Auffällig viele Fische
Fischschwärme in Bodenseehäfen: Es geht ums nackte Überleben
Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Ralf Schäfer
In den Yachthäfen tummeln sich derzeit viele tausend Fische, bei denen es sich wohl um Karpfen oder karpfenartige Fische handelt. Und sie haben einen Grund, hier zu sein.
Die Fischschwärme, die gerade in etlichen Häfen zu sehen sind, ziehen die Blicke auf sich und geben vielen Betrachtern Rätsel auf. Alexander Brinker, Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen, kann sie zuordnen und spricht von karpfenartigen Fischen.
Karpfen vertragen Wärme gut
Karpfen und karpfenartige Fische könnten hohe Wassertemperaturen, wie sie in den Häfen herrschen, gut vertragen, sagt Brinker, und er weiß auch, warum sie lieber im Hafen sind und nicht draußen auf dem See. „Sie unterliegen auf dem See einem erhöhten Fraßdruck durch die Kormorane und fliehen dann in sichere Häfen“, so Brinker.
Ähnliches Phänomen in Niedersachsen
Wissenschaftlich untersucht worden ist das am Bodensee noch nicht. Aber am niedersächsischen Dümmer wurde vor rund zehn Jahren ein ähnliches Verhalten bei Fischen festgestellt.
Auch hier gab es eine erhöhte Kormoranpopulation, die den Fischbestand sehr stark gefährdete und drohte, ökologischen Schaden anzurichten.
Häfen mit Netzen geschützt
Zusammen mit dem niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Dezernat Binnenfischerei, haben die Landessportfischerverbände und die Berufsfischer vor Ort die Häfen sogar mit einer Netz– und Seilkonstruktion geschützt, damit die Vögel nicht mehr an die Fische herankommen konnten.

Diese Vorkehrungen sind damals wissenschaftlich begleitet worden und dabei kam heraus, dass die Bestände in den geschützten Häfen deutlich größer waren als die in Referenzbereichen, die ungeschützt den Kormoranen ausgeliefert waren.
Kormoranbestand stieg stark an
Der Kormoranbestand am Dümmer lag bis Anfang der 90er Jahre bei rund 200 Tieren, danach stieg er laut einer Studie von Matthias Emmrich, Landessportfischerverband Niedersachsen, auf bis zu 1400 Tiere an, eine Entwicklung, die am Bodensee ebenfalls zu beobachten ist.
Raubfische flüchten nicht
Die Fische, die am Bodensee nicht in die Häfen fliehen, sind Raubfische wie Forelle, Saibling, Barsch und Hecht sowie die im Freiwasser lebenden Felchen. Die Vermutung, die etliche Beobachter vor Ort äußerten, dass es sich bei den Fischschwärmen in den Häfen um Sonnenbarsche handelt, stimmt also nicht.
Es gibt den Sonnenbarsch zwar im Bodensee, er wurde vor Jahren als Aquarienfisch einfach ausgesetzt — mit bislang unerforschten Folgen für das Biosystem, doch unterscheidet er sich deutlich von karpfenartigen Fischen.
Sonnenbarsch sieht anders aus
Karpfen sind vor allem an der langen Rückenflosse zu erkennen. Damit sehen sie deutlich anders aus als Weißfische wie Nase, Rapfen oder Rotauge, die alle eine eher kurze Rückenflosse haben.
Die Saiblingsarten besitzen mit der Fettflosse eine kleine zweite Rückenflosse kurz vor dem Schwanz. Ein Sonnenbarsch ist hingegen bunt gefärbt an den Seiten und besitzt eine auffällige Kiemenklappe mit einem roten Punkt.