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Berufsschulzentrum

Halle von Geflüchteten belegt: Wo Schulen und Vereine jetzt Sport machen

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Hockey im Klassenzimmer, große Turniere auf der Kippe: Seit aus der Halle des Berufsschulzentrums eine Flüchtlingsunterkunft wurde, müssen Sportler flexibel sein.
Veröffentlicht:02.02.2023, 05:00

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Seit Anfang Januar ist die Sporthalle am Berufsschulzentrum in Friedrichshafen keine Sporthalle mehr, sondern die größte Flüchtlingsunterkunft im Bodenseekreis. Durch die Belegung fällt die Halle auf absehbare Zeit als Sportraum weg, was Schulen und Vereine vor große Herausforderungen stellt. Es wurde und wird viel ausgewichen und umgeplant – und auf teilweise kreative Zwischenlösungen zurückgegriffen.

Beim Schulsport konnten die Beruflichen Schulen vor allem auf Unterstützung der städtischen Einrichtungen zählen, wie es aus der Claude-Dornier-Schule heißt. Schulleiter Stefan Oesterle habe seinen Schulleiter-Kollegen die Situation dargelegt.

„Die städtischen Schulen meldeten daraufhin sehr zeitnah ihre freien Kapazitäten“, sagt eine Sprecherin der Schule. Die Leiter der unterschiedlichen Einrichtungen hätten untereinander kommuniziert und es habe viel Hilfsbereitschaft gegeben.

Diese Hallen können die Schulen mitnutzen

Inzwischen weicht die Claude-Dornier-Schule für den Sportunterricht auf verschiedene Hallen aus, zum Beispiel auf die Bodenseesporthalle oder die DAV Kletterhalle.

„Die Droste-Hülshoff-Schule belegt außerdem die freien Kapazitäten an der Schreienesch-Schule, die Hugo-Eckener-Schule belegt die Bodenseesporthalle, die Halle der Albert-Merglen-Schule, die Halle der Grundschule Fischbach sowie der Bodenseeschule St. Martin“, berichtet die Sprecherin.

In der Aula findet man Schülerinnen und Schüler, die auf Matten Gymnastik machen.

Eine Schulsprecherin

Genutzt würden die Hallen hauptsächlich von den „prüfungsrelevanten Klassen“. Die 11. Klasse des technischen Gymnasium nimmt den Sportunterricht des Zeitraums Januar bis April als Block – in Form einer dreitägigen Ski-Exkursion. Und ab April sollen die Sportstunden wieder draußen in den Außenanlagen stattfinden.

Spontane und kreative Lösungen

Bei anderen Klassen sei derzeit noch viel Kreativität und Spontanität seitens der Sportlehrer gefragt, erklärt die Sprecherin der Schule. „In der Aula findet man Schülerinnen und Schüler, die auf Matten Gymnastik machen“, nennt sie ein Beispiel.

Bei gutem Wetter würden manche Sportlehrer mit ihren Klassen Spaziergänge machen. „Die Klassenzimmer werden mit viel Kreativität aber auch umgebaut zu Indoor-Hockey-Feldern, die dann mit Softbällen bespielt werden“, sagt die Sprecherin. Und in der Aula der Hugo-Eckener-Schule werde Tischtennis gespielt.

Der Wegfall der Sportflächen stellte auch Vereine vor große Schwierigkeiten. Beim Verein Taekwondo Ailingen zum Beispiel stand ein wichtiges Turnier auf der Kippe. 2023 soll wieder der Internationale Bodensee Cup am 1. Juli stattfinden – eines von acht wichtigen Taekwondo-Punkteturnieren in Deutschland.

Verein hätte sich mehr Hilfe gewünscht

„Wir haben schon früh die Nachrichten genau verfolgt und haben befürchtet, dass wir uns nach anderen Hallen umsehen müssen“, sagt Giuseppe Pistillo, Organisator des Internationalen Bodensee Cups und Cheftrainer des Vereins Taekwondo Ailingen.

Der Verein habe es gern auf sich genommen, das Turnier in einer anderen Halle zu organisieren, so Pistillo. „Vonseiten der Stadt Friedrichshafen und dem Bodenseekreis haben wir uns aber mehr Hilfe erhofft.“ Ausweichhallen habe es laut Auskunft des Landkreises keine gegeben.

Und Zuschüsse der Stadt für besonders teure Hallen wie die der Messe – dort hätte der Verein laut Pistillo 25.000 Euro zahlen müssen – wären nur eventuell möglich gewesen. „Letztendlich haben wir mit den Verwaltern zahlreicher Hallen in der Region hin und her kommuniziert, um herauszufinden, ob es für unser Turnier überhaupt noch einen Ort in der Umgebung gibt“, erklärt der Cheftrainer.

Damit eine Halle in Frage kommt, brauche es eine Tribüne für Zuschauer, eine Hallenfläche, die groß genug ist für die Kampfmatten und vor allem genügend Parkplätze.

„Die meisten Hallen, die der Verein angefragt hat, waren zu klein, unter anderem die Sporthalle der Bodenseeschule in Friedrichshafen oder die Hallen in Eriskirch oder Kressbronn. Am Bildungszentrum Markdorf war die Parkplatzsituation ein Problem“, berichtet Pistillo.

Wichtiges Turnier wandert nach Ravensburg ab

Letztlich fiel die Wahl auf die Eissporthalle in Ravensburg. 3800 Euro kostet sie den Verein für den Turniertag. „Das renommierte Final-8-Turnier Baden-Württemberg findet damit allerdings nicht mehr in Friedrichshafen, sondern in Ravensburg statt“, sagt Pistillo.

Insgesamt haben fast alle Vereine solche Ausweichmöglichkeiten gefunden. „Es sind nahezu alle irgendwo untergekommen“, sagt Jürgen Schrandt, Vorsitzender des Vorstands beim Stadtverband Sporttreibender Vereine (SSV).

Er betont, dass es vor allem die Stadt Friedrichshafen und nicht der Landkreis gewesen sei, die sich für die Vereine eingesetzt habe, um Lösungen zu finden. Die Verantwortlichen hätten die Pläne der Hallen studiert und genau geschaut, wo es noch freie Fläche und Kapazitäten gibt.

„Man sieht auch, dass die Vereine innerhalb Friedrichshafens zusammenhalten“, so Schrandt. Viele hätten sich untereinander geholfen. Und jetzt sei man froh, dass immerhin weitgehend der Spielbetrieb aufrechterhalten und Training stattfinden kann – auch wenn es für viele Vereine nur eine „Notlösung“ sei.