StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafen„Ich habe selbst erlebt, wie schlimm Krieg ist“: 2500 Schüler bei Friedensmarsch

Friedensmarsch

„Ich habe selbst erlebt, wie schlimm Krieg ist“: 2500 Schüler bei Friedensmarsch

Friedrichshafen / Lesedauer: 5 min

Eigene Flucht, Hilfe als Pflicht und Respekt für Demonstrierende in Russland: Die Schüler haben sich am Donnerstag mit Ansprachen zum Thema Frieden versammelt. Schwäbische.de war mit der Kamera vor...
Veröffentlicht:17.03.2022, 18:55

Von:
Artikel teilen:

Wenn die Kleinen an die Großen appellieren: Rund 2500 Häfler Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse aus allen Häfler Schulen haben sich am Donnerstag zusammengefunden, um ein klares Friedenszeichen zu setzen. Die Schülermitverwaltung der Bodensee-Schule initiierte die Aktion, die Stadt Friedrichshafen übernahm, vertreten durch Bürgermeister Andreas Köster, die Schirmherrschaft.

Die Schülerinnen und Schüler kamen aus allen Richtungen in einem Sternmarsch in die Innenstadt. Am gemeinsamen Ziel, dem Adenauerplatz, gab es nur ein einziges Thema: Den Frieden.

Rund 2500 Schülerinnen und Schüler aller Häfler Schulen haben sich am Donnerstag auf dem Adenauerplatz in Friedrichshafen versammelt. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Auf eine sehr persönliche Art teilten Schüler und Schülerinnen mit den Zuhörern ihre Gedanken zum Motto des Udo Lindenberg’schen Liedes „Wir ziehen in den Frieden“, mit dem ein Schülerchor die Kundgebung auch einleitete. „Kinder werden nicht als Rassisten und Kriegstreiber geboren“, begann Anika, Schülerin der Bodenseeschule, die gemeinsam mit ihrem Schulkollegen Leonard die Veranstaltung moderierte.

Kraniche als Friedenssymbol

Bereits im Vorfeld hatten die Schüler und Schülerinnen Papierkraniche gebastelt, auf die sie ihre Wünsche und Gedanken zum Krieg in der Ukraine schrieben. Kraniche stünden in Japan für Solidarität mit Schwächeren und sinnbildlich für Frieden, erklärte Leonard. Dies gehe auf das Mädchen Sadako Sasaki zurück, die in Folge des Atombombenangriffs auf Hiroshima an Leukämie erkrankt sei. Ihr Ziel sei es gewesen, 1000 Papierkraniche zu basteln, wofür sie einen Wunsch erfüllt bekommen sollte. Der Kranich gelte mittlerweile als Symbol für den Weltfrieden. Nun sollen die gebastelten Papierkraniche bis zum 12. April in der Nikolauskirche ausgestellt werden.

Wünsche und Gedanken zum Thema Frieden - zusammengetragen von Häfler Schülerinnen und Schülern. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Bürgermeister Andreas Köster zeigte sich stolz über das Engagement der Häfler Schülerinnen und Schüler: „Die Schüler unserer Stadt wollen für den Frieden da sein“, betonte er. „Jeder Krieg ist schrecklich.“ Darüber hinaus versicherte er, dass die Stadt Geflüchtete aufnehmen werde, geflüchtete Kinder jeden Alters werden hier in die Kitas und Schulen gehen. „Wir appellieren, dass diese Kriege, egal wo, aufhören“, schloss Köster seine Rede ab. „Ich danke euch.“

Auf kleine Papierkranichen steht das Wort „Frieden“ in verschiedenen Sprachen. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Großer Respekt vor Demonstrierenden in Russland

Das Jugendparlament Friedrichshafen positionierte sich deutlich gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Mit diesem Krieg greift er unsere Werte an“, sagte Valentin, Mitglied des Parlaments. „Frieden geht nur mit Demokratie.“ Trotz allem sei es auch wichtig, an die Menschen in Russland zu denken, die derzeit auf die Straße gehen und denen dafür enorme Strafen drohen würden. „Das hat unseren größten Respekt verdient“, machte Valentin klar.

Der Schülerchor untermalte die Kundgebung mit den Liedern „Wir ziehen in den Frieden“, „Imagine“ und „Heal the World“. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Darüber hinaus sei es auch wichtig, russische Menschen nicht für die Geschehnisse verantwortlich zu machen, betonte der Schülersprecher des Karl-Maybach-Gymnasiums, Emre Yilmaz. Viele seien bereits beleidigt oder beschimpft worden. Wer so etwas sehe, solle eingreifen. „Informiert euch gut, checkt alles vier bis fünf Mal ab“, sagte er. „Klärt die Leute argumentativ auf, immer, nicht nur jetzt. Keiner von euch ist zu klein, um einen Unterschied zu machen!“

Doch was ist überhaupt Frieden? Laut Lara und Rafael von der Gemeinschaftsschule Graf Soden ist Frieden nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Sie definierten ihn unter anderem als Nächstenliebe, Familie, zusammen und sicher sein - und auch Sorglosigkeit gehört dazu.

Wollen ein Zeichen für den Frieden setzen: Die Elftklässlerinnen Rebecca (links) und Luisa. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Erst selbst geflüchtet, dann für den Frieden eingesetzt

Besonders nahe gingen die Worte der Schülerinnen und Schüler der Ludwig-Dürr-Schule. „Ich habe selbst erlebt, wie schlimm Krieg eigentlich ist“, ließ einer von ihnen die Zuhörenden an seiner Geschichte teilhaben. Er selbst ist 2015 vor dem Krieg aus Syrien geflüchtet und lebt seit 2016 in Friedrichshafen. „Das war sehr schwer und ich möchte das nicht nochmal mitmachen.“

Die Schülermitverwaltung der Bodensee-Schule hat den Friedensmarsch organisiert. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Zwischendurch sang der Chor John Lennons „Imagine“, und zwei Schülerinnen der St. Elisabeth-Schule waren sich in ihrer Aussage sicher: „Der Krieg macht die Menschheit kaputt und er bringt nichts.“ Und was wäre eigentlich, wenn zu einem Krieg niemand hingehe, fragten sich Schülerinnen und Schüler des Graf-Zeppelin-Gymnasiums. Zum Beispiel könnten Kinder dann einfach zur Schule gehen und Familien wären nicht zerrissen.

Sich versammeln zu können ist ein Privileg

Vier Schülerinnen der Swiss International School betonten, dass es bereits ein großes Privileg sei, dass sie sich versammeln können, um sich gegen den Krieg zu positionieren. Und haben einen Appell: „Stellt euch vor, ihr seid in der Situation und flüchtet vor schrecklichen Sachen, die wir uns nicht einmal vorstellen können“, forderten sie. „Es ist unsere Pflicht, diesen Menschen zu helfen!“

Die gebastelten Kraniche werden bis zum 12. April in der Nikolauskirche ausgestellt. (Foto: Svenja Helfers/Schwäbische.de)

Anna und Flora von der Bodensee-Schule beteten stellvertretend für den Frieden und legten gemeinsam mit allen, die sich versammelt hatten, eine Schweigeminute für diejenigen ein, die gerade vor dem Krieg flüchten oder in ihm kämpfen müssen. „Der beste Weg, den Feind zu besiegen, ist es, ihn zum Freund zu machen“, schloss Moderator Leonard die Kundgebung.