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Kletterabsturz

Tumor und Kletterabsturz überlebt: Zweimal fast gestorben - jetzt das Abenteuer seines Lebens

Salem / Lesedauer: 6 min

Darius Braun hat schwerste Schicksalsschläge überstanden, die auch seinen Körper gezeichnet haben. Dem Tod von der Schippe gesprungen, plant er nun eine Reise, die sein Leben prägen wird.
Veröffentlicht:04.07.2022, 12:00

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Darius Braun ist ein Mann wie ein Baum. Man sieht dem 31-jährigen Salemer nicht an, was er schon alles hinter sich hat. Im Alter von 15 Jahren wurde bei ihm ein großer Gehirntumor diagnostiziert. Den hat er überlebt. Aber nur zwei Jahre später erlitt er einen schweren Kletterunfall.

„Das war damals das zweite Mal, dass ich fast gestorben wäre“, sagt er. Trotzdem hat sich Darius Braun jetzt ein großes Abenteuer vorgenommen: Er will mit dem Fahrrad die Panamericana bewältigen – eine rund 22 000 Kilometer lange Strecke zwischen Nord- und Südamerika .

Aber der Reihe nach. Von dem Absturz ist Darius Braun eine lange OP-Narbe geblieben, die sich über den halben linken Arm zieht. Die Narbe von der Tumor-Operation ist dagegen unter seinem schwarzen Haar verborgen. Jahrelang hat sich Darius Braun nach der Entfernung des Tumors zurück ins Leben gekämpft.

„Es klingt komisch. Aber als die Diagnose feststand, war ich einfach nur froh“, erinnert er sich. Froh, dass er wusste, warum er in der Schule immer schlechter wurde, warum er so merkwürdig ging, warum eine unsichtbare Hand ihm den Kopf immer weiter auf die Brust zu drücken schien, und was für seine Zuckungen im Gesicht verantwortlich war.

Rettende Tumor-Operation in letzter Minute

Die Krankheit hatte ihn zum Außenseiter gemacht. „Ich war sowieso schon sehr groß. Dann bewegte ich mich wegen des Tumors merkwürdig; und gutmütig war ich auch noch“, sagt er. „Das war ein gefundenes Fressen für meine Mitschüler.“ Erst sehr spät wurde der „kartoffelgroße“ Tumor hinter dem rechten Ohr entdeckt. „Ich wurde gleich am nächsten Tag operiert. Sonst hätte ich in einer Woche tot sein können.“

An ein normales Leben nach der achtstündigen Operation war nicht zu denken. Als Darius Braun aus der Narkose aufwachte, war seine linke Körperhälfte gelähmt und er hatte Sprachstörungen. „Vor dem Tumor habe ich Rudern auf Leistungssport-Niveau betrieben. Damit war es dann vorbei.“

Aber Darius Braun stürzte sich in die Reha-Maßnahmen. Er musste die gesamte Grobmotorik neu erlernen; an die Feinmotorik war noch nicht zu denken. Doch die Fortschritte waren riesig: Darius konnte nach vier Wochen wieder selbständig 200 Meter weit gehen. Die Ärzte bereiteten ihn allerdings darauf vor, dass Schäden bleiben würden. Dazu zählten Konzentrationsprobleme. Weil ihn das Gymnasium jetzt überforderte, wechselte Darius Braun auf die Hauptschule, wo ihm ein sehr guter Abschluss gelang. Später arbeitete er sich bis zum nachgeholten Abitur hoch, studierte und wurde schließlich Lehrer.

Gelähmte Hand nach Kletterunfall

Ohne Biss und Optimismus wäre das nicht möglich gewesen. Zumal Darius Braun ja auch noch die Folgen des besagten Kletterunfalls zu bewältigen hatte: Auf Mallorca hatte er sich zwei Jahre nach der Tumor-OP zu viel zugemutet. Dort rutschte er beim Queren einer Felswand ab und schlug im darunter liegenden Geröllfeld auf. Darius erlitt einen Trümmerbruch am linken Arm. Alle Nervenleitungen, die zur Hand führen, waren durchtrennt. Erneut war sie gelähmt. „Selbst der Krankengymnast hatte mich schon aufgegeben“, sagt er. Aber nach elf Monaten stellt sich ein erstes Zeichen der Besserung ein.

Heute wirkt Darius Braun rundum kerngesund. Er ist überzeugt: Ohne Sport wäre er nie in diesem Umfang genesen. Radfahren wurde zu seiner neuen Leidenschaft, „weil das eben das Erste war, was motorisch wieder möglich war“, sagt er. Darius weiß: ohne sportliche Übungen – auch Schattenboxen gehört dazu – kehren die Lähmungserscheinungen zurück.

Von Kanada bis an den südlichsten Zipfel Argentiniens

Jetzt trainiert er für seinen großen Traum: die Panamericana-Tour. Mit der 22 000 Kilometer langen Strecke steht Braun buchstäblich eine halbe Weltreise bevor – vom kanadischen Calgary bis nach Ushuaia in Argentinien, am äußersten südlichen Zipfel Südamerikas. „Diese Tour ist für mich ein Weg zur Genesung“, sagt Darius Braun.

Ein von zermürbenden Kraftproben geprägter Weg: Darius Braun wird die Rocky Mountains überqueren müssen, die Atacama-Wüste durchradeln und aufgrund der klimatischen Bedingungen, die der Humboldtstrom schafft, 5000 Kilometer am Stück gegen den Wind in die Pedale treten. Ihm stehen matschige Pisten in den Dschungelgebieten von El Salvador, Honduras und Nicaragua bevor. Es gibt Höhenunterschiede von über 4000 Metern zu bewältigen, die Tour führt durch mehrere Klimazonen.

Die Reise wird wohl 14 Monate dauern

Die Gefahr, unterwegs zum Opfer eines Verbrechens zu werden, lässt sich freilich auch nicht ausschließen. „Wo sich Gefahren absehen lassen, werde ich sie großräumig umfahren“, sagt Darius Braun gelassen. Wichtig ist ihm, mit seinen Kräften zu haushalten. „Ich will 60 bis 70 Kilometer am Tag fahren. Das halte ich für realistisch.“ Insgesamt macht das 350 Tage. Hinzu kommen mindestens 70 Tage Ruhezeit. Wenn alles nach Plan geht, wird er über ein Jahr unterwegs sein. Die Abreise steht unmittelbar bevor: Am 18. Juli geht der Flug nach Calgary, inklusive Fahrrad und spartanischem Reisegepäck.

Darius Braun will mit seiner Fahrrad-Odyssee Mut machen. „Ein Psychologe hat mir gesagt: Wenn du deine Lebensgeschichte nicht erzählt, ist das unterlassene Hilfeleistung“, erklärt der ehemalige Krebspatient. Deshalb wird er auf seiner Amerikareise in Krebstherapiezentren, die auf seiner Route liegen, sehr persönlich gehaltene Vorträge halten. „Ich möchte zeigen, dass es wichtig ist, sich nicht aufzugeben. Und dass alles möglich sein kann.“

Noch braucht Braun Sponsoren

Darius Braun braucht schätzungsweise 15 000 Euro, um seine Reise zu finanzieren. Zahlreiche Sponsoren sind schon an Bord, doch er braucht noch weitere. Auch, weil er mit seinem Abenteuer die Deutsche Hirntumorhilfe unterstützen will. Dieser gemeinnützige Verein setzt sich für eine bessere Versorgung von Hirntumor-Patienten und die Förderung der Neuroonkologie ein. „Je mehr Geld er hat, desto mehr Projekte kann der spendenfinanzierte Verein umsetzen“, sagt Braun. Jeder Cent, den er nicht für seine Reise braucht, werde an die Tumorhilfe stiften, verspricht Braun. Wer noch mehr über seine Radreise erfahren und ihn unterstützen möchte, bekommt Informationen auf der Homepage von Darius Braun.