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Airbus schafft 130 neue Jobs am Bodensee - neuer Standortleiter benannt

Immenstaad / Lesedauer: 5 min

Europas modernster und größter Reinraum ist auch künftig gut ausgelastet. Warum das Geschäft bei Airbus so gut läuft - und wer den Standort am Bodensee künftig führt.
Veröffentlicht:11.03.2023, 05:00
Aktualisiert:11.03.2023, 10:17

Von:
  • Alexander Tutschner
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Die 2000 Airbus–Mitarbeiter am Standort Immenstaad bekommen einen neuen Chef: Der 60–jährige Andreas Lindenthal folgt als Standortleiter auf Dietmar Pilz, der Airbus im Mai verlässt und ins Direktorium der Europäischen Weltraumorganisation ESA wechselt. Pilz übergibt ein gut bestelltes Haus, das wurde am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz deutlich.

„Das Airbus–Team hat sich intensiv auf die Zukunft vorbereitet“, sagte Dietmar Pilz, der vor 36 Jahren seinen ersten Ferienjob auf dem Betriebsgelände in Immenstaad antrat. 22 Jahre war Pilz schließlich bei Airbus festangestellt, sechs Jahre lang Standortleiter. „Ich bleibe der Raumfahrtbranche erhalten“, sagte Pilz. Er übernimmt ab Mai die Aufgabe als Technischer Direktor bei der ESA.

Coronakrise gemeistert

In den vergangenen Jahren sei er auch als Krisenmanager gefragt gewesen. „Wir waren jederzeit voll handlungsfähig, mussten den Standort nie schließen und haben geliefert“, bilanzierte Pilz die Coronazeit. Allein zur Pandemie habe er an 250 Online–Meetings teilgenommen.

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Auch in der Energiekrise habe man schnell handeln müssen. „Wir haben es geschafft, den ganzen Standort vom Gas unabhängig zu machen“, sagt Pilz. Inklusive Reinraum seien alle wichtigen Bereiche so aufgestellt, dass man kurzfristig auf Öl umstellen kann.

Der scheidende Standortleiter Dietmar Pilz im Reinraum von Airbus in Immenstaad vor dem Wettersatellit Metop NG, der gerade integriert wird. (Foto: Bernhard Wrobel)

Künftig will Airbus in Immenstaad aber verstärkt auf Nachhaltigkeit setzen. Pilz nannte zum Beispiel Solarzellen für alle Dachflächen oder 50 neue E–Ladestationen.

Auch in die Gebäudeinfrastruktur will man investieren und zum Beispiel das Bodenseewasser als Wärmequelle nutzen. „Wir versuchen, die lokale Politik hier auf unsere Seite zu ziehen“, sagte Pilz. Es gehe um riesige Energieeinsparung und CO2–Verminderung.

Arbeitsplatz der Zukunft

Investieren will man in Immenstaad auch in die Büroinfrastruktur. Man wolle moderne Working–Areas schaffen, „die dem genügen, was die Mitarbeiter heute im Bereich Hochtechnologie erwarten“. Der Arbeitsplatz der Zukunft soll laut Pilz außerdem eine Outdoor–Working–Area beinhalten.

Auch eine eigene Kindertagesstätte gehöre dazu. Einen zweistelligen Millionenbetrag investiert Airbus am Standort aktuell, um den alten Reinraum für die Anforderungen von heute fit zu machen, sagte Pilz.

Der scheidende Standortleiter Dietmar Pilz im Reinraum von Airbus in Immenstaad vor dem Wettersatellit Metop NG, der gerade integriert wird. (Foto: Bernhard Wrobel)

Wichtig sei für ihn immer der Zusammenhalt der Mitarbeiter am Standort gewesen, sagte Pilz. Gerade das Zusammenführen der beiden früher eigenständigen Geschäftsbereiche Raumfahrt und Verteidigung habe ihm immer am Herzen gelegen.

„Austausch, Offenheit und Diversität waren fundamental bei der Integration“, sagte Pilz. Am Standort sei ein schlagkräftiges, internationales Team zusammengewachsen.

Blick in Europas größten und modernsten Reinraum bei Airbus in Immenstaad. (Foto: Bernhard Wrobel)

Ein weiter Schwerpunkt sei gewesen, Airbus in der Region als verlässlichen Partner und attraktiven, modernen Arbeitgeber zu verankern. Er nannte die Zusammenarbeit mit Hochschulen, Kommunen und den anderen großen Firmen.

Der Fokus müsse dabei immer auf die Zukunft ausgerichtet sein. „Wir wollen der führende deutsche Standort für die Realisierung komplexer Kundensysteme bleiben.“

Zentrum von Verteidigungsprojekt

130 neue hochqualifizierte Arbeitsplätze sollen jetzt entstehen am Bodensee–Airbus–Standort. Das liegt unter anderem daran, dass Airbus im Dezember den Auftrag zur Entwicklung des europäischen Luftverteidigungssystem Future Combat Air System (FCAS) bekommen hat. Deutschland, Frankreich und Spanien arbeiten hier zusammen.

Der Wettersatellit Metop NG wird gerade bei Airbus im Reinraum in Immenstaad integriert. (Foto: Bernhard Wrobel)

Die Zentrale des wegweisenden Verteidigungsprojekts, bei dem verschiedene Teile der Streitkräfte digital über eine Cloud vernetzt werden, ist in Immenstaad. Dafür soll am Standort ein eigens Defence–Center eingerichtet werden.

Mögliche ISS–Nachfolge

Für die „Eurodrone“, die von Airbus federführend entwickelt und gebaut wird, kommen laut Pilz wichtige Komponenten vom Bodensee. Auch die Beteiligung von Airbus an der von dem amerikanischen Unternehmen Voyager Space privat finanzierten Raumstation Starlab als mögliche Nachfolge der ISS ist für den Standort wichtig. Genauso wie die Erdbeobachtungssatelliten aus dem europäischen Copernicus–Programm.

Die Klimasatelliten Sentinel 2C, 2D und 6B sind fertiggestellt und befinden sich im Airbus-Reinraum im Winterschlaf. Bis sie ins All geschossen werden, können noch Jahre vergehen. (Foto: Bernhard Wrobel)

Europas größter und modernster Reinraum in Immenstaad wird demnach auch in Zukunft gut ausgelastet sein. Mit den Erdbeobachtungssatelliten Sentinel 2C, 2D und 6B werden hier gerade drei komplett fertiggestellte Copernicus–Satelliten eingelagert. Sie sind sozusagen im Winterschlaf und warten auf ihren Einsatz im Weltall. Dass die ESA ihr Raumfahrtbudget erhöht hat, lässt laut Pilz auf weitere Aufträge hoffen.

Airbus–Urgestein leitet Standort

Auch Andreas Lindenthal kann auf eine lange Airbus–Tradition verweisen. Der Ingenieur aus dem Bereich Luft– und Raumfahrttechnik begann 1987 in Immenstaad, arbeitete in verschiedenen Funktionen an verschiedenen Airbus–Standorten in Jena, Toulouse und Ottobrunn.

Andreas Lindenthal wird der neue Standortleiter von Airbus in Immenstaad. (Foto: Berhard Wrobel)

Rund fünf Jahre war Lindenthal dann in der Geschäftsführung von OHB und leitete das operative Geschäft bei dem Luft– und Raumfahrtkonzern. Im Dezember 2019 kehrte er zurück zu Airbus als Head of Space Systems Business Operations & Products und Head of Space Systems Gemany.

Europaweit ist er dabei schon jetzt für rund 2500 Mitarbeiter an zehn Standorten in fünf Ländern verantwortlich. Er übernimmt die Standortleitung in Immenstaad zusätzlich und berichtet weiter direkt an den Spacesystem–Chef Jean–Marc Nasr.

Lindenthal hat sein Büro in Immenstaad, lebt aber privat am Wörthsee. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Neben Beruf und Familie sind für ihn Reisen und Golfspielen wichtig.

„Ich bin zu 100 Prozent Raumfahrer“, sagte Lindenthal. In die militärischen Bereiche muss er sich einarbeiten. Helfen werde ihm hier die Tatsache, dass auch in der Verteidigung die Raumfahrt eine immer größere Rolle spiele. Egal um welchen Bereich es geht, „ich glaube, der Standort und seine Mitarbeiter sind hervorragend gewappnet.“