Endgültiger Standort steht fest

Nach langem politischem Streit: „Lernort Landshut“ kommt in die Halle Q

Friedrichshafen / Lesedauer: 5 min

Das Wrack der Entführungsmaschine wird in einer ehemaligen Flugzeugwerft ausgestellt. Das sagen der Besitzer des Hangars und der Unterstützerkreis dazu.
Veröffentlicht:07.08.2023, 19:00

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Seit Montag steht offiziell fest, wo die „Landshut“, die seit 2017 teilweise zerlegt in einem Hangar des Flughafens steht, dauerhaft unterkommen wird: in der „Halle Q“, einer ehemaligen Flugzeugwerft, direkt am Rollfeld des Bodensee–Airports und in unmittelbarer Nachbarschaft zur Spacetech–Arena, wie die Halle der Profivolleyballer des VfB Friedrichshafen seit kurzem heißt. Vergangene Woche wurde der entsprechende Mietvertrag unterzeichnet.

Im Rahmen eines so genannten Erkundungsverfahrens hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die aus der „Landshut“ einen „Lernort“ machen soll, mehrere Objekte und Grundstücke in Friedrichshafen geprüft. Zunächst gab es auch Überlegungen, das Projekt in der Innenstadt anzusiedeln.

Kein Platz in der Innenstadt

Dies ließ sich aber offenbar nicht realisieren. Für ein Gelände beim Flughafen sprechen sicher nicht nur thematische, sondern vor allem auch praktische Aspekte. Ein weiterer Transport der flugunfähigen Maschine hätte enorme Kosten verursacht.

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, schaut sich den Zustand der Passagiermaschine Landshut an, die in einem Hangar am Bodensee Airport in Friedrichshafen steht. (Foto: lix)

Im Juli hatte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Informationen über einen Lernort–Standort nahe des Flughafens bestätigt. Vergangene Woche unterzeichneten nun laut einer Pressemitteilung die BImA und die Firma Air Plus Maintenance GmbH den Mietvertrag für die „Halle Q“. Der Umsetzung des „Lernortes Landshut“ durch die Bundeszentrale und einer Eröffnung des Projektes im Jahr 2026 steht nun offenbar nichts mehr im Wege.

Auf dem Flug nach Frankfurt

Die unendliche Geschichte des Wracks der „Landshut“ scheint so doch noch zu einem guten Abschluss zu kommen. Die Lufthansa–Boeing 737 war im Herbst 1977 von linken Terroristen auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt entführt worden.

Ziel der Aktion: die Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen der „Rote Armee Fraktion“. Die Bundesregierung blieb aber kompromisslos und ließ sich nicht erpressen.

Symbol der wehrhaften Demokratie

In Aden erschossen die Terroristen Jürgen Schumann, den Piloten der „Landshut“. In Mogadischu schließlich stürmte die Spezialeinheit GSG 9 die Maschine, tötete drei der vier Entführer und befreite alle Geiseln körperlich weitgehend unversehrt. Die „Landshut“ gilt seitdem als Symbol der wehrhaften Demokratie.

Soll bald in die „Halle Q“ umziehen: die „Landshut“. (Foto: ak)

Die Boeing 737 war nach der Entführung noch viele Jahre im Einsatz, zunächst weiter für die Lufthansa, danach für weitere Fluggesellschaften, zuletzt als Frachtmaschine. Danach stand sie schrottreif auf einem Flugzeugfriedhof in Brasilien.

Sigmar Gabriel greift Idee auf

2017 griff der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Idee auf, die vor allem der Journalist und Historiker Martin Rupps vorangetrieben hatte: die Umwandlung des Wracks in ein Museum. Der Politiker sorgte dafür, dass die Maschine nach Deutschland gebracht wurde.

Sie landete mit abmontierten Tragflächen im Bauch eines riesigen Transportflugzeugs vom Typ Antonow 124 im September 2017 — beobachtet von tausenden Besuchern und zahlreichen Pressevertretern — in Friedrichshafen, weil zunächst geplant war, das Museum ans Dornier Museum anzugliedern.

Wrack steht im Hangar

Der Plan schlug später fehl, die „Landshut“ wurde zum Spielball widerstrebender politischer Interessen. Das Wrack stand derweil in einem Flugzeughangar.

Im Jahr 2020 nutzte der Biberacher Bundestagsabgeordnete Martin Gerster (SPD) seine Kontakte im Haushaltsausschuss, um das Projekt „Landshut“ per Parlamentsbeschluss der Bundeszentrale für politische Bildung zu übertragen und es dauerhaft in Friedrichshafen anzusiedeln.

Direkt neben den Volleyballern

Ort des Geschehens wird nun die „Halle Q“, direkt neben dem Domizil der Volleyballer gelegen. Der Hangar ist eine ehemalige Flugzeugwerft und steht direkt am Rollfeld des Flughafens. Wegen der Nähe zum Bodensee–Airport ist er mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen.

Die „Landshut“: Im Moment steht sie in einem Hangar am Bodensee Airport in Friedrichshafen. (Foto: lix)

„Um den Anforderungen für einen zeitgemäßen und teilhabeorientierten Lernort gerecht zu werden, folgen nun umfangreiche Umbaumaßnahmen“, schreibt die bpb. Was genau umgebaut wird und wann die Arbeiten beginnen sollen, verrät sie bislang nicht. Wie angekündigt, soll der „Lernort Landshut“ im Jahr 2026 eröffnet werden. Der Auf– und Ausbau soll laut bpb möglichst transparent erfolgen, der Zugang zum Wrack schon vorher ermöglicht werden.

„Schöne Sache für den Standort Friedrichshafen“

Bei der Eigentümerin der Halle, dem Unternehmen Air Plus Maintenance GmbH, ist man glücklich, der „Landshut“ zur neuen Heimat verholfen zu haben. „Ich freue mich, dass das Projekt weitergeht. Das ist eine schöne Sache für den Standort Friedrichshafen“, sagt Geschäftsführer Laurent Gautier.

Laut Gautier stand die Halle bereits seit April 2022 leer. Air Plus Maintenance GmbH sei ein Firmenverbund aus sechs Standorten mit unterschiedlichen Aufgaben. Den Bereich in Friedrichshafen habe man verändert, Hauptaufgabe sei inzwischen der Handel mit Teilen. Dadurch fanden vor Ort in der „Halle Q“ keine Aktivitäten mehr statt, wie Gautier berichtet. Deshalb stand das Gebäude seither zur Vermietung oder zum Verkauf.

„Eine hervorragende Immobilie“

Auch der „Unabhängige Unterstützerkreis für einen Lernort der deutschen Demokratie in Friedrichshafen“ ist mit der Standortentscheidung zufrieden. „Wir sind froh, dass mit der Unterzeichnung des Mietvertrags deutlich wird: Der ,Lernort Landshut’ ist in Friedrichshafen eindeutig festgelegt.“ Die Halle ,Q’ sei „eine hervorragende Immobilie, um zum einen die Landshut zeigen zu können, aber vor allem auch um den vielen Besucherinnen und Besuchern einen Lernort zu bieten, für die konstruktive Auseinandersetzung mit einer wehrhaften Demokratie“.

Bleibt zu wünschen, dass in der Region die Einmaligkeit dieses Lernorts verstanden wird.

Norbert Zeller

Gerade die „jüngsten Entwicklungen in Deutschland und weltweit, der zunehmende Rechtsradikalismus, die Gefährdung unseres friedlichen Zusammenlebens durch Despoten und Diktatoren“ machten deutlich, „wie wichtig es ist, sich mit dem Erhalt unserer Demokratie zu befassen“, schreibt Norbert Zeller, SPD–Fraktionsvorsitzender im Kreistag, der den Unterstützerkreis gemeinsam mit Ex–Landrat Lothar Wölfle (CDU) leitet.

„Bleibt zu wünschen, dass in der Region die Einmaligkeit dieses Lernorts verstanden wird“, ergänzt der SPD–Politiker.


Weitere Infos unter www.bpb.de/lernort-landshut