Verkehrsplanung

Bodensee-B31: Scheitert vierspuriger Ausbau an neuem Regelwerk?

Immenstaad / Lesedauer: 5 min

Die Bundesstraße zwischen Immenstaad und Meersburg muss ausgebaut werden. Wie breit soll die Straße aber werden? Die AG Ausbau führt jetzt ein neues Regelwerk ins Feld.
Veröffentlicht:14.03.2023, 10:00

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Die Diskussion um die Dimension der künftigen B31–neu zwischen Immenstaad und Meersburg geht weiter: Die Arbeitsgemeinschaft Ausbau B31–neu (AG Ausbau) verweist jetzt in einer Pressemitteilung auf das neue Regelwerk E Klima 2022 der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV) und fordert ein Umdenken in Richtung maximal Dreispurigkeit.

Das Regierungspräsidium Tübingen beruft sich dagegen weiter auf „verbindliche“ Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA). Demnach soll die Straße vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit autobahnähnlich mit vier Spuren plus Standstreifen gebaut werden.

Die Planer vom RP Tübingen hatten sich bereits Ende 2019 für den vierspurigen Ausbau der B31 mit Standstreifen über die sogenannte B1–Trasse ausgesprochen. Die Pläne, die eine 28 Meter breite Straße bedeuten würden, wurden vom damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bestätigt. Auch im Bundesverkehrswegeplan ist die Straße im vordringlichen Bedarf so hinterlegt.

Stufe D soll ausreichen

Das neue Regelwerk E Klima 2022 enthalte „neue Vorgaben für die Planung von Verkehrsanlagen zur Erreichung von Klimaschutzzielen“ und werde von der FGSV als Stand der Technik zur Anwendung empfohlen, sagen jetzt die Sprecher der AG Ausbau, Frieder Staerke und Fritz Käser.

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Konkret verweist die AG Ausbau, die sich für einen moderaten Ausbau der B 31 unter weitgehender Nutzung der bestehenden B 31–Trasse einsetzt, darauf, dass laut des E Klima 2022–Regelwerks für den Kfz–Verkehr nur noch eine ausreichende Qualitätsstufe des Verkehrsablaufs (QSV) mit der Stufe D anzustreben sei.

Reicht zweispurige Straße?

Für die B31–neu sei vom Verkehrsgutachter bereits festgestellt worden, dass zwischen Immenstaad und Stetten mit nur drei Fahrspuren und 15,5 Meter Breite die ausreichende Qualitätsstufe D erreicht werde. „Dies gilt erst recht, wenn die für das Jahr 2035 angenommene Kfz–Verkehrsmenge auf eine mit den Klimazielen verträgliche Menge reduziert wird“, schreibt die AG Ausbau. Möglicherweise reiche dann sogar eine zweispurige kreuzungsfreie Straße aus.

Die FGSV erstellt das technische Regelwerk für das gesamte Straßen- und Verkehrswesen in Deutschland.

Regierungspräsidium Tübingen

Nach der „E Klima 2022“ der FGSV entspreche ein vierspuriger Querschnitt der B 31–neu nicht mehr dem Stand der Technik. Mit einer dreispurigen Variante spare man zudem viele Millionen Euro an Baukosten und wertvolle Natur– und Landwirtschaftsflächen ein. Sie lasse sich mit ihren engeren Kurvenradien auch leichter in die Landschaft einbinden. Dies könnte durch eine Auslegung der Trasse für eine klimaschonende, niedrigere Geschwindigkeit von maximal 100 km/h noch weiter verbessert werden.

Das RP und der Bund berufen sich laut der AG bei ihrer Wahl eines autobahnähnlichen Querschnitts von 28 Metern Breite mit vier Fahr– und zwei Standspuren hingegen nur auf deutlich ältere Richtlinien der FGSV, „die den heutigen fachlichen und rechtlichen Anforderungen zum Klimaschutz nicht gerecht werden“.

RP: 28 Meter sind verbindlich

Das RP Tübingen widerspricht dieser Argumentation. Geplant werde demnach nicht nach älterem Regelwerk, sondern nach dem verbindlichen. „Die FGSV erstellt das technische Regelwerk für das gesamte Straßen- und Verkehrswesen in Deutschland“, sagt eine Sprecherin des RP auf Anfrage.

Da es viele Fachveröffentlichungen der verschiedensten Fachbereiche innerhalb der Straßenplanung gebe, müssten diese gewichtet und oftmals gegeneinander abgewogen werden. Dies erfolge durch eine abgestufte Verbindlichkeit. „So hat beispielsweise die bei der B 31 Meersburg–Immenstaad im Bereich der Querschnittswahl heranzuziehende Richtlinie (RAA) mit dem RQ 28 einen verbindlichen Charakter, während es sich bei der E Klima lediglich um eine Empfehlung handelt“, sagt die Sprecherin weiter.

Verkehrssicherheit geht vor

Grundsätzlich wäre demnach ein geringerer Fahrbahnquerschnitt aus Gründen des geringeren Flächen– und Materialverbrauchs zwar wünschenswert, die Verkehrssicherheit für die Verkehrsteilnehmer und für das Betriebspersonal sowie die überregionale Verbindungsfunktion und die abzuwickelnde Verkehrsstärke seien im Fall der B 31 aber höher zu gewichten, sagt das RP. Ein breites Bündnis aus der Region fordert seit langem quasi als Kompromiss–Lösung zwar einen vierspurigen Ausbau der Straße, jedoch ohne Standstreifen. Dann wäre die Straße letztlich 21 Meter breit.

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Die B1–Trasse wird laut RP gerade formal als neue Ausbautrasse festgelegt. Wie die Sprecherin der SZ mitteilt, ist das nötig, weil die Vorzugsvariante B1 von der 2006 linienbestimmten Trasse abweicht. Das zuständige Fernstraßen–Bundesamt (FBA) habe Ende 2022 festgestellt, dass eine neue Linienbestimmung nach dem Fernstraßengesetz erforderlich sei.„Hierfür erarbeitet das Planungsteam des Regierungspräsidiums Tübingen derzeit die erforderlichen Unterlagen und stimmt diese mit dem FBA ab“, sagt die Sprecherin.

Im Linienbestimmungsverfahren werde der B1–Korridor formal vom Bundesverkehrsministerium unter Beteiligung der betroffenen Bundesministerien und der Öffentlichkeit festgelegt. Das heißt, es gibt irgendwann eine Offenlegung, während der Bürger Einwände vorbringen können. Die Linienbestimmung habe für Private keine Auswirkungen.

Umweltprüfung läuft noch nicht

Um das Verfahren zu beschleunigen, arbeitet das RP laut der Sprecherin bereits an der nächsten Planungsphase, der Entwurfsplanung. Die ergänzenden Untersuchungen der Fauna im Korridor der Variante B1 seien am Laufen. Für eine notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung werden demnach aktuell die Vorarbeiten gemacht. Die Prüfung an sich läuft noch nicht. „Weitere notwendige Leistungen wie die technische Planung oder die Vermessung wurden oder werden in Kürze vergeben“, sagt die Sprecherin.

Die Vergabe der landschaftspflegerischen Begleitplanung sei in Vorbereitung. In der Entwurfsplanung werde die Variante B1 in einem hohen Detailgrad ausgearbeitet. Sie bilde so die Voraussetzung für die haushaltsrechtliche Genehmigung des Vorhabens, den sogenannten Gesehenvermerk.