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Landschaftsbild gestört

Flächensolar am Bodenseeufer nicht mehr erlaubt

Bodenseekreis / Lesedauer: 5 min

Der neue Regionalplan sorgt für Probleme. Am Bodenseeufer sind jetzt im Prinzip keine Freiflächen-Solaranlagen mehr möglich. Warum sich das aber bald wieder ändern soll. 
Veröffentlicht:22.09.2023, 05:00

Von:
  • Alexander Tutschner
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Kaum ist der neue Regionalplan genehmigt, schon ist ein Problem aufgetaucht: Im Abstand von drei Kilometern zum Bodenseeufer sind jetzt keine Freiflächensolaranlagen (FFS) mehr erlaubt, weil sie das Landschaftsbild beeinträchtigen könnten.

Betroffen davon sind Landwirte und alle, die auf Flächen und Feldern solche Photovoltaik-Anlagen in Seenähe aufstellen möchten. Verbandsdirektor Wolfgang Heine will jedoch mit dem Teilregionalplan Erneuerbare Energien, der gerade erstellt wird, schon bald für Abhilfe sorgen.

Landschaft von herausragender Schönheit

Grundsätzlich sind FFS nach dem neuen Regionalplan zwar möglich. Nicht aber, wenn „beste landwirtschaftliche Böden oder Landschaftsräume von herausragender Vielfalt, Eigenart und Schönheit“ betroffen sind, wie Wolfgang Heine, Direktor des Regionalverbands Bodensee Oberschwaben, sagt.

Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen gelten als wichtiger Baustein der Erneuerbaren Energien. Am Bodenseeufer wird die Technik durch den neuen Regionalplan erstmal ausgebremst. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

Damit man sieht, welche Landschaftsräume betroffen sind, enthält der neue Regionalplan eine Karte. Mit eingeschlossen ist der sogenannte Bodenseeuferbereich als gelbes Band. „Darauf hatte das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme zum Regionalplan-Entwurf Wert gelegt“, sagt Heine.

Eine FFS lasse sich also laut neuem Regionalplan nicht realisieren, wenn sie im gelben Bodenseeuferbereich und gleichzeitig in einem Regionalen Grünzug liege. Damit sind große Teile des Drei-Kilometer-Streifens entlang des Bodensees raus. Denn nicht mit einem Grünzug belegt sind hier im Prinzip nur die Siedlungen, also Städte und Gemeinden.

Hahn kritisiert Drei-Kilometer-Regel

Schade findet es der Landtagsabgeordnete Martin Hahn (Grüne), der sich immer wieder für die Solarenergie am Bodensee starkmacht. Betroffen seien jetzt „alle, die gerade bereit waren, etwas zu machen, und Anlagen geplant haben“, sagt Hahn.

Wir werden das mit dem Teilregionalplan Erneuerbare Energien bereinigen.

Wolfgang Heine, Direktor Regionalverband Bodensee Oberschwaben

Er nennt Beispiele von Landwirten oder auch die Gemeinde Langenargen. Warum man den Bereich so weit gefasst hat, kann er nicht verstehen. Drei Kilometer im Hinterland könne man nicht mehr vom Seeuferbereich sprechen.

„Wir werden das mit dem Teilregionalplan Erneuerbare Energien bereinigen“, verspricht derweil Heine. Mittlerweile habe sich gezeigt, dass die im neuen Regionalplan vorgenommene Definition eines wertvollen Landschaftsbilds für FFS zu grobschlächtig sei und vielen Einzelfällen nicht gerecht werde. „Wir werden daher in dem gerade zu bearbeitenden Teilregionalplan Energie das Landschaftsbild mit Daten aus einem aktuellen Gutachten neu bewerten.“

PV wichtiger als Landschaft?

Zudem würden Fragen des Landschaftsbilds vor dem Hintergrund des überragenden öffentlichen Interesses von Erneuerbaren Energien künftig relativiert, „so dass wir davon ausgehen, dass die Problematik weitestgehend entschärft ist, sobald der Teilregionalplan Energie rechtskräftig ist.“ Heine hat diesbezüglich bereits alle Bürgermeister und die Abgeordneten in einem Rundbrief informiert.

Dann gilt also, dass Solaranlagen wichtiger sind als das Landschaftsbild. So sollen also auch im Bodenseeufer an vielen Stellen wieder FFS möglich sein. Das wird jedoch erst Ende 2025 sein. In der Zwischenphase gebe es ein Hindernis für FFS-Anlagen, gibt Heine zu. Sie werden erstmal ausgebremst.

Nicht entmutigen lassen

Das kritisiert auch Martin Hahn, der aber auch Verständnis zeigt: „Nicht schön“ sei das Ganze, der jetzt beschlossene Regionalplan stamme aber letztlich aus einer anderen Zeit. Die Erstellung habe bereits vor sieben oder acht Jahren begonnen, vor der Energiekrise, als regenerative Energien noch nicht den Stellenwert von heute hatten.

Martin Hahn will mehr Solaranlagen am Bodensee etablieren. (Foto: Alexander Tutschner)

„Man kann also dem Regionalverband nur bedingt einen Vorwurf machen“, sagt Hahn weiter. Er hoffe, dass die Betroffenen weiter planen und sich nicht entmutigen lassen. „Der Bodenseekreis braucht diese regenerativen Energien dringend.“

Regionalplan noch nicht gültig

Ab wann gilt die Drei-Kilometer-Regel? Auch wenn der Regionalplan bereits vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen genehmigt wurde, ist er noch nicht gültig. Es muss erst durch die Verbandsversammlung ein weiterer Beschluss gefasst werden, weil vier sogenannte Zielabweichungsverfahren vom Ministerium nicht genehmigt wurden.

Das soll laut Regionalverband voraussichtlich bei der Sitzung am 25. Oktober in Kressbronn passieren. Mit der anschließenden öffentlichen Bekanntmachung, voraussichtlich Anfang November, ist der Regionalplan verbindlich.

„Und dann greift in der Tat die Regelung, dass innerhalb des Bodenseeuferbereichs keine FFS möglich ist, sofern gleichzeitig ein Regionaler Grünzug vorliegt, was vielerorts der Fall ist“, sagt Wolfgang Heine.

Ausnahmeverfahren bald möglich

Der Verbandsdirektor macht aber allen Mut, die sich gerade mit der Errichtung einer FFS am See beschäftigen. Denn wenn der neue Teilregionalplan veröffentlicht wird, was bereits ab dem 8. Dezember dieses Jahres der Fall ist, und man sehe, wie darin mit dem Thema FFS umgegangen wird, sei denkbar, für ein Vorhaben ein Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium Tübingen anzustrengen.

Das dauere etwa vier Monate und ginge somit schneller über die Bühne als die Rechtskraft des ganzen Teilregionalplans. In der Praxis heißt das, wenn man auf einer Fläche eine FFS plant, auf der es künftig wieder erlaubt ist, könnte die Genehmigung vorweggenommen werden.