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Klinikdebatte

Klinikdebatte: „Wir wollen das Haus hier erhalten wissen“

Riedlingen / Lesedauer: 2 min

Beim Neujahrsempfang hinterfragte HGR-Chef Kohler die Notwendigkeit eines Neubaus in Biberach – Petermann will leise überzeugen
Veröffentlicht:17.01.2011, 11:10

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Die Wahl des Gastredners beim Neujahrsempfang 2011 des Handels- und Gewerbevereins Riedlingen (HGR) fiel nicht zufällig auf Prof. Rudolf Forcher. Der Präsident des Heilbäderverbands behandelte die Frage nach der Finanzierbarkeit von Gesundheit zwar aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive. Aber die aus Riedlinger Perspektive brennende Frage nach der Zukunft des hiesigen Krankenhauses war natürlich präsent. Forcher plädierte für eine Art Spagat: Einerseits Konzentration medizinischer Fachbereiche, um „die für den Patienten letztlich entscheidende Qualität“ zu erreichen; andererseits „dezentrale und rund um die Uhr geöffnete Notaufnahmen“ wohnortnah.

Der Kreis Ravensburg könne da durchaus als Beispiel dienen, sagte Forcher, bis zu seiner Pensionierung 32 Jahre Bürgermeister in Bad Waldsee. Im Sechs-Häuser-Verbund der Oberschwabenkliniken gibt es Schwerpunkte in Ravensburg und Bad Waldsee und aufeinander abgestimmte Leistungen im „Klinikum Westallgäu“ mit den Standorten Wangen, Isny und Leutkirch. Der Begriff Portalkrankenhaus sei lange diskutiert worden, sagte Forcher: „Wir sind als Patienten alle dankbar, wenn wir ein Krankenhaus in der Nähe haben, wo aber auch die Bereitschaft besteht, die Patienten weiterzureichen, wenn es die Qualität erfordert.“

Bürgermeister Hans Petermann wiederholte, dass es bei diesem schwierigen Thema „nicht mit öffentlichen Hauruck-Aktionen geht, was vielleicht mancher von Ihnen vermisst hat“. Er leiste im Kreistag Überzeugungsarbeit für eine dezentrale Klinikstruktur in veränderter Form und rief auf, Ideen beizusteuern. Der HGR-Vorsitzende Maximilian Kohler sagte, „mich irritiert in der Debatte das Argument, dass das Krankenhaus Biberach nach 25 Jahren abgewirtschaftet haben soll“, sprich: ein Neubau erforderlich sein soll. In keinem anderen Bereich baue jemand für eine so kurze Zeitspanne, zudem müssten dann laut Kohler 90 Prozent der Krankenhäuser abbruchreif sein. Kohler bekräftigte: „Wir wollen das Haus in Riedlingen erhalten wissen.“

Dass die Klinikdebatte schwierig ist, nimmt nicht wunder, wenn man mit Rudolf Forcher auf das gesamte Gesundheitswesen schaut. Ihm scheine beim Blick auf zwölf Gesundheitsreformen, fünf Versicherungszweige, Verschiebebahnhöfe und Verteilungskämpfe „gelegentlich die Assoziation zur fünften Jahreszeit nicht ganz abwegig“. Er forderte unter anderem mehr Vorsorge und Reha, ausdrücklich auch in Betrieben, Verwaltungen und Schulen; darüber hinaus ein integriertes Gesundheitswesen, Zurückhaltung bei der Gewinnmaximierung und dass jeder Einzelne etwas tut, mit Geld und indem er gesund lebt. Der Kostenanstieg sei „keine erheiternde Realität“; man dürfe aber nicht vergessen, das „dem ein unschätzbarer Wert für die Bevölkerung gegenübersteht“. Für die Patienten und volkswirtschaftlich, da jeder neunte in Gesundheitsbranche beschäftigt sei. Gesundheit sei auch „Dienst am Menschen“.