StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafenLokalpatriotismus, öffentliches Interesse und die Frage, wie man Uferfeste richtig zählt

Lokalpatriotismus

Lokalpatriotismus, öffentliches Interesse und die Frage, wie man Uferfeste richtig zählt

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Die Rubrik „Aufgespießt“ dreht sich heute vor allem um den Leitstellen-Streit. Eine Promihochzeit und ein Fest in einem kleineren Ort nahe Friedrichshafen spielen aber auch eine Rolle.
Veröffentlicht:30.07.2022, 08:00

Artikel teilen:

Der Streit um die Integrierte Leitstelle Bodensee-Oberschwaben (ILS) ist diese Woche eskaliert. Hinter den Kulissen schwelt das Thema seit Jahren. Und es könnte der Öffentlichkeit und damit den Spießgesellen herzlich egal sein. Denn wie die Kosten genau aufgeteilt werden zwischen Kreisen und Krankenkassen, 45 zu 55 oder 40 zu 60, spielt für die Bevölkerung keine Rolle. Genauso wenig, ob ein Notrufsachbearbeiter in Friedrichshafen oder im Landkreis Ravensburg sitzt. Wichtig ist, dass die Feuerwehr kommt, wenn man 112 anruft. Lebenswichtig gelegentlich.

Genau das aber stellt Landrat Lothar Wölfle zumindest teilweise infrage. Er sagt, dass durch die verringerte Besetzung der Leitstelle in Friedrichshafen die Alarmierung nicht bestmöglich funktioniert. Er führt 18 problematische Fälle an, nennt konkrete Beispiele. Das wiederum ist sehr relevant für die Öffentlichkeit. Das DRK wird sicher detailliert antworten. Der Streit geht weiter.

Fakt ist, dass Wölfle und der Kreistag auf eine vollfunktionsfähige Leitstelle in Friedrichshafen bestehen. Mit eigenem Personal will man wieder Zugriff auf das Geschäft bekommen. Die Gründe dafür sind seit Jahr und Tag die gleichen: die besondere Situation im Kreis, vom See bis zum Flughafen, und das Thema Redundanz. Selbst wenn es aus organisatorischen/operativen Gründen egal wäre, wo Calltaker und Disponenten sitzen, sollte man diesen Wunsch des Bodenseekreises seitens des DRK endlich akzeptieren. Der Kreis muss dann aber die (Mehr-)kosten tragen.

Sicher spielt in der Sache Lokalpatriotismus eine Rolle. Man könnte auch sagen: Befindlichkeiten. Der Rettungshubschrauber Christoph 45 ist kurz vor der Verlegung nach Bavendorf. Das Klinikum soll laut Sozialminister Lucha künftig eher eine kleinere Rolle spielen. Und jetzt ist auch noch die Leitstelle zum Anhängsel innerhalb der ILS geworden. Das wollen die Kreisräte und Wölfle offenbar nicht mehr akzeptieren. Man darf sicher sein, dass Wölfle dem DRK künftig jeden Fehler unter die Nase reiben wird, bis die Leitstelle in Friedrichshafen wieder vollwertig betrieben wird.

Da gingen die Wogen in den sozialen Netzwerken hoch, als wir über die Hochzeit von ZF-Betriebsrat Achim Dietrich und IG Metallerin Helene Sommer berichtet haben. Was das die Zeitung interessiert? Nun, wenn der oberste Arbeitnehmervertreter des größten Arbeitgebers weit und breit und die Chefin der wichtigsten Gewerkschaft heiraten, ist das von öffentlichem Interesse. Oder haben Sie es nicht gelesen?

Langenargen hat am Freitag das 47. Uferfest eröffnet, juhu! Aber momentchen mal, da stimmt doch was nicht. Die Premiere fand 1976 statt, in den vergangenen beiden Jahren ist die Supersause wegen Corona ausgefallen, macht zusammen 45 Uferfeste. Die Erklärung: Die Gemeinde hat einfach weitergezählt. Friedrichshafen war exakter: kein Seehasenfest, kein Jahr dazu. Die Spießgesellen vermuten, die Langenargener könnten folgende Überlegung angestellt haben: Wenn Menschen ihren Geburtstag nicht feiern, werden sie ja trotzdem älter. Diese Logik muss gefeiert werden, und zwar noch bis Montag auf dem 47. Uferfest.