, die inzwischen alle ein gewisses Alter erreicht hätten und sukzessive saniert werden müssten. Auch dies sei mit Kosten verbunden, die dann über den Eigenbetrieb laufen könnten.
Er sprach sich klar für das Vorhaben aus und betonte, dass das Ziel des Antrags gewesen sei, den städtischen Haushalt zu entlasten. Auch Kajo Aicher (Grüne) befürwortete das Ansinnen und meinte, dass dadurch „transparente Verhältnisse“ geschaffen werden könnten.
Ähnlich äußerte sich Hermann König (SPD), der zusammenfassend bekundete: „Die Zeit ist reif, es ist finanzierbar, ich bin dafür.“ Einen Beschluss fasste der Verwaltungsausschuss noch nicht, am 29. März wird das Thema im Gemeinderat behandelt.