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Schöpfung

Das Paradies liegt im Schwabenland

Riedlingen / Lesedauer: 4 min

„Schwäbische Schöpfung“ begeistert das Publikum im Lichtspielhaus
Veröffentlicht:28.01.2020, 14:25

Von:
  • Schwäbische.de
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Auch heute noch ein Publikumsmagnet scheint die „Schwäbische Schöpfung“ frei nach Sebastian Sailer (1714–1777) zu sein, denn am Sonntagabend gab es keine Karten mehr für die szenische Lesung im Riedlinger Lichtspielhaus und die Glücklichen, die bereits im Vorverkauf Karten ergattert hatten, haben sich köstlich amüsiert.

Der Mundartdichter Hugo Brotzer aus Mittelbiberach hat vor zwei Jahren Sailers Werk ins „Oberschwäbische“ übersetzt und die vier (ur)schwäbisch sprechenden Akteure aus dem Landkreis Sigmaringen haben die Geschichte von der Erschaffung der Welt, der Menschen und deren Sündenfall szenisch sehr gelungen umgesetzt. Musikalisch umrahmt wurden die zwei vergnüglichen Stunden von der Vetterleswirtschaft Blechnapf (auch im richtigen Leben Vettern und Cousine aus dem Hause Kretschmann und Schnitzer), die mit zwei Trompeten, einem Horn und einer Tuba passende Musik ausgesucht hatten. So erklang zum Auftakt ein ganz feierliches „Die Himmel rühmen“ und bald danach erschien Moderator und Initiator Joachim Greisle auf der Bühne und gab eine Vorschau auf Tag acht der Schöpfungsgeschichte, als Gott die Dialekte schuf. Nachdem alle verteilt waren, blieben nur die Schwaben übrig und die tröstete Gott Vaddr beim Betreten der Bühne mit den Worten: „No schwätzad halt wie i!“

Stets an der Seite des Gott Vaddrs (Hermann Brodmann) war sein „Knecht“ Erzengel Gabriel (Volker Knaus), der statt Flügeln und Feuerschwert einen orthopädischen Schuh und zwei Krücken trug. Meist widerspruchslos setzte er die Wünsche seines Gebieters um, manchmal verrieten nur verschmitztes Mienenspiel und verdrehte Augen vorhandene Skepsis. Recht zügig wurde so in sechs Tagen die Welt erschaffen: Tag und Nacht, das Himmelsgewölbe, Sonne, Mond und Sterne und jedes Mal freute sich Gott Vaddr mit den Worten: „Gut isch es gloffa, und dass des morgen so fortgeht, des wolle mir hoffa!“

Nach Pflanzen und Tieren war der Mensch dran: „I mach a Wesa, so ähnlich wie mir“, und er darf im Paradies leben, das Gott Vaddr so eindringlich schilderte, dass auch Gabriel ein Licht aufging: „Du mechteschd ihm’s Schwobaland schenka?“ Aus einem „fetta Letta“, mit Wasser aus der Donau wurde ein Schwabe (jommra, blärra, goscha, statt schwätze). Und so stolperte plötzlich Adam (Johannes F. Kretschmann) auf die Bühne und Gott Vaddr zeigte ihm seine neue Umgebung – das Paradies reicht vom „Bussa“ zur Donau und zur „Schussa“ und „da hängat Spätzle von de Äpfelbäum ra“. Viele weitere schmackhafte schwäbische Leibspeisen wurden aufgezählt und gleichzeitig wurde Adam vorgewarnt: das „Paradiesle isch koi gmäht’s Wiesle“. Da heißt es „schaffa“ und nicht „triala“. Als Adam berechtigterweise nach einer Frau jammerte, war Gott Vaddr sehr zuversichtlich, dass „er a Ripp verkrafta ka“.

Die Eva (Hanna Stauß), die dann auf der Bühne erscheint, ist dem zunächst sehr schüchternen Adam viel zu geschwätzig, doch beide sind optimistisch, dass sie sich vertragen werden. Sie werden noch sehr eindringlich auf ein einziges Verbot hingewiesen, nämlich keine Äpfel von einem bestimmten Baum zu essen, woran sich Adam und Eva – auch in der schwäbischen Schöpfung – nicht halten. Eva taucht mit einem Apfel in der Hand auf und Adam kann dem nicht widerstehen. Die Strafe kommt postwendend: beide stehen „pudelnäcked“ da (nur im gesprochenen Wort), und wie derb das Schwäbische sein kann, demonstrierte ein erzürnter Gott Vaddr: „Wo isch des Gsendl, die Hurabagasch, euch ghört doch dr Schuh en dr‘ Arsch!“

Doch als Gott zeigte er sich gleichzeitig gütig und bat Gabriel, „dene Schlampr“ zwei Schutzengel zur Seite zu stellen. Mit dem Volkslied „Muss i denn …“ endete nach zwei Stunden ein Abend mit allerbester Unterhaltung. Ein alle Gefühlslagen ausspielender Hermann Brodmann, ein devoter und gleichzeitig verschmitzter Volker Knaus, der seine Verletzung gekonnt ins Spiel einbaute und ab und an mit einer Krücke drohte, ein schusseliger charmanter Johannes F. Kretschmann (der gleichzeitig noch Horn spielte) und eine forsche und energische Hanna Stauß spielten ihre Rollen überragend und alle Vier genossen ihren ersten Auftritt außerhalb des Landkreises Sigmaringen.

Eine verlangte Zugabe gab es natürlich und zwar vom anwesenden Autor Hugo Brotzer, der das Gedicht von „Eva und Adam“ vortrug, das auf sehr humorvolle Art den wahren Hintergrund der Erschaffung von Adam offenbarte.