Nimmt man die „I mein halt“-Gesprächsrunde am Mittwochabend im Obertor als Maßstab, dürfte der Landtagswahlkampf im nächsten Frühjahr ziemlich intensiv werden. Allein die Themen Stuttgart 21 und Atomausstieg-Ausstieg sorgten für eine recht emotionale Diskussion zwischen den hiesigen Kandidaten.
Ob schwarz, rot, grün oder gelb – in einem sind sich die Landtagskandidaten für den Bodenseekreis alle einig: Sie leben in einer Region, die nicht nur zu den schönsten, sondern auch zu den erfolgreichsten gehört. Einer Region, in der es eigentlich nur drei große ungelöste Probleme gibt: B 30, B 31 und Südbahn. Entsprechend viel Raum nahmen diese Themen in der Diskussion ein. Viel Neues war dazu allerdings nicht zu hören.
Während Norbert Zeller (SPD) einmal mehr die Landesregierung dazu aufforderte, für die anstehenden Straßenbauprojekte im Land eine klare Prioritätenliste aufzustellen, stellte Ulrich Müller (CDU) fest: „Straßen werden mit Geld gebaut, nicht mit Prioritäten.“ Eine Priorisierung mache erst jetzt Sinn, wo in Land und Bund die gleichen Koalitionen regieren. Vorher sei eine Abstimmung nicht möglich gewesen. Hans-Peter Wetzel (FDP) sprach sich dafür aus, eine Sperrung der B31 für den Schwerlastverkehr zu prüfen. „Wir müssen die Mautfrage neu diskutieren“, forderte Martin Hahn (Bündnis 90/Die Grünen). Das größte Problem sieht Hahn darin, dass „unserem Kreis der nötige Einfluss an den entscheidenden Stellen fehlt“.
Was nach Hahns Einschätzung auch daran liegt, dass sich im Ländle alles nur um Stuttgart dreht. In diese Richtung zielt auch sein Kritik an Stuttgart 21. Sein Problem als überzeugter Bahnfahrer sei nicht die Dauer der Fahrt zwischen Stuttgarter Hauptbahnhof und Flughafen, sondern die drei Stunden, die er bis Stuttgart brauche. Hahns Kontrahenten hingegen sangen das Hohelied auf das Milliardenprojekt. „Es geht hier nicht um Stuttgart, sondern um den Wert des Bahnverkehrs in Baden-Württemberg“, konstatierte Ulrich Müller. Und: „Was gut ist für Ulm, ist auch gut für Oberschwaben.“
Auch finanziell wäre es aus der Sicht von Hans-Peter Wetzel idiotisch, wenn Stuttgart 21 „unter die Räder“ käme. „Seit Jahren zahlen wir in den Länderfinanzausgleich ein. Jetzt bekommen wir mal was und tun so, als stünde der Untergang des Abendlands bevor.“ Und auch Norbert Zeller brach eine Lanze für Stuttgart 21, wovon Nah-, Regional- und Fernverkehr gleichermaßen profitieren würden. Wenn sich in einer Umfrage allerdings 54 Prozent der Befragten gegen das Projekt aussprächen, müsse man sich fragen, was da schiefgelaufen ist. Deshalb strebe die SPD eine Volksabstimmung an. „Ich bin felsenfest überzeugt davon, dass es uns dann gelingen wird, die Menschen zu überzeugen“, so Zeller.
Emotional ging’s teilweise auch beim Atomausstieg-Ausstieg zur Sache. Als „Schande“ bezeichnete diesen Martin Hahn – auch, weil mit dieser „nach hinten gerichteten Politik“ die Bemühungen der Regional- und Stadtwerke, die im Vertrauen auf den beschlossenen Atomausstieg in erneuerbare Energien investiert hätten, torpediert würden. Auch Norbert Zeller kritisierte dies als „unverantwortlich“. „Ich hoffe, dass der Beschluss im Bundesrat noch gekippt wird“, so Zeller.
Ulrich Müller verteidigte den Ausstieg vom Ausstieg unter anderem damit, dass die Kernenergie erforderlich sei, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Hans-Peter Wetzel wies darauf hin, dass der Gewinn durch die Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke abgeschöpft und in die Erforschung von erneuerbaren Energien investiert werde. Der Beschluss fördere demnach erneuerbare Energien. Der Landtagswahlkampf ist eröffnet.