Paten gesucht

ZFler startet Spendenaktion für junge Erdbebenopfer in der Türkei

Friedrichshafen/Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Zerrissene Familien, zerstörte Existenzen: Das Erdbeben in der Türkei hat Spuren hinterlassen. Das Alevitische Bildungswerk Ravensburg will helfen - und bittet um Unterstützung.
Veröffentlicht:19.09.2023, 04:59

Von:
  • Stefanie Czuday
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Hasan Ögütcü, ZF–Mitarbeiter und Mitglied des Vereins Alevitische Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg, ist von der Nachricht über das schwere Erdbeben im türkisch–syrischen Grenzgebiet mit mehr als 50.000 Toten schwer erschüttert worden. Auch mehr als ein halbes Jahr später kämpfen Millionen von Menschen mit den Folgen der Naturkatastrophe.

„Als ich dieses unbeschreibliche Leid gesehen habe, konnte ich nachts nicht mehr schlafen“, erzählt Hasan Ögütcü. Sein Verein veranstaltet in Deutschland wissenschaftliche Symposien, koordinierte beim Bundesprojekt „Demokratie Leben“ als Fachstelle im Bodenseekreis bereits mehr als 50 Projekte. Nun möchten die Vereinsmitglieder die Erdbebenopfer in der Türkei unterstützen. Dafür sind sie auf Spenden angewiesen.

Die Folgen des schweren Erdbebens in der Türkei Anfang des Jahres begegnen den Menschen in der Provinz Hatay alltäglich. Viele Schäden sind noch nicht beseitigt worden. (Foto: Alevitisches Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg )

„In der türkischen Provinz Hatay sind noch immer 312.000 Häuser unbewohnbar. Lediglich 200.000 Häuser wurden vom Schutt befreit“, sagt Hasan Ögütcü. Die Menschen lebten seither in Zelt– oder Containerlagern. „Bei dieser Anzahl an kaputten Häusern und dem aktuellen Tempo der Aufräumarbeiten dauert es noch mindestens zehn Jahre, bis die Menschen wieder in ihre Häuser einziehen können“, ist er sich sicher.

Der ZFler Hasan Ögütcü setzt sich mit seinem Verein Alevitisches Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg für junge Erdbebenopfer in der türkischen Provinz Hatay ein. Dazu vermittelt er Patenschaften nach Deutschland. (Foto: Hasan Ögütcü)

Verein „ZF hilft“ spendet große Summe für Bau eines Kindergarten–Containers

„Die Menschen dort sind teilweise sehr unzufrieden, was das Thema Schnelligkeit angeht“, verrät der ZF–Mitarbeiter. Und dann gebe es da noch die finanzielle Lage in der Türkei. Hasan Ögütcü ist überzeugt: „Ohne Spenden von außen würden die Leute noch viel länger in ihren Zelten leben.“

Mittlerweile sammelt das Alevitische Bildungswerk Ravensburg Geldspenden. Diese können direkt an die notdürftigen Personen überwiesen werden — ohne dass Menschen von außen eingreifen, sagt Hasan Ögütcü.

In diesem Container sollen Kinder, die von den Folgen des Erdbebens betroffen sind, künftig wieder einen Platz zum gemeinsamen Spielen haben. (Foto: Alevitisches Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg )

Der Verein „ZF hilft“ hat sich bereits an einer Spendenaktion beteiligt — und eine Summe von 11.704 Euro für die Erdbebenhilfe an das Alevitische Bildungswerk übergeben. Mittels dieser finanziellen Unterstützung konnte ein Wohncontainer in Auftrag gegeben werden, der künftig als Kindergarten für vom Erdbeben betroffene Kinder dienen soll.

Kinderfreundliche Gestaltung

„Bevor wir den Container bauen ließen, hatten sie keine Chance, in einem Gebäude zusammenzukommen“, erklärt Hasan Ögütcü. Bilder vom Fortschritt des Containerbaus lässt er sich täglich über das Handy zuschicken. Türen und Fenster sind mittlerweile eingebaut, der Innenbereich ist fertiggestellt, eine Klimaanlage montiert. Nun muss der neue Kindergarten nur noch kinderfreundlich gestaltet werden.

Der Innenbereich des Containers ist fertig. Nächster Schritt: Eine kinderfreundliche Gestaltung. (Foto: Alevitisches Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg )

„Schon in der Antike gab es in dieser Region Erdbeben, in denen ganze Städte verschwunden sind. Man hätte die Bevölkerung sensibilisieren und sicherer bauen müssen“, sagt Hasan Ögütcü. Diese Versäumnisse kosteten unzähligen Menschen das Leben. „Zwei Studentinnen und ihr achtjähriger Bruder haben beide Eltern durch das Erdbeben verloren. Eines der Mädchen war drei Tage lang unter den Trümmern begraben, bevor sie gefunden wurde“, erzählt er.

Verein hilft Studenten in Not — und sucht Paten

Neben der psychischen und emotionalen Belastung kämen Existenzängste hinzu, da die Studentinnen ihren Lebensunterhalt nicht allein stemmen können. Kein Einzelfall, weiß Ögütcü. Sein Verein bittet auch um Spenden für Studentinnen und Studenten, um deren Ausbildung für die Dauer eines weiteren Jahres sicherstellen zu können.

Viele Menschen sind noch immer obdachlos, leben in Zelten oder in Containerlagern. Darunter sind auch Studenten, die ihre Familien verloren haben und sich ihre Ausbildung nun nicht mehr leisten können. (Foto: Alevitisches Bildungswerk Sah Ibrahim Veli Ravensburg )

Dafür vermittelt der Verein Patenschaften. 123 Studenten hätten bereits durch 51 Einzelpersonen, aber auch durch den Verein selbst mit insgesamt 72.600 Euro unterstützt werden können. Interessierten lässt Ögütcü eine Liste mit Namen und Schicksalen der jeweiligen Studenten zukommen. Der potenzielle Pate sucht sich aus, wen er unterstützen möchte.

Wer sich für eine „volle Patenschaft“ entscheidet, unterstützt sein Patenkind mit 600 Euro. Kleinere Spenden seien ebenfalls hilfreich. „Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass die Studenten das Geld nur für das eigene Überleben, die Miete und das Studium ausgeben“, sagt er. Und: „Wir garantieren, dass jeder gespendete Cent auch bei den Studenten ankommt.“

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