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Solistenquartett

Kammerchor Tettnang begeistert mit Mozart-Requiem

Tettnang / Lesedauer: 3 min

In der St. Gallus-Kirche entsteht bei der Aufführung ein besonderer Glanz – Das liegt auch am ausgezeichneten Zusammenspiel
Veröffentlicht:25.10.2022, 12:00

Von:
  • Schwäbische.de
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Nach langer Durststecke ohne Live-Musik besonderer Meisterwerke in großer Besetzung in Tettnang lockte die Aufführung des „Requiem“ von Wolfgang Amades Mozart ein zahlreiches Publikum in die St. Gallus-Kirche. Damit auch der Chorraum gut gefüllt war, hatte sich der Kammerchor Tettnang mit Mitgliedern des Philharmonischen Chores Friedrichshafen verstärkt. Die versierte Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben und ein exzellentes Solistenquartett gaben der Aufführung zusätzlichen Glanz.

Als Ergänzung der unvollständigen Totenmesse setzte Musikdirektor Joachim Trost eine Psalmenvertonung von Vivaldi an den Anfang und das berühmte „Ave Verum“ von Mozart an den Schluss. Der Ruf nach Errettung durch Gott, die kontrapunktische Verwebung und ausgeprägte Chromatik waren die verbindende Klammer der drei Werke.

Das Jüngste Gericht bricht hervor

In dem großen Chorsatz „Domine ad adiuvandum me festina “ von Antonio Vivaldi überzeugte ein wirkungsvoller liturgischen Wechselgesang von Doppelchor und Doppelorchester und einer flüssigen Fuge in den Ecksätzen. Überrascht hat die (einheimische) Anjulie Hartrampf in ihrem Solo „Gloria Patri“ im Mittelsatz. Selbstsicher, in großen Bögen und lockeren Koloraturen, trat die junge Sopranistin in einen kunstvollen Dialog mit den beiden Instrumentalensembles.

Das „Requiem“ von Wolfgang Amadeus Mozart begann im langsamen Tempo, gestützt von dunkel gefärbtem Orchesterklang durch Bassetthörner und Fagotte und schönem Legato im Chor. Kraftvolle Themeneinsätze mit prägnanter Punktierung, sicheren Koloraturketten gaben der Bitte um göttliches Erbarmen im „Kyrie“ mit einer gewaltigen Doppelfuge eine drängende Intensität. Im wüsten Sturm, vollem Chor- und Orchesterklang brach das Jüngste Gericht im „Dies irae“ hervor: gehetzte Melodielinien der Streicher, markige Akzente in Pauken und Trompeten und schreckliche Einwürfe der Bässe mit der Angst der Kreatur.

In zartem Piano errettet

Mit bestimmendem Ton der Posaunenruf für den Gang des Einzelnen vor den Richterstuhl, der vom sonoren Bass aufgenommen und zu rundem Klang im Solistenquartett führte. Aufwühlend der Angstschrei der sündigen Menschheit im „Rex tremendae“. Scharfe, synkopierte Punktierungen im Chor, herabstürzende Streicherfiguren führte Trost zu einem ergreifenden kompakten „Salve me“ (Rette mich) in zartem Piano. Die Höllenqualen überwanden die vier Solisten im „Recordare“ (Gedenke, Jesus in Milde). Von gesanglichen Holzbläsern und einem klangschönen Streichersatz begleitet verschmolzen Sabine Winter, Sopran, Hanna Roos, Mezzosopran, Nikolaus Pfannkuch Tenor und Christian Feichtmair, Bass, in seliger Ruhe zu friedlicher, religiöser Lyrik.

Den präsenten Männerstimmen mit lauten Klagen der Verdammten stellte Trost den entrückten „Engelschor“ der Frauen in hauchdünnem Piano im „Confutatis“ gegenüber. Als perfekte Einheit steigerten Chor und Orchester die erschütternde Klage im „Lacrimosa“ bis zum starken Forte. Zur Gabenbereitung stand der „göttliche Dreiertakt“ dem irdischen Chor gegenüber. Mit gemeinsamem Atmen, deutlicher Artikulation und effektvollen Piano-Forte Wechseln überzeugte der Chor im 4stimmigen Satz.

Solistenquartett blüht auf

Den weiteren Abschnitten, von Mozart-Schüler Süßmayr ergänzt, gab Trost, immer bei seinen Sängern den Text mitsprechend, aufhellenden Dur-Charakter im kurzen Sanctus, ließ das Solistenquartett im schlichten Satz des „Benedictus“ aufblühen. An die Wiederholung der „Kyrie“-Fuge – zur Abrundung eingesetzt – nochmals ein paar Takte des „Lacrimosa“ mit Abbruch – und dann das „Ave, verum corpus“ mit viel innerer Spannung in gedämpfter Stimme und Ton. „Der Tod ist kein Schreckbild, sondern ein Freund“ (Mozart Biograph Alfred Einstein).