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Demonstration in Stuttgart

Apotheker streiken am Mittwoch: Das sind ihre Forderungen

Laupheim / Lesedauer: 4 min

Auch in Laupheim bleiben die Apotheken an diesem Tag geschlossen. Wie die Apotheker das begründen.
Veröffentlicht:19.11.2023, 17:00

Von:
  • Christian Reichl
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Zweimal haben die Apotheken in diesem Jahr mit Aktionen gegen die aktuelle Gesundheitspolitik für Schlagzeilen gesorgt: Die Apotheker bemängeln die lange ausstehende Erhöhung der Vergütung, die Pläne für Gesundheitskioske und die Medikamentenengpässe. Auch in Laupheim hatten Betriebe aus Protest ihre Türen tageweise geschlossen.

Es geht um die Zukunft der Apotheken vor Ort.

Andreas Buck

Am Mittwoch wollen die Apotheker aus Baden-Württemberg und Bayern ihrem Ärger bei einer Kundgebung auf dem Schlossplatz in Stuttgart erneut Luft machen. Auch die Laupheimer Apotheker beteiligen sich, ihre Betriebe bleiben an diesem Tag zu.

Vergütung seit 13 Jahren nicht angepasst

„Es geht um die Zukunft der Apotheken vor Ort“, sagt Andreas Buck, Inhaber der Neuen Apotheke und der Sieben Schwaben Apotheke, der auch Beiratsvorsitzender für die Region Ulm-Biberach im Landesapothekerverband Baden-Württemberg ist. Mehr als zehn Prozent der Apotheken in Deutschland stecke bereits jetzt in finanziellen Schwierigkeiten.

Unsere Vergütung wurde seit dreizehn Jahren nicht angepasst.

Andreas Buck

Eine Folge jahrelanger Sparpolitik der Politik gegenüber den Apotheken: „Unsere Vergütung wurde seit dreizehn Jahren nicht angepasst.“ Vielen Apotheken fehle das Geld zur überfälligen Erhöhung der Löhne.

Aktuell hätten viele Apotheken kaum finanziellen Spielraum. Buck zeigt anhand einer Statistik der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda): Fast ein Drittel der Apotheken haben im Schnitt ein Betriebsergebnis von weniger als 50.000 Euro brutto im Jahr. „Diesen Apothekern geht es schlechter als in einem Angestelltenverhältnis.“

Dagegen erhält ein Krankenhausapotheker nach Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst etwa 75.000 Euro. Vom Einkommen der Selbstständigen gingen noch Investitionen ab. „Wie soll ein Betrieb das machen?“, fragt Buck.

Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt

Abda-Geschäftsführerin Claudia Korf stellte auf dem Deutschen Apothekertag Ende September in Düsseldorf die düstere Prognose, dass rund 600 Apotheken Ende des Jahres ihre Türen für immer schließen müssen. Die Zahl der Apotheken ist 2023 weiter gesunken und rangiert ‐ mit unter 18.000 Betriebsstätten ‐ auf einem 40-Jahres-Tief.

Herr Lauterbach spricht nicht mit uns, nur über uns

Juliane Alexander

„Unser Gesundheitsminister hat den Ernst der Lage nicht erkannt“, ärgert sich Andreas Buck über den Auftritt von Karl Lauterbach am Apothekertag. Damals hätten die Apotheker um eine Erhöhung der Pauschale für rezeptpflichtige Medikamente gebeten, doch auf diese Forderung sei Lauterbach nicht eingegangen.

„Herr Lauterbach spricht nicht mit uns, nur über uns“, ärgert sich auch Juliane Alexander, Inhaberin der Laupheimer Ratsapotheke. Auch die Apothekerin will sich mit ihrem Betrieb am Streik beteiligen: „Wir wollen uns in der Politik ins Gespräch bringen, damit man endlich mit uns redet“, sagt Alexander.

Anstatt die Arbeit der Apotheken zu honorieren, seien sie aufgrund angeblicher Profite aus der Pandemie zu einem Zwangsrabatt verdonnert worden. „Wir machen alles möglich, managen Lieferengpässe, aber bei einer Pauschale von 50 Cent plus Mehrwertsteuer kann man nur weinen.“

Gesundheitsminister geht nicht auf Forderungen ein

Die seit zehn Jahren gleichgebliebene Pauschale von 8,35 Euro pro rezeptpflichtiges Medikament für die Beratung müsste laut Berechnungen der Abda auf 12 Euro steigen. „Alles, was seit dem Sommer passiert ist, sind Lippenbekenntnisse. Lauterbach hat sich zwar zu den Apotheken vor Ort bekannt, aber für deren Erhalt tut er nichts“, so Buck.

Stattdessen lenke er von den finanziellen Forderungen ab. So stellt sich der Gesundheitsminister „Apotheken light“ vor, Zweigstellen, in denen Apotheker nur noch über den Bildschirm zugeschaltet werden.

„Es ist absurd, was Herr Lauterbach vorschlägt“, sagt Bärbel Fritz, Inhaberin der Familienapotheke am Bronner Berg. „Anstatt die Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen, will er neue Strukturen aufziehen“, ärgert sie sich.

Dabei gebe es mit der Apotheke vor Ort funktionierende Strukturen, die Menschen gut beraten und versorgen. Dem Apothekensterben würden die Pläne laut Fritz nichts entgegensetzen. „An diese Betriebe gibt es geringe Anforderungen, sie lassen sich dort nieder, wo es eh schon Apotheken gibt“, so Fritz, die ebenfalls mit ihrer Belegschaft in Stuttgart ein Zeichen setzen will.

Laupheimer zeigen Solidarität mit Branchenkollegen

„Wenn wir eine qualitativ gute Arzneimittelversorgung wollen, muss man auch dafür bezahlen“, sagt Buck. Die Laupheimer Bevölkerung müsse sich indes keine Sorgen machen. Der Apotheker betont: Noch gehe es den Apotheken in Laupheim besser als vielen Branchenkollegen.

Immer mehr Betriebe, vor allem in strukturschwachen Regionen, hielten dem finanziellen Druck aber nicht mehr stand. „Wir wollen Solidarität mit den Kollegen zeigen, denen es heute schon schlecht geht.“


Streik

Apotheken sind am 22. November zu

In Laupheim werden am Mittwoch, 22. November, die Apotheken wegen des Streiks geschlossen bleiben. Notdienst in der Nähe haben an diesem Tag die Fünf-Linden-Apotheke in Biberach, die Rats-Apotheke im Ärztehaus Schwendi und die Apotheke Dr. Mack in Rottenacker.