Mülltrennung
Biomülltonnen im Check: Kontrolleure sind in Friedrichshafen unterwegs
Friedrichshafen / Lesedauer: 5 min

- Stefanie Czuday
Zu viel Bioplastik, zu wenig Klimaschutz: Unter dem Motto „Dein Biomüll ist wichtig für’s Klima!“ haben mehr als 50 Entsorgungsbetriebe an einer bundesweiten Kontrollaktion teilgenommen. Dabei haben sie einen Blick in die Biomülltonnen geworfen ‐ und diese bei falscher Befüllung auch mal stehen lassen. In Friedrichshafen hat das Team von Qualitätsmanager Timo Boss (Abfallwirtschaftsamt Bodenseekreis) ganz genau hingeschaut. Und festgestellt: Ein Fremdstoff taucht besonders häufig in Biotonnen auf.
Seit knapp zwei Wochen sind Timo Boss und fünf weitere Kontrolleure auf den Straßen in Friedrichshafen unterwegs. Ihre Zielobjekte: Bio-Mülltonnen. Timo Boss läuft bereits früh am Morgen seine Tour. Er steuert auf die erste braune Tonne zu, öffnet den Deckel, schaut hinein ‐ und zieht die Stirn in Falten.
Bio-Plastiktüten eigentlich verboten
Zwischen Essensresten, kleineren Gartenabfällen und Rasenschnitt leuchtet ein heller Plastiksack hervor. Der Qualitätsmanager schließt den Deckel und hängt ein rotes Schild an den Griff. Darauf steht: „Wir konnten ihre Biotonne nicht leeren! Zu viele Störstoffe!“

Beim Blick in die nächsten Tonnen wird klar: Hier wurde alles richtig gemacht. Timo Boll hängt ein grünes Schild mit einem Lob an die Griffe: „Vielen Dank für Ihre vorbildliche Mülltrennung!“. Während diese Tonnen von der Müllabfuhr geleert werden, bleibt die erste Tonne mit dem Plastiksack stehen. Der Eigentümer hat nun die Möglichkeit, seinen Müll nachzusortieren. Oder aber gegen entsprechende Gebühr eine Sonderleerung anzufordern.
Die sogenannten Bio-Plastiktüten werden damit beworben, aus biologisch abbaubarem Kunststoff (BAW-Beutel) zu bestehen. Eine saubere und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen, aber durchnässenden Papiertüten? „Nein“, lautet die klare Antwort von Timo Boss. Um vollständig abgebaut werden zu können, benötigen solche Beutel etwa zwölf Wochen. Kompostiert werde aber deutlich schneller, so der Qualitätsmanager.
Mikroplastik gelangt zurück in den Kreislauf
„Die BAW-Beutel überstehen die mechanischen Absiebungsprozesse“, sagt Timo Boss. Das Plastik könne nur zum Teil aus dem Biomüll herausgefiltert werden. Dies sei besonders bei der Weiterverarbeitung problematisch. „Der Biomüll wird vergoren. Dadurch entsteht Methangas, aus dem Wärme und Strom erzeugt werden. Die Gärreste, die übrig bleiben, werden kompostiert oder zu Flüssigdünger verarbeitet“, erklärt er.

Im Jahr 2022 habe der Bodenseeraum 16.300 Tonnen Biomüll zu verzeichnen gehabt. Aus diesem habe man nicht nur 5130 Megawattstunden Strom gewinnen, sondern auch 2535 Tonnen Kompost und 12.760 Tonnen Flüssigdünger produzieren können.
„Es lässt sich nicht verhindern, dass das Mikroplastik wieder in den Boden und somit in den Kreislauf kommt“, betont Boss. In den Fällen, in denen es gelänge, die Plastiktüten auszusortieren, blieben wertvolle Pflanzenreste haften, die nicht genutzt werden können. Und: „Wenn sich zu viel Mikroplastik im Kompost befindet, kann dieser seine Güterzertifizierung verlieren“, betont Boss. Minderwertige Qualität sei die Folge.
Bevölkerung soll sensibilisiert werden
Das Ziel der an der Kontrollaktion teilnehmenden Entsorgungswirtschafter sei es, die Qualität des Bioabfalls zu verbessern. „Wir versuchen, Störstoffe zu reduzieren und dafür auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen“, sagt Timo Boss.
Mit einer richtigen Mülltrennung könne „ganz einfach jeder Bürger einen Teil für die Umwelt leisten und zum Klimaschutz beitragen“, betont der Qualitätsmanager. Dazu gehöre auch, als Verpackungsmaterial lediglich Zeitungspapier oder Papierbeutel zu verwenden.

Verwirrung scheine allerdings darüber zu bestehen, welche Abfälle überhaupt in den Biomüll gehören. Neben ganzen gelben Säcken seien bereits Glas oder ein Haufen Steine zum Vorschein gekommen. In die braune Tonne gehören aber ausschließlich organische Stoffe, verdeutlicht Timo Boss.
Das Projekt läuft bereits seit dem 18. September. Eine klare Auswertung aber sei laut Boss erst möglich, sobald die Aktion am Freitag, 13. Oktober, endet. Ein erstes Resümee zeige allerdings, dass die Biomülltrennung im Bodenseekreis recht gut funktioniere.
Dennoch: Ausruhen dürfe man sich darauf nicht, meint Timo Boss. Er fügt hinzu: „Biogas ist eine der wenigen Ressourcen, die der Mensch selbst herstellen kann. Das sollten wir so gut wie möglich nutzen.“

Was Sie jetzt wissen müssen
- Biomüllbeutel aus Plastik sind im Bodenseekreis verboten. Auf der Homepage des Bodenseekreises wird darauf hingewiesen, dass diese Folienbeutel „die Aufbereitung des Bioabfalls empfindlich“ stören und „deshalb nicht erlaubt“ seien.
- Denjenigen, deren Biomülltonne nicht geleert wurde, stehen zwei Möglichkeiten offen: Sie können die Fremdstoffe selbst aus ihrer Tonne sortieren oder eine gebührenpflichtige Zusatzleerung beantragen. Hierbei gilt: Bei einer Füllmenge bis zu 80 Litern ist eine Gebühr von zehn Euro, bei einer Füllmenge über 80 Litern eine Gebühr von 20 Euro zu entrichten.
- Eine Sonderleerung muss bei der Abfallberatung beantragt werden. Diese kann unter der Telefonnummer 07541/2045199 oder per Mail an [email protected] kontaktiert werden.