StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafenDiese Konditorin backt am liebsten mit Eiern von nebenan

Mit 25 in die Selbstständigkeit

Diese Konditorin backt am liebsten mit Eiern von nebenan

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Hannah Längin aus Brochenzell backt Kuchen und Torten aus regionalen und Bio-Zutaten. Wie sie damit die regionale Wirtschaft stärken will.
Veröffentlicht:20.12.2022, 09:29

Von:
  • Milena Sontheim
Artikel teilen:

Montags fährt Hannah zum Bio-Hof Hutt, um Eier und Obst für ihre Bestellungen einzukaufen. Der liegt in Ailingen-Berg, nicht weit weg von ihrer Konditorei. Hier läuft die 25-Jährige mit frischem Obst und etwa 50 frischen Eiern wieder aus dem Laden. Die braucht Hannah diese Woche für eine dreistöckige Hochzeitstorte.

Sie verarbeitet nur regional und biologisch erzeugte Lebensmittel in ihren Torten. „Wenn ich einen Rührkuchen backe, bei dem das Ei im Vordergrund steht, dann kommt ein vollmundiges, frisches Ei von gesunden Hühnern natürlich zur Geltung. Die Eier schmecken hier einfach am besten“, sagt sie. Außerdem fühlt sie sich besser, wenn die Hühner tierfreundlich gehalten werden.

Eidotter sorgen für die gewünschte Teigfarbe

Bei der eigentlichen Arbeit in der Backstube mit Schürze und Schneebesen fällt Hannah immer wieder die Wertigkeit ihrer Zutaten auf: Die handwerkliche Verarbeitung ist durchaus wichtig, denn frische, gute Eier ließen sich besser aufschlagen. Damit ist der Biskuitteig für die Hochzeitstorte noch fluffiger. Kein Ei des Bio-Hofs Hutt ähnelt dem anderen. Die Farbe des Eidotters sei immer unterschiedlich. Die Palette reicht von einem satten Sonnenblumen-Gelb bis ins kräftige Orange. „Daher ergeben die Eier eine natürliche gelbe Teigfarbe.“ Natürlichkeit zeichne ihre Torten aus.

Hannah Längin ist 25 Jahre alt und ist inzwischen selbstständig. (Foto: Elke Obser)

Auf Regionalität legt sie auch deshalb viel wert, weil sie Betriebe in der Region unterstützen möchte. „Ich kaufe die meisten meiner Rohstoffe selbst ein und fahre dafür wöchentlich zu den Läden.“ So sieht sie mit eigenen Augen, woher die Produkte kommen und wie sie erzeugt werden. Auf dem Biohof wandern die Hühner dank einem mobilen Stall von einer Wiese zu anderen.

„Das Wichtigste für mich ist die Verbindung unter den regionalen Betrieben. Dass man sich gegenseitig unterstützt und die Existenz sichert“,

sagt Hannah.

„Wenn ich Produkte aus der Region beziehe, nehmen die Betriebe das nächste Mal wieder etwas von mir. Es ist ein Kreislauf und ein Geben und Nehmen.“

Zudem könne sie dadurch nachhaltig arbeiten. Denn regional erzeugte Zutaten haben kürzere Transportwege als Importware. So lassen sich CO2-Emmissionen und Energie einsparen.  Sie lehnt es ab, Saisonfrüchte aus dem Ausland zu kaufen, nur weil sie günstiger sind.

Bio-Qualität für Rohstoffe aus dem Ausland

Alles, was sie nicht direkt vor Ort beziehen kann, wird ihr in Bio-Qualität aus der Region geliefert. Sahne, Butter und Milch kauft Hannah im Berchtesgadener Land. „Der Bio-Bauer um die Ecke kann aktuell leider keine Betriebe beliefern“, sagt Hannah. Aber nicht, weil er nicht genug hat: Das liegt an den vielen Auflagen, die bei der Auslieferung einzuhalten wären.

Hannah Längin hat sich mit ihrer eigenen Auftragskonditorei während der Pandemie selbstständig gemacht. (Foto: Elke Obser)

Der Lieferant aus Neu-Ulm klingelt und bringt 25-Kilo-Säcke voll Mehl und Weizenstärke, Zucker, Schokolade und Zimt. Die reichen ihr über mehrere Wochen. Mehl und Weizenstärke kommen von Demeter- und Bioland-Bauern, bei denen Zusatzstoffe nicht erlaubt sind. Zimt oder Schokolade gibt es zwar nicht regional, aber auch hier achtet Hannah auf Bio-Qualität. „Das schmeckt man am Ende auf jeden Fall.“ Bio-Rohrzucker habe zum Beispiel einen leicht karamellartigen Geschmack im Vergleich zu weißem Industriezucker. Am Ende schmecke die Torte vollmundiger und natürlicher, wenn sie Bio-Produkte verwende.

Finale Dekoration mit Rosen vom Hofladen

Sind Mehl, Zucker, Eier und Butter bis zum Ende der Woche zu Torten verarbeitet, bleibt freitags der Ofen kalt. Denn der entscheidende Schritt zur fertigen Hochzeitstorte ist die Dekoration: Selbst die echten Rosen, das Schleierkraut und die Eukalyptusblätter kauft Hannah im Hofladen Vergissmeinnicht in Friedrichshafen.   Einzig beim Blattgold muss Hannah Abstriche machen, weil es weder Bio-Gold noch regionales Gold gebe.

„Blumen anstecken, die Cremefarbe aussuchen, ausgarnieren und kreativ sein: Das ist immer individuell und für mich jedes Mal spannend, ob es das Ergebnis so rauskommt wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt die Konditorin. Wenn die Torte fertig ist, erlebt sie ein Gefühl von Stolz und Glück: „Wenn langsam etwas entsteht, denke ich: ‚Cool, das habe ich gemacht‘.“