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Senioren zum Sportplatz bringen

Oberteuringen / Lesedauer: 3 min

Demografischer Wandel: Beim Kreisseniorenrat präsentiert Paul Locherer Konzepte für Kommunen – Bürgermeister nicht da
Veröffentlicht:15.06.2018, 17:41

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Auch im Bodenseekreis werden die Menschen immer älter, was aber bedeutet der demografische Wandel für die Kommunen? Zu diesem Thema sprach der frühere Bürgermeister von Amtzell und Landtagsabgeordnete Paul Locherer (63) am Freitag auf Einladung des Kreisseniorenrats in Oberteuringen im Gasthaus Post. Die Bürgermeister des Kreises, die das Thema am meisten betrifft, waren bis auf Gastgeber Ralf Meßmer (Oberteuringen) und Henrik Wengert (Owingen) gar nicht erst gekommen, obwohl allesamt eingeladen waren.

„Die Kommune ist der Motor des Sozialraums“, sagte Locherer zu Beginn seines Vortrags, der sich vor allem auf die Erfahrungen aus der Gemeinde Amtzell bezog, wo Locherer 24 Jahre lang Bürgermeister war. Locherer empfiehlt den Gemeinden im Bodenseekreis am Anfang eine Bestandsaufnahme: welche sozialkaritative Dienste gibt es, welche müssten ergänzt werden. In dieser Aufgabe sollten Gemeinde und Kirche zusammenarbeiten. In Amtzell ging man dann einen Schritt weiter und gründete einen „Arbeitskreis Dorfgemeinschaft“, in dem neben Kirche und Politik alle „im Sozial- und Kulturbereich tätigen“ dabei sind. Der Arbeitskreis trifft sich vierteljährlich. Hier könnten dann Ideen entwickelt werden. „Dieser Ausschus mit allen Haupt- und Ehrenamtlichen bekommt einen besonderen Push, da alle aus dem Dorf beteiligt sind.“

Als Idee aus dem Arbeitskreis entstand in Amtzell das sogenannte „Bürgermobil“, das in der Region ebenfalls als beispielhaft gilt. Ein Verein mit heute 130 Mitgliedern trägt das Angebot, 20 Ehrenamtliche „fahren Mittwoch und Donnerstag kreuz und quer im Dorf umeinander“ wie Locherer sagt. In der Streusiedlung Amtzell komme dann eben auch die ältere Frau mal von einem abgelegenen Hof ins Dorf, zum Einkaufen oder zum Arztbesuch. Der Fahrdienst ist für die Senioren gratis. Finanziert wird das Projekt über Mitgliederbeiträge, Sponsoren und auch die Gemeinde.

Als Brücke zwischen Kirche, Gemeindebevölkerung und Kommune gibt es in Amtzell laut Locherer den Verein „Füreinander-Miteinander“, der viele Angebote schafft: Nachbarschaftshilfe, Hospizgruppe, Kaffeetreff, sowie ein Sport-, Freizeit- und Kulturprogramm für ältere Menschen. Locherer selbst ist mittlerweile vom Tanzen begeistert. Diesen Sport empfiehlt er, „um geistig und körperlich fit zu bleiben“, wenn auch selber an schwierigen Figuren meist scheitere. Man müsse die Senioren auch durch Infrastrukturangebote bewusst zum Sportplatz bringen. So habe man in Amtzell direkt am Sportgelände eine Boule- und Eisstockbahn gebaut. „Man muss die Infrastruktur so bauen, dass sie die Generationen zusammenführt“.

Oft geht es bei den Angeboten für Senioren ums Geld, das wurde auch bei der kurzen Fragerunde im Anschluss an den Vortrag deutlich. „Wenn man begleitend Geld ins Ehrenamt gibt, wird es verfielfältigt“, sagt Locher dazu, er appelliert daher an die Gemeinden, ehrenamtlich getragene Arbeit zu unterstützen. Ganz wichtig ist Locherer, dass junge und alte Menschen in der Gemeinde zusammen kommen. Deshalb habe man in Amtzell schon vor 20 Jahren eine Kindertagesstätte genau neben das Altenheim gebaut. Im Verbindungselement „Sandkasten“ treffen heute noch Kleinkinder und Senioren aufeinander. „Es kommen unglaubliche Begegnungen zustande“.

Für Locherer war und ist die Seniorenarbeit immer Chefsache, also die des Bürgermeisters. Vom „Dienst am Menschen“ bekomme man auch wieder viel zurück, meint er. „Es ist wertvoll für die Bürgermeister, direkt bei den älteren Menschen zu sein, auch für das Wiederwahlergebnis“, sagte Locherer. Sie sollten in der Gemeinde als „Kümmerer“ wahrgenommen werden. „Das ist auch ein Stück Arbeit gegen Politikverdrossenheit und gegen Radikalisierung.“ Man stoße bei der Seniorenarbeit eben zu den Sorgen und Nöte der Menschen vor.