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Rasante Lesung überrascht und fordert

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Christian Uetz präsentiert „Es passierte“ – Anschließend Diskussio
Veröffentlicht:20.11.2017, 15:26

Von:
  • Schwäbische.de
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Der Kiesel hat am vergangenen Samstag zu einer Lesung und Performance der besonderen Art eingeladen. Mit Christian Uetz ist ein Künstler zu Gast gewesen der nicht nur selbst mit viel Energie auftrat, sondern diese auch vom Zuschauer forderte.

Jan Söffner, Literaturwissenschaftler von der Zeppelin Universität , war der Initiator des Abends. In der Einstimmung aufs den Abendließ Söffner dem Künstler keinen Raum für Bescheidenheit. Wer Uetz nicht kenne, so Söffner, habe „ein verschlonztes, wenn nicht verschwendetes Leben.“ Bei Uetz selbst war sofort offensichtlich, dass er über eine enorme Bühnenpräsenz verfügt. Von Anfang an nahm er die Aufmerksamkeit der Zuschauer in Besitz als er mit einem Wahnsinnstempo und einer ebensolchen Energie loslegte.

Um sein Buch „Es passierte“ ging es im ersten Teil des Abends. Die Geschichte dreht sich um die äußerst ungewöhnliche Liebesbeziehung von Damian, der Hauptfigur, und Liv. Sie lebt in Weimar, er in Zürich und sie führen eine offene Beziehung. Das könnte für viele Romane die Grundlage sein, aber bei Uetz denken und handeln die Figuren in einer enorm philosophischen Herangehensweise. Als Damian sich eventuell mit Aids infiziert, bedeutet das für ihn die höchste Freiheit, da er nun ja vielleicht nicht mehr lange zu leben hat und sich um nichts mehr kümmern muss. Aber dann werden die Personen immer wieder von der Wirklichkeit überrollt, die sich eben nicht so einfach planen lässt, wie philosophische Hirnakrobatik.

Aus dem Werk las der Autor einige Abschnitte vor, zwischen denen er eine Art freien Vortrag hielt, der zwar den Inhalt des Buches zum Thema hatte, aber weit darüber hinaus ging. Der studierte Philosoph sprach über die philosophischen und religiösen Gesichtspunkte die sich aus dem Roman ergaben durchgehend mit gewaltiger Geschwindigkeit, voller Kraft und Intensität und ohne die kleinste Pause um zu überlegen. Das ist auf jeden Fall etwas, was ihn von den üblichen Lesungen für Erwachsene weit abhebt, die gewöhnlich mindestens ruhig gehalten werden, besonders wenn der Autor selbst liest.

Zuhörern wird viel abverlangt

Diese mitreißende Geschwindigkeit und Intensität hielt der Autor fast eine Dreiviertelstunde durch. Auch die Lesungen aus dem Buch waren noch sehr flott, im Vergleich zu dem freien Vortrag jedoch geradezu ruhig. Das war vom Zuhörer über die Länge der Zeit aber sehr viel verlangt.

Dass er aber auch in der Lage ist langsamer und ruhiger eine starke Darbietung zu geben, zeigte sich, als seine Gedichte an die Reihe kamen. Auch diese trug er auswendig vor, diesmal meistens ohne die hohe Geschwindigkeit, aber mit nicht weniger Intensität.

Da der Künstler den Abend nicht zu lange halten wollte, war der lyrische Teil schon nach einer Viertelstunde vorüber und er nahm neben Jan Söffner auf der Bühne hinter zwei Tischen Platz um die Diskussionsrunde zu beginnen, an der sich auch das Publikum beteiligen durfte.