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ZF wirbt in Rumänien mit Rennfahrer Nick Heidfeld um Ingenieure für E-Mobilität

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Bedarf an Software-Ingenieuren für E-Mobilität wächst auch am ZF-Standort im rumänischen Temeswar stetig
Veröffentlicht:28.09.2022, 12:00

Von:
  • Schwäbische.de
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Die ZF Friedrichshafen AG beschreitet ungewöhnliche Wege auf der Suche nach Software-Ingenieuren, die für die Entwicklung der Elektromobilität dringend gebraucht werden: Im westrumänischen Temeswar ließ der Konzern das Formel-E-Rennauto des indischen Rennstalls Mahindra auffahren – mit dem ehemaligen Formel-1-Piloten Nick Heidfeld am Steuer. Zahlreiche Komponenten von ZF sind in dem Rennwagen verbaut.

Knallrot, wie eine Rakete auf Rädern. Oder eben wie ein Formel-1-Cockpit. Statt dem ohrenbetäubenden Dröhnen des Motors dringt ein Geräusch ans Ohr der vielen Zuschauerinnen und Zuschauer, das eher an eine Kreissäge denn an einen Rennwagen erinnert. Das Auto fährt elektrisch, hat aber dennoch ordentlich Wumms: Beschleunigen, bremsen, auf der Stelle treten, quietschende Reifen – am Schluss klatscht das Publikum ordentlich Applaus.

Beim ersten Mal war’s total ungewohnt.

Nick Heidfeld

Ein Mann steigt aus dem Fahrzeug, den viele kennen: Nick Heidfeld, Ex-Formel-1-Pilot und nun Fahrer des Formel-E-Boliden des indischen Rennstalls Mahindra. „Beim ersten Mal war’s total ungewohnt“, sagt der Rennprofi. Statt Motorengeräusche habe er erst mal nur die Windgeräusche gehört. Doch nun, in der Formel E, fehle ihm das Dröhnen des Motors nicht mehr – im Gegenteil: „Das Spannende ist, dass man die Bremsen hört, das Getriebe, die Reifen – und darüber zusätzliche Informationen über das Auto bekommt.“

Faltblätter gehen weg wie nichts

Ort des Geschehens ist der Boulevard Vasile Paravan vor der technischen Universität in der westrumänischen Großstadt Temeswar. Überall zu sehen: Fahnen mit zwei Buchstaben darauf: ZF. Was das bedeutet, erfahren viele der rumänischen Studierenden erst auf Nachfrage an einem der Informationsstände: ZF, wird ihnen dort beschieden, stehe für den derzeit zweitgrößten Auto-Zulieferkonzern Deutschlands. Friedrichshafen, den Konzernstandort, kennen die wenigsten. In Temeswar unterhalte ZF allerdings nicht nur ein großes Werk, sondern seit geraumer Zeit auch ein modernes Entwicklungszentrum. Faltblätter über Karrierechancen gehen am Informationsstand weg wie nichts.

„Unser Ziel ist natürlich, die Studierenden zu begeistern mit so einem emotionalen Thema wie dem Motorsport. Dabei sollen sie sich auch für ZF interessieren,“ erklärt Moritz Nöding, bei ZF für das Thema Rennsport zuständig. Dirk Walliser, Leiter der ZF-Konzernforschung, legt nach: Man wolle junge High-Tech-Experten mit dem Elektro-Flitzer auf den Geschmack bringen, bei der Entwicklung „neuer Technologien an vorderster technologischer Front“ dabei zu sein. So sei in dem Mahindra-Renner einiges an High-Tech aus dem Hause ZF verbaut: „Von uns stammen die Fahrwerkkomponenten, der gesamte Antrieb und die Antriebssoftware,“ ergänzt Otmar Scharrer , im Konzern für die neue Welt der Elektromobilität zuständig.

Gründung von Entwicklungszentren in Rumänien

Junge, motivierte High-Tech-Experten zu finden, ist in Deutschland nicht einfach – und in Westrumänien mittlerweile auch nicht mehr. Continental, Bosch, Mahle, Hella – Peter Hochmuth, Vorsitzender des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs im westrumänischen Banat, muss nicht lange überlegen, wenn er nach den Niederlassungen deutscher High-Tech-Konzerne im Großraum Temeswar gefragt wird. „Und natürlich“, sagt Hochmuth, „suchen sie alle nach Fachkräften – gut ausgebildet natürlich.“ Denn, so Hochmuth, das Interesse deutscher Investoren, die nach Rumänien kommen, habe sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt: Waren die rumänischen Niederlassungen früher so etwas wie die „verlängerte Werkbank“ mit niedrigen Löhnen, so betreiben die Unternehmen heute in Rumänien moderne Entwicklungszentren. Von einem Wettbewerb der Investoren um die besten und klügsten Köpfe könne man durchaus reden, weiß Hochmuth, wenn auch dieser Wettbewerb „Gentleman-like“ und fair ausgetragen werde.

Hoher Ingenieur-Bedarf für die Elektromobilität

Dass ZF dabei gleich ein ganzes Formel-E-Auto einfliegen lässt, deutet daraufhin, dass der Konzern immer größere Anstrengungen unternehmen muss, um auf sich – und die Karrierechancen – aufmerksam zu machen. Denn in dem Maße, wie die Elektromobilität an Fahrt aufnimmt, wächst auch der Bedarf nach talentiertem High-Tech-Nachwuchs: „Im kommenden Jahr brauchen wir mindestens 500 zusätzliche Software-Ingenieure alleine für die Elektromobilität,“ so ZF-Manager Otmar Scharrer – ganz abgesehen von all den anderen Zukunftsaufgaben wie autonomes Fahren und Digitalisierung der Fahrzeuge.

Ziehe man diese Aufgabe in Betracht, sei der Ingenieurbedarf konzernweit noch deutlich höher. Im Entwicklungszentrum am westrumänischen ZF-Standort Temeswar ist langfristig gar eine Verdopplung des Entwicklungspotenzials angedacht: Dort tüfteln derzeit 400 Fachleute unter anderem an kniffligen Fragen der e-Mobilität.