StartseiteRegionalRegion BiberachOchsenhausenErinnerungen an Kultdisco: So war es im „Daiquiri“ Ende der 70er-Jahre

Disco-Himmel in Ochsenhausen

Erinnerungen an Kultdisco: So war es im „Daiquiri“ Ende der 70er-Jahre

Ochsenhausen / Lesedauer: 5 min

Gäste und der Wirt berichten, an welche Erlebnisse im „Daiquiri“ in Ochsenhausen sie sich besonders gerne erinnern.
Veröffentlicht:12.11.2023, 17:00

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  • Schwäbische.de
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Clubs und Discotheken auf dem Land: Wir haben unsere Leser gefragt, wo im Landkreis sie getanzt und gefeiert haben. Regine Reusch erinnert sich gut an das „Daiquiri“ in Ochsenhausen. Der ehemalige Wirt Werner Moll berichtet aus den Disco-Jahren in den späten 70er und 80er-Jahren.

Aquarien an der Tanzfläche

Als die Lederstiefel lang und hoch, die Haare in Dauerwellen gelegt und die Schnauzer schwer in Mode waren, tobte in Ochsenhausen das Nachtleben. Bei der Tennishalle hatten Werner Moll und seine Mutter Josefine ein Gebäude hochgezogen. An Silvester 1977 war Einweihung. „Die Inneneinrichtung war damals etwas Besonderes“, erinnert sich Regine Reusch.

Wenn viele Gäste im Daiquiri waren, wurde das Obergeschoss geöffnet, die Bar oben in Betrieb genommen.

Regine Reusch

„Es waren große Aquarien als Raumteiler zwischen den Sitzgruppen aufgebaut, über der Tanzfläche war eine Empore mit weiteren Sitzplätzen. Wenn viele Gäste im Daiquiri waren, wurde das Obergeschoss geöffnet, die Bar oben in Betrieb genommen.“ Vor allem an der Bar war Werner Moll tätig. Heute ist der Elektriker 73 Jahre alt und arbeitet im Ringhotel „Mohren“ in Ochsenhausen als Hausmeister.

Volles Haus in der Ochsenhauser Disco Daiquiri. Neben Kapellen und Hypnoseshows gab es dort auch Modeschauen. (Foto: Privat)

Kaffee 1,80, die Flasche Whiskey mit Cola 60 Mark

Er hat noch Gutscheine, Programme und Getränkekarten aus der Daiquiri-Zeit. Cola und Wasser gab es für zwei, Bier für drei und Kaffee für 1,80 Mark. Eine ganze Flasche Scotch plus Cola war für 60 Mark zu haben.

Jugenddisco am Sonntagnachmittag

„Hey, was war das für eine tolle Zeit!“, findet Regine Reusch, „am Sonntagnachmittag durften die Jugendlichen ab dem zwölften Lebensjahr für zwei Mark Eintritt ins Daiquiri zum Tanzen.“ Die Party lief von 14 bis 18 Uhr. Zur ersten Tanzrunde wurde oft die gleiche Platte als Erkennungsmelodie aufgelegt. CDs gab es noch nicht.

Wir hingen nicht ab, wir erlebten was, wir bewegten uns ‐ und hatten Lebensfreude pur.

Regine Reusch

Oft wurde mit der Titelmusik von Star Wars gestartet, erinnert sie sich. Gäste über 18 kamen erst nach 18 Uhr, davor musste die jüngere Generation das Daiquiri verlassen.

Der Schick Anfang der 80er-Jahre lockte Zuschauer ins Daiquiri. (Foto: Privat)

„Wir hingen nicht ab, wir erlebten was, wir bewegten uns ‐ und hatten Lebensfreude pur“, schwelgt Regine Reusch in Erinnerungen. „Man lernte sich dort kennen“, auch sie habe dort den DJ getroffen, „mit dem ich heute 36 Jahre verheiratet bin.“

Die Frau sagt nein, die Fronten sind geklärt

Im Daiquiri habe es sehr gute Tänzer gegeben, „Männer, die beim Boogie-Woogie zwei Frauen gleichzeitig um sich herum tanzen lassen konnten. Ich frage mich heute oft, wo sind sie geblieben?“. Und sie sagt, „für unsere Jugend würde ich mir diese Zeit zurück wünschen. Unsere Generation kam sich beim Tanzen näher.“

Doch wenn die Frau „mit einem bestimmten Typen nicht tanzen wollte, gab sie ihm einen Korb, sie wurde von diesem Mann nicht mehr zum Tanzen aufgefordert. Die Fronten waren sofort geklärt.“

Patente Senior-Chefin und die Streithähne

Josefine Moll war die Chefin und Mutter des Inhabers Werner Moll. „D’Molle hatte ihren Laden im Griff. Es gab zwar schon Security, aber wenn es mal zwischen Hitzköpfen zu Streitigkeiten kam, war Josefine Moll sofort zur Stelle und griff durch. Alle hatten Respekt vor der alten Dame.“ So erinnern sich Regine Reusch und ihr Mann Tommy.

Der Ruf der Wirtin reichte bis in die Landeshauptstadt. Eines Tages berichtete der Südwestrundfunk im Fernsehen über die patente Disco-Chefin. Josefine Moll war übrigens bis in die 80er-Jahre hinein auch Pächterin der Kapfhalle gewesen. Weil sie dort nicht so viele Tanzveranstaltungen machen konnte, wie sie eigentlich wollte, war überhaupt die Idee aufgekommen, eine eigene Disco zu bauen.

So erklärt Werner Moll die Ursprünge des Daiquiri. Der Name sei übrigens die Idee seiner Schwester gewesen. „Wir haben halt einen Namen gebraucht“, sagt er und lacht.

Werner Moll mit Erinnerungsstücken aus seinem Daiquiri. Die Einrichtung mit Aquarien war Ende der 1970er-Jahre schick. Ein Weizenbierstiefel, Getränkebons und -karten gehören ebenfalls zu seinen Schätzen aus vergangenen Disco-Zeiten. (Foto: Karen Annemaier)

Live-Musik bringt zusätzliche Gäste ins Haus

Regelmäßig spielten Bands am Samstagabend im Daiquiri. Gruppen wie Burning Flare oder Dandys ließen sich Werner und Josefine Moll schon damals vierstellige Beträge kosten. Gäste aus dem Landkreis Biberach kamen in die Ochsenhauser Disco, aber auch Autos mit Kennzeichen aus Ravensburg, Memmingen, Neu-Ulm, Ulm, Sigmaringen, Friedrichshafen und dem Allgäu standen auf dem Parkplatz, erinnern sich die Eheleute Reusch.

Leider ging die Disco-Zeit viel zu früh wieder vorbei.

Regine Reusch

Die Discjockeys „legten abwechslungsreiche Musik auf, oft wurde aber Fox und Discofox getanzt, denn es war beliebt, als Paar zu tanzen. Aber auch Boogie, Soul, Rockmusik, die Hits der 80er-Jahre wurden gespielt“. Zu Beginn stand ausschließlich DJ Charly am Mischpult, später folgten DJ Sammy, Tommy und Siggi, auch „Epfel“ genannt, der auch im Cafe Lau auflegte. Weitere Highlights im Daiquiri waren Hypnose- und Messerwerfer-Shows und Modenschauen, weiß Werner Moll.

Großdiskotheken machen Konkurrenz

Doch Ende der 1980er-Jahre machte sich eine Flaute breit. Große Diskotheken in Ulm und Memmingen zogen das Partypublikum an. Das Daiquiri lebte als Tanzcafé „Tabaris“ noch eine kurze Zeit weiter. Werner Moll verpachtete später die Räume. Selbst eine Episode mit Tabledance gab es in Ochsenhausen.

Als Schallplatten und das Rauchen noch völlig normal waren: Das DJ-Pult im Daiquiri. (Foto: Privat)

Doch dann entschied sich Moll zum Verkauf des 800 Quadratmeter großen Grundstücks. Der Bau wurde abgerissen. Heute steht dort ein Drogeriemarkt. „Leider ging die Disco-Zeit viel zu früh wieder vorbei“, findet Regine Reusch, „gerne denken wir an die schöne Zeit zurück.“