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Nähkästchen

Markus Kavka liest über Depeche Mode und plaudert aus dem persönlichen Nähkästchen

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Markus Kavka liest über Depeche Mode und plaudert aus dem persönlichen Nähkästchen
Veröffentlicht:08.11.2022, 10:00

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Der Musikjournalist Markus Kavka hat am Samstag im Kulturhaus Caserne aus seinem Buch über Depeche Mode gelesen. Wobei er mehr plauderte, als dass er las. Auflockernd und kurzweilig wurden seine Erzählungen mit Videoausschnitten oder Fotos optisch untermalt.

Die Songs der englischen Band seien der Soundtrack seines Lebens, und er habe sich auch Frisur- und Kleidungstechnisch in jungen Jahren stark beeinflussen lassen, verrät Markus Kavka. Um das Publikum mit ins Jahr 1981 zu nehmen, zeigt Kavka das Video zum Song „Just can’t get enough“ und konstatiert mit dem zustimmenden Publikum, dass es erstaunlich sei, wie ein ernst gemeintes Video von damals heute doch für Lacher sorge. „Die Jungs wirken auf mich wie eine Teenieband, die gerade aus dem Kit Kat Club gestolpert ist. Sie waren damals so jung. Ich auch, und ich wollte auch so aussehen wie Martin Gore oder Dave Gahan.“

Das Dauerwellen-Desaster

Mit einem Foto aus der Bravo als Vorlage wandte sich Kavka vertrauensvoll an seinen Onkel Hans, der Frisör war. Dieser wiederum schlug aufgrund der feinen Haare vor, erst einmal Dauerwellen zu machen, dann auf sieben Zentimeter zu schneiden und schließlich die Spitzen zu blondieren, wobei es dem Onkel bei letzterem an Routine mangelte. Es wurde ein Desaster. „Ich sah aus, als hätte eine Katze auf meinem Kopf Junge bekommen und danach ein Marabu drauf geschissen. Ich lief die nächsten Tage nur mit Mütze herum“, so Kavka. Nun galt es, die nächste optische Veränderung, weg von den Bundfaltenhosen mit Hosenträgern, hin zum Gothik-Outfit vorzunehmen. Das ließ sich nicht im kleinen bayerischen Manching sondern nur in der großen weiten Welt, also in München, besorgen. Kavkas Lieblingssongs waren damals „See you“ und „Sound of Silence“.

Der Angebeteten den Zahn ausgeschlagen

Die Szenen wechseln. Kavka erzählt vom Interview mit Bandmitglied Alan Wilder auf dessen Anwesen in England. „Ein Haus mit 20 Zimmern und das Grundstück so groß wie mehrere Golfplätze.“ Man erfährt aber auch von Kavkas Schwierigkeiten mit dem Linksverkehr beziehungsweise mit dem Lenkrad auf der rechten Seite – und dass er in der Einfahrt einen großen Stein rammte und der Aufnahmeleiter während des Interviews den Reifen wechseln musste.

Heißes Wachs auf der Brust und Depeche Mode im Ohr

Auch das Liebesleben kommt in Kavkas Erzählungen nicht zu kurz. So berichtet er von einem wahren Desaster auf dem Rummelplatz, als er als Teenie beim Annäherungsversuch einer gewissen Sabine beim Auto-Scooter-Crash versehentlich einen Zahn ausschlug. Kavka erzählt auch davon, dass man’s als jugendlicher Goth auf dem Land nicht leicht hatte, eine gleichgesinnte Partnerin zu finden. Er landete schließlich bei der drei Jahre älteren Petra, die ihn nicht nur mit dem eigenen Auto von der Schule abholte, sondern auch mit Handschellen ans Bett fesselte, um ihm dann heißes Wachs auf die Brust zu tröpfeln. Auch dabei wurde immer Depeche Mode gehört.

Auch Fan-Reaktionen bezieht Kavka in sein Programm ein. Nach dem Tod von Bandmitglied Andrew Fletcher im Frühjahr diesen Jahres hätten sich Fans gegenseitig Trost gespendet. Wildfremde Leute sprachen Kavka auf der Straße an und erkundigten sich nach seinem Befinden. Das habe ihn sehr berührt.

Um 18 Ecken verwandt mit Franz Kafka

Die Besucher der Lesung erfahren viel über die Bandmitglieder, ebenso viel aber auch über Markus Kavka, der zum Stolz seiner Mutter übrigens über 18 Ecken mit Franz Kafka verwandt ist. Seine Abschweifungen vom eigentlichen Buchinhalt werden zum Roten Faden, der sich humorvoll durch den Abend zieht. Eine Autorenlesung, bei der nicht das Lesen im Mittelpunkt steht, sondern der Autor selbstkritisch und ironisch Einblicke in seine Lebensverhältnisse in jungen Jahren und das traditionelle Leben auf dem bayerischen Land gewährt. Ein Abend, bei dem auch Anwesende, die nicht ausgewiesene Depeche-Mode-Fans sind, voll auf ihre Kosten kommen. Und wer weiß, vielleicht wird Markus Kavka nächstes Jahr bei Rock am Ring ja im Vorprogramm von Depeche Mode aus seinem Buch lesen. Davon zu träumen ist erlaubt.