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Stromerzeugung

Neue Wasserkraftwerke im Bodensee getestet

Kressbronn / Lesedauer: 4 min

Wasserkraft aus dem sogenannten Energyfish — Segler aus Kressbronn helfen bei der Entwicklung. Das sieht vielversprechend aus.
Veröffentlicht:23.02.2023, 15:00

Von:
  • Olaf E. Jahnke
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Bei kühlem aber sonnigen Winterszenario am See hat man zur Fasnetszeit ein seltsames Schauspiel vor der Ultra–Marin–Marina in Gohren beobachten können. Hinter einem Schlauchboot, besetzt mit mehreren Menschen, wurde eine Konstruktion geschleppt. Dabei gingen Kabel, Fender und Schwimmer zu einem schwimmenden Kraftwerk, das hinterher gezogen, in verschiedenen Geschwindigkeiten geschleppt wurde.

„Für eine erfolgreiche Energiewende helfen wir gerne“, sagt Stefan Ring, Vorsitzender des Vereins der Kressbronner Segler. Nachdem am Ammersee im Winter kein Bootsbetrieb möglich ist und am Bodensee niemand sonst ein Boot bereitstellen wollte, unterstützen er und der Segelverein aktuell das Projekt.

Revolution in der Stromerzeugung

Mit dem Trainingsschlauchboot helfen er und der Segelverein dem Startupunternehmen Energyminer beim Test neuartiger Wasserkraftwerke. So wie es aussieht — und wie Entwicklung und Testläufe bestätigen — revolutionieren die jungen Entwickler aktuell eine spezielle Stromerzeugung aus Wasserkraft.

Dafür hat das 2021 gegründete Unternehmen patentierte Technologien entwickelt, die schnell, sauber, nachhaltig und kostengünstig elektrischen Strom in fließenden Gewässern produzieren.

So sieht der Energyfish aus, der später in Fließgewässern eingesetzt werden soll. (Foto: Olaf E. Jahnke)

Die Anlage, der sogenannte „Energyfish“, ist etwa 3 Meter lang und wird eigentlich im Fluss verankert. Die Anlagen arbeiten in mehreren Gruppen und erzeugen so lokal und grundlastfähig Strom. Und das nicht wenig, denn ein einzelner Energyfish soll übers Jahr genügend Energie für drei Einfamilienhäuser liefern.

Die Implementierung sei unkompliziert, mit geringem Aufwand und ohne wesentlichen Natureingriff, sind sich die Entwickler sicher.

Vollkommen fischverträglich

Denn diese Stromproduktion greift nicht in das Fluss–Biotop ein und die Technologie sei vollständig fischverträglich. Das alles soll ohne Kosten für die Kommunen geschehen. Durch die Zusammenarbeit mit dem Verein der Kressbronner Segler bei erfolgreichen Testreihen und Strömungsversuchen ist es den Energyminern gelungen, die Effizienz dieser Anlagen deutlich zu steigern.

Mit dem Motorboot des Segelvereins wurden die Anlagen verschiedentlich durch den Bodensee gezogen, um unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten zu simulieren. Die dabei aufgezeichneten Messdaten unterstützen die weitere Entwicklung.

Nach einem erfolgreichen Testlauf freut sich Stefan Ring über die guten Wetterbedingungen und die gelungene und kreative Zusammenarbeit.

Baustein im regionalen Energiemix

Er geht davon aus, dass Energyminer ein wichtiger und innovativer Baustein im regionalen Energiemix der Zukunft sein könnte. Dabei sind die Ziele der jungen Forscher und Entwickler klar, wie Geschäftsführer Richard Eckl betont:

Wir möchten so viele Energyfische einsetzen, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens ein großes Kohlekraftwerk in Deutschland ersetzt werden kann.

Geschäftsführer Richard Eckl

Für die Zukunft denken die Wissenschaftler und Energiefischer vom Ammersee sogar noch weiter, denn mit ihren schwimmenden Kraftwerken, organisiert in einer Netzstruktur im Internet, wollen sie das größte virtuelle Wasserkraftwerk Europas realisieren.

„Erste Genehmigungen liegen schon vor“, sagt Eckl und verweist auf das Interesse von Kommunen und Organisationen.

Testläufe zufriedenstellend

Er und sein Mitgeschäftsführer Georg Walder zeigen sich sich zufrieden mit den Testläufen am Bodensee. Mit an Bord bei der Testfahrt sind auch Vid Jaklin und Chantel Niebuhr, die bei den Auswertungen und Messungen helfen.

„Optisch werden wir auch noch etwas nachbessern“, erläutert Niebuhr auf die Frage nach dem grünen Rohr auf der Konstruktion, „das wird umweltfreundliche Holz–Optik.“ Zu den Messungen und dem Versuchsverlauf ist sich Eckl sicher: „Neben einzelnen technischen Korrekturen hat sich einmal mehr erwiesen, dass man mit dem Energyfisch auch bei weniger Strömung ordentlich Energie ernten kann.“

Er weist darauf hin, dass man mit dem smarten Mini–Kraftwerk, das gerade mal drei Meter lang ist, auch auf schwierige Situationen wie Hochwasser reagieren könne. Dafür gebe es smarte Techniken für automatisches Tauchen oder Energieregulierung.

Die Schutzkonstruktion verhindere zudem weitgehend, dass Fischen etwas geschehe und komme auch mit Treibholz zurecht. Damit sei das Gerät, dass auch in Gruppen von mehreren Exemplaren als „Energyfish–Farm“ einsetzbar ist, eine echte technische Zukunftsalternative.

Mehr Informationen und Möglichkeiten zur Mitarbeit oder Investition findet man unter www.ernergyminer.eu.