Gestatten
Dieter Stohr - Demnächst ehrenamtlicher Lokführer aus Leidenschaft
Tettnang / Lesedauer: 3 min

Annette Rösler
Bahnreisende wollen vor allem sicher und schnell an ihr Ziel kommen und interessieren sich in der Regel wenig dafür, was hinter den Kulissen einer Zugfahrt vor sich geht. Der Eisenbahn–Liebhaber und Hobby–Lokführer-„Azubi“ Dieter Stohr, aufgewachsen in Tettnang–Kau und wohnhaft in Kressbronn, weiß mehr und beantwortet gern alle Fragen.
Wer ist der ruhige, ausgeglichene Mann, der beim Stichwort „Eisenbahn“ so sprudelnd loslegt mit Erzählen, dass man als Laie kaum folgen kann? Vor ungefähr sieben Jahren habe er seine Leidenschaft für die Eisenbahn entdeckt.
Das Interesse geweckt hätten seine damalige Freundin und deren Vater, die aus Aulendorf stammen. Der Vater sei Berufspendler gewesen und täglich mit der Bahn von Aulendorf nach Friedrichshafen gefahren.
Bahnfahren entspannt — und löst Parkplatzproblem
Dieter Stohr habe sich dann entschieden, zum Besuch der Freundin in Aulendorf und zu seinem Arbeitsplatz bei ZF in Friedrichhafen von Kressbronn aus mit dem Zug zu fahren.
„Allerdings musste ich da auch noch für ein kleines Stück den Bus benutzen“, sagt er. Stohr findet Bahnfahren entspannend und sagt: „Man ist oft schneller am Ziel, hat keinen Stress, keinen Stau und kein Parkplatzproblem.“
Stohrs Einstieg bei der Bahn begann, als er mitbekam, dass für die „Räuberbahn“, früher „Radexpress“, ein ehrenamtlicher Zugbegleiter gesucht wurde. Er habe sich „hobbymäßig“ beworben.
Die „Räuberbahn“, nach dem „Schwarzen Veri“ benannt, fährt am Wochenende die Strecke von Pfullendorf nach Aulendorf und kutschiert Ausflügler gemächlich mit Spaßfaktor durch Oberschwaben.
Bürgerbahn ergänzt Angebot der DB
Aktuell macht Dieter Stohr eine Ausbildung als ehrenamtlicher Lokführer bei der „Bürgerbahn“, die seit April 2023 am Wochenende auf der Strecke Pfullendorf — Altshausen hin– und zurückfährt. Es handelt sich dabei um die ehemalige Bahnstrecke von Pfullendorf nach Schwackenreute, die abgebaut wurde.
Dieter StohrFür den ehrenamtlichen Lok– oder Triebfahrzeugführer ist die Ausbildung genauso anspruchsvoll wie für die hauptberufliche Tätigkeit.
Die Gemeinden Pfullendorf, Altshausen und Ostrach haben die stillgelegte Strecke gekauft und einen ehrenamtlichen Zugverkehr aufgebaut. So ist statt einem „Bürgerbus“ eine „Bürgerbahn“ entstanden, die von Ehrenamtlichen gefahren und begleitet wird und das normale Angebot der Deutschen Bahn unterstützt. Hinter dem Engagement steht der Förderverein Räuberbahn.
Anspruchsvolle Ausbildung, bis es soweit ist
„Für den ehrenamtlichen Lok– oder Triebfahrzeugführer ist die Ausbildung genauso anspruchsvoll wie für die hauptberufliche Tätigkeit“, erklärt Dieter Stohr.
Nur etwas reduziert: Die Theorie wird online übermittelt, bei der Praxis ist ein hauptberuflicher Lokführer dabei. „Es ist am Wochenende schon viel Stoff zu lernen“, gibt Stohr zu. Aber er opfert gern seine Freizeit und freut sich schon darauf, die „Bürgerbahn“ und die „Räuberbahn“ als Lokführer selbst fahren zu dürfen.
Furcht vor Verantwortung? Klares Nein
Die Frage, ob er vor der großen Verantwortung Angst habe, verneint er. Eher ein mulmiges Gefühl könnten technische Störungen bei ihm auslösen, da die Bedienelemente im Lok–Führerstand schon wesentlich komplizierter als beim Pkw seien.
Das fasziniert Dieter Stohr am Bahnbetrieb
„Das funktionierende Zusammenspiel von Technik und Mensch bei der Bahn haben mich von Anfang an fasziniert“, erzählt er.
Er habe sich genau angeschaut, welcher Ablauf dahinter steckt, dass die Züge reibungslos fahren. „Alles geht Hand in Hand, und alle Kollegen müssen sich fest aufeinander verlassen können.“