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Große Empörung

Narrenschelle von Grab in Brochenzell entwendet

Brochenzell / Lesedauer: 4 min

Am Friedhof Brochenzell ist das besondere Geschenk des Alemannischen Narrenrings an Edwin Lanz verschwunden. Im Ort ist man über den Diebstahl entsetzt.
Veröffentlicht:25.01.2023, 17:00

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Unfassbar erscheint es den Fasnetsfreunden in Brochenzell und darüber hinaus: Am Grab des langjährigen Büttels der Narrenzunft Brochenzell, des 2020 verstorbenen Edwin Lanz, wurde die Schelle entwendet.

Die Glocke hat einen besonderen ideellen Wert weit über die Familie hinaus – ist sie doch ein Geschenk, mit dem die Büttelvereinigung des Alemannischen Narrenrings (ANR) ihren Vorzeigenarren zu seinem 50-Jährigen bedacht hat.

Die Schelle wieder auf dem Friedhof am Grab von Edwin Lanz aufhängen zu können, das ist der große Herzenswunsch der Familie. Tochter Karin Gsteu gibt ihn im Gespräch mit der SZ weiter und schildert, dass am 18. Januar noch alles in Ordnung war. Das Datum ist gewiss, handelte es sich doch um den dritten Todestag des beliebten Obernarren und Familienoberhaupts.

Eine große Freude zum 50-Jahr-Jubiläum

Vier Tage später ist alles anders: „Die Glocke fehlt“, entdeckt Mutter Anneliese. Die Familie setzt sofort zur Suche an, ist der erste Gedanke doch: „Aus Jux und Tollerei“ habe sie jemand in den Schnee oder ins Laub geworfen. Nur: Auch nach längerer Suche und nachdem der Schnee geschmolzen ist, bleibt die Narrenschelle verschwunden.

Im Januar 2020 ist Edwin Lanz im Alter von 81 Jahren verstorben.
Im Januar 2020 ist Edwin Lanz im Alter von 81 Jahren verstorben. (Foto: sza)

Welch Bewandtnis es mit ihr hat, verdeutlicht Karin Gsteu. Zu seinem 50-Jährigen als Büttel hatte Edwin Lanz die Schelle anno 2012 überreicht bekommen. Eine besondere Gravur ist ihr eigen, die Büttelfreunde im ANR hatten sie extra für Edwin Lanz anfertigen lassen.

Für Enkel, Urenkel und viele andere stellte die am Grabstein eingelassene und aufgehängte Narrenschelle immer die Möglichkeit dar, ihren Opa, Uropa und Freund liebevoll und deutlich vernehmbar zu grüßen. „Das kann keiner fassen“, sagt Karin Gsteu zu dem Diebstahl, den sie beim Polizeiposten Meckenbeuren zur Anzeige gebracht hat. Von Amts wegen werde außerdem wegen Störung der Totenruhe ermittelt, erfuhr sie dort.

Berührend, welche Hilfsbereitschaft spürbar wird

Mut macht der Familie, welche Reaktionen sie bekommen hat, nachdem der Diebstahl publik wurde. „Unheimlich toll“ sei es, welche Wellen der Hilfsbereitschaft und Anteilnahme derzeit spürbar sei, ist Karin Gsteu überwältigt. Bis zum ANR habe es bereits Resonanz gegeben. „Er war eine Institution“ – dieser Einschätzung der Tochter ist nichts beizufügen.

Das ist die Hoffnung – dass die Narrenschelle wieder an ihren Platz am Grabstein zurückkehrt.
Das ist die Hoffnung – dass die Narrenschelle wieder an ihren Platz am Grabstein zurückkehrt. (Foto: fl)

Nicht verwunderlich angesichts der Bekannt- und Beliebtheit von Edwin Lanz, dass der private Facebook-Aufruf, der den Diebstahl bekannt machte, bis Mittwochnachmittag bereits 338 Mal geteilt wurde.

Wobei für die Familie ein Gedanke im Vordergrund steht – dass der Täter die Schelle, so wie er sie entwendet hat, „einfach wieder zurückbringt“.

Aus der Biografie

Als Edwin Lanz vor drei Jahren verstarb, war die Trauer groß – dies weit über seine Familie mit Ehefrau, drei Kindern, deren Partnern, Enkeln und Urenkel hinaus.

Aus Tettnang war er einst gekommen und hatte am 11.11. 1960 seine Anneliese geheiratet. Als Brochenzeller Büttel sollte Lanz erstmals 1962 in Erscheinung treten und in den vielen Jahren danach als Narr mit Leib und Seel dem Brauchtum treu verbunden sein. Und es zugleich verstehen, die Menschen auf den Straße und in den Hallen in der fünften Jahreszeit in seinen Bann zu ziehen. Den Beinamen „schönster Büttel Oberschwabens“ verdankte Edwin Lanz der SWR-Moderatorin Sonja Schrecklein.

Büttel führt Masken beim Narrensprung an

Der Mann, der Brochenzells Narren bei so vielen Narrensprüngen anführte, wusste freilich auch, wann es genug war. Am 11. November 2019 reichte er seine Schelle weiter.

Neben der Fasnet als Leidenschaft war Edwin Lanz auch immer Familienmensch und den Vereinen tief verbunden – leistete er doch über viele Jahre „Containerdienst“ in Brochenzell im Namen von Sport-, Musik- und Narrenverein.

„Urgestein der Narrenzunft Brochenzell“ im Video

Aus dem Jahr 2017 stammt ein Video von Berthold Messmer, der Büttel Edwin Lanz damals als „Urgestein der Narrenzunft Brochenzell“ würdigte. Über den YouTube-Kanal von Messmer Multimedia ist der Beitrag einsehbar.