Krise
Corona-Krise: In Markdorf wird Hilfe im Netz organisiert
Markdorf / Lesedauer: 4 min

Die Corona-Pandemie verändert die Gesellschaft. Eine am Samstagabend in Markdorf gegründete Facebook-Gruppe „Nachbarschaftshilfe Markdorf – Coronahilfe“ hatte binnen nur drei Stunden über 250 Mitglieder, am Sonntagmittag waren es bereits 550 mit wachsender Tendenz, keine 24 Stunden später über 600. Die Idee dazu hatte die Markdorferin Dilek Ellerbrock.
Sie erhielt am Samstagnachmittag einen Anruf von einer Freundin, die sich auf dem Heimweg von Österreich befand und die aufgefordert wurde, sich in häusliche Quarantäne zu begeben. Schnell war Dilek klar, dass diese Freundin Hilfe brauche. Eine Sekunde später kam ihr der Gedanke, wer denn sonst in dieser Situation sei und Hilfe benötige, und sie stellte die Frage unter anderem in der vor einigen Jahren von der „ Schwäbischen Zeitung “ in Markdorf gegründeten Gruppe „Du weißt, wenn Du aus Markdorf bist…“. Mit dabei schon der Hintergedanke, für diese Frage eine Gruppe zu gründen.
Binnen weniger Minuten meldete sich der Südfinder-Kollege Matthias Schopf , der selbst gerade erkältet und daheim vor dem Rechner saß. „Ich kannte ihn gar nicht, wusste nicht, mit wem ich es da zu tun habe. Dann haben wir telefoniert und wenige Minuten später gab es die Gruppe“, erzählt Dilek Ellerbrock.
Matthias Schopf befasste sich mit der Technik, lud weitere Kollegen auch der „Schwäbischen Zeitung“ ein, die Gruppe wuchs weiter. Zur gleichen Zeit gab es bei den beiden Raderacher Ortsgruppen auf Facebook die Idee, eine Hilfsgruppe anzubieten. Die Administratoren Andreas Zindler und Ralf Schäfer beschlossen jedoch sehr schnell, sich der Markdorfer Gruppe anzuschließen, schließlich ist Raderach gerade mal vier Kilometer von Markdorf entfernt.
Matthias SchopfJede Form der Hilfe darf hier gesucht werden.
Die Gruppe wuchs durch die Einladungen der Raderacher Mitglieder und durch die Aktivität derer, die schon etwas mitbekommen hatten. Mitglieder luden Freunde ein. Das Schneeballsystem begann zu laufen. Um kurz vor 20 Uhr gegründet, hatte die Gruppe gegen Mitternacht bereits 300 Mitglieder, die ersten Hilfsangebote lagen vor. Aber auch Hilfesuchende hatten sich gemeldet und bekamen prompt Antwort.
„Wir möchten hier eine Nachbarschaftshilfe aufbauen – eine Kontaktbörse für Hilfsgesuche und Angebote. Wer kann im Moment nicht mit dem Hund Gassi gehen? Wer kommt nicht mehr zum Einkaufen? Wer hat ganz andere Probleme? Hier wollen wir helfen – als Kontaktbörse. Jeder darf Hilfsangebote stellen oder hier um Hilfe bitten. Jede Form der Hilfe darf hier gesucht werden“, sagt Matthias Schopf zum Sinn und Zweck der Gruppe. Leider müsse aber auch gleich klargestellt werden, dass diese Gruppe nur Vermittler sein könne, schreibt Schopf weiter.
„Diese Gruppe ist für Menschen gedacht, die in ihrem persönlichen Umfeld (warum auch immer) keine Hilfe finden können. Also seid ihr hier im Kontakt mit fremden Menschen. Es gelten die üblichen Sicherheitsvorkehrungen und -bedenken im Umgang mit Fremden was die Herausgabe persönlicher Daten, Geld und andere Dinge betrifft. Hier können wir natürlich keine Haftung übernehmen“, formulieren es Dilek Ellerbrock und Matthias Schopf in den Gruppenbestimmungen. Bei den Mitgliedsanfragen achten die Admins mittlerweile auch auf diejenigen die sich anmelden. Wer da als offensichtliches Fake-Profil ankommt, wird nicht zugelassen. Die Sicherheitsmaßnahmen werden auch hier angezogen.
Es soll auch nur ehrenamtliche Hilfe vermittelt werden. „Wir wollen zu niemandem in Konkurrenz treten und haben uns wegen rechtlicher und aber auch organisatorischer Absprachen bereits mit Stadt und Landratsamt in Verbindung gesetzt“, sagt Matthias Schopf. An die Mitglieder appellierte Matthias Schopf: „Größere Projekte werden wir uns überlegen, müssen uns hier aber auch mit den Behörden abstimmen. Denkt bitte daran, dass die aktuellen Maßnahmen ja aus Gründen ergriffen werden – wir werden hier also sicher keine Betreuungsgruppen initiieren. Hilfe von Mensch zu Mensch – dafür steht diese Gruppe.“
Für Dilek Ellerbrock ist zudem wichtig, auch Menschen außerhalb des Internets anzusprechen. Dazu sollen Flyer gedruckt werden und Institutionen angesprochen werden, in denen Hilfsbedürftige vernetzt sein könnten.
Es gibt eine Menge zu tun, die Administratoren der Gruppe sind aber guter Dinge. Kooperation und Hilfsbereitschaft seien angesagt. Und am liebsten wäre es Dilek Ellerbrock und Matthias Schopf, wenn die Grupe auch nach der Pandemie noch bestehe, dann würde der Zusatz „Coronahilfe“ einfach gestrichen.
„Wichtig ist uns, dass die Menschen von dem Hilfsangebot erfahren. Online oder mündlich, das ist dabei ganz egal“, sagt Dilek Ellerbrock. Ihre Idee hatte am Sonntagmittag bereits knapp 550 Menschen überzeugt.