Beschlagnahmte Hündchen
Die ersten Chihuahuas haben ein neues Zuhause - mit Video
Region Bodensee/Oberschwaben / Lesedauer: 4 min

Sandra Philipp
Während die ersten der 145 in der Region beschlagnahmten Chihuahuas bereits in ein neues Zuhause gezogen sind, warten die letzten Tiere noch darauf, bei ihrem früheren Halter abgeholt zu werden. Sie befinden sich noch im Haus ihres ursprünglichen Besitzers, bis in den Tierheimen wieder Platz ist. Bis sie dort untergebracht werden können, überwachen die Veterinäre ihren Zustand sowie ihre Haltungsbedingungen.
145 Hunde aus katastrophalen Zuständen zu befreien, hat das Amt vor eine Mammutaufgabe gestellt. „So etwas hatten wir noch nie“, erklärt der zuständige Amtsleiter. Auch in Baden-Württemberg sei ihm kein Fall in dieser Größenordnung bekannt.
Unterstützt von Tierschützern aus der erweiterten Region befreiten seine Mitarbeiter vor gut zwei Wochen Welpen, Junghunde und Senioren. Seit wenigen Tagen werden sie bereits an Liebhaber der kleinsten Hunderasse der Welt vermittelt.
Zwölf Hunde warten in Friedrichshafen
„Die größte Herausforderung der Inobhutnahme war, Plätze für so viele Tiere zu finden“, schreibt das zuständige Landratsamt. 16 Tierheime und Tierschutzvereine aus ganz Deutschland haben die Aktion unterstützt. „Die Hunde kennen so gut wie nichts“, berichtet Carola Fuchsloch vom Tierheim in Friedrichshafen.

„Wir haben aktuell zwölf jüngere Tiere in unserer Quarantäne-Station von denen wir nicht wissen, ob sie geimpft wurden“, erklärt Fuchsloch. Sie seien weder stubenrein noch leinenführig, dafür aber sehr süß. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins Friedrichshafen ist zuversichtlich, dass auch diese quirligen Hündchen bald in liebevolle Hände vermittelt werden können.
Interessenten mit viel Geduld gesucht
Ein paar Tiere werden in den kommenden Tagen wohl noch dazukommen, so dass in Friedrichshafen denn voraussichtlich 18 Hunde untergebracht sind. Der jüngste ist ein halbes Jahr alt ‐ die ältesten etwa sieben. Alle dieser Tiere seien quasi auf dem Stand eines Welpen, der die große weite Welt noch kennenlernen muss.
Carola FuchslochLangsam tauen sie auf und zeigen ihre kleinen Persönlichkeiten.
„Hier ist auf jeden Fall Geduld gefragt“, sagt Carola Fuchsloch über die kleinen Hündchen. „Sie sind neugierig und sozial. Langsam tauen sie auf und zeigen ihre kleinen Persönlichkeiten.“ Die Chihuahuas dürfen im Augenblick so nach und nach ins Leben tapsen ‐ müssen aber noch viel lernen.
„Grauen Schnauzen“ eine Chance geben
Das gelte auch für die älteren Tiere, die vornehmlich in den Tierheimen in Konstanz und Berg bei Ravensburg untergekommen sind. „Ich würde mich so freuen, wenn auch die grauen Schnauzen noch ein paar schöne Jahre haben dürften“, appelliert Fuchsloch an Interessenten.

Das Tier-Service-Zentrum (TSZ) in Bad Waldsee hat 23 Chihuahuas aus dieser Aktion aufgenommen. „Sie hatten zu lange Krallen und viele ein verkotetes Fell“, berichtet Horst Fallenbeck von den Schützlingen des TSZ. „Ansonsten waren die Tiere zumindest in einem guten Ernährungszustand und nicht verbissen.“
Folgekosten für Zahnbehandlung
Den Eingangscheck in Bad Waldsee hat Tierärztin Julia Wenzel vorgenommen und bei den kleinen Wesen keine gravierenden Erkrankungen festgestellt. Dennoch haben die Tierchen ihre Baustellen: „Einige haben schlechte Zähne“, berichtet Fallenbeck, der gegenüber den künftigen Haltern mit offenen Karten spielen will. „Da kommen sicherlich noch einige Folgekosten für Zahnbehandlung auf einen zu.“

Als eine der ersten Einrichtungen hat das TSZ bereits Tiere vermittelt. Sechs Chihuahuas sind bereits ausgezogen. „Das ist nur möglich, weil sich der Halter kooperativ gezeigt hat“, erklärt Fallenbeck, der selbst bei der Befreiung der Hunde dabei war. „Es ist nicht selbstverständlich, dass es so reibungslos läuft.“ Denn um den Weg für die Vermittlung frei zu machen, muss der Halter auf sein Besitzrecht verzichten.
Hunde dürfen vermittelt werden
Das bestätigt auch die zuständige Behörde. „Seit ein paar Tagen ist die Übertragung des Eigentums vom vormaligen Besitzer an das Veterinäramt abgeschlossen.“ Sobald die Hunde dann an die Tierheime übereignet wurden, können diese in die Vermittlung einsteigen. „Das arbeiten die Kolleginnen und Kollegen seit Donnerstag und bis voraussichtlich Anfang der kommenden Woche ab“, teilt ein Behördensprecher mit.
Ob der ehemalige Halter für seine Verstöße gegen die Tierschutzverordnung rechtlich belangt wird, möchte das Amt nicht kommentieren. Der Fall werde ordnungsrechtlich aufgearbeitet und bewertet. Allerdings wird ihn die Unterbringung der Tiere wohl eine Stange Geld kosten, ist sich Tierschützer Horst Fallenbeck sicher. „Bis sie vermittelt werden können, muss er bezahlen: Das kann sich bei so vielen Tieren auf 50.000 bis 70.000 Euro summieren.“
Unterbringung wird teuer
Das zuständige Amt will sich auf keine Summe festlegen: „Dies hängt maßgeblich davon ab wie schnell die Hunde aus den Tierheimen an neue Besitzerinnen und Besitzer vermittelt werden können.“ Grundsätzlich aber trage der Tierhalter laut Tierschutzgesetz die Kosten für alle Maßnahmen. Gegen den Züchter hat das Amt inzwischen ein Haltungsverbot ausgesprochen.