Kinder- und Heimatfest Laupheim

Darum fährt der Rottalmolle runderneuert zum Heimatfest

Laupheim / Lesedauer: 5 min

Der freundlich aussehende Zug ist ein Wahrzeichen des Laupheimer Stadtfests. Doch nach Jahren im Einsatz war nun eine Restauration vonnöten. Wer das übernommen hat.
Veröffentlicht:08.05.2023, 05:00

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Möglich wurde die Restaurierung des 45 Jahre alten Unimogs vom Typ U421, der sich unter der Lokomotive versteckt, durch das Laupheimer Unternehmen Rentschler Biopharma.

Spontan zückte Prof. Dr. Nikolaus Rentschler nämlich sein Scheckbuch, als er während der Heimatstunde 2022 von den Gebrechen des in die Jahre gekommenen, 52 PS starken Mercedes–Alleskönners hörte. Anlässlich des 150. Jubiläums seines Unternehmens werde er die Wartungskosten, damals noch veranschlagt mit rund 10 000 Euro, übernehmen, versprach der Firmen–Chef.

Denn auch Rentschler selbst verbindet glückliche Momente mit dem Kult–Gefährt. Dabei blieb es nicht: Der Geldgeber vervierfachte die Summe.

Zehn Wochen wird geschraubt, gefeilt, gebohrt und getüftelt

Rentschler, selbst Besitzer eines Unimogs aus dem Jahr 1951, empfahl für die Generalüberholung Siegfried Baumann aus Merklingen. Als der versierte Unimog–Liebhaber den allradgetriebenen Klein–Lkw in seiner Merklinger Meisterwerkstatt unter die Lupe nahm, trat noch so manch unentdeckte Unzulänglichkeit zutage.

Da dürfte nicht viel kommen in den nächsten Jahrzehnten.

Siegfried Baumann

Gut zehn Wochen lang schraubten, feilten, bohrten und tüftelten Baumann und Kollegen an dem „Schätzchen aus Laupheim“. Weil es für den Oldtimer nicht mehr alle Ersatzteile zu kaufen gab, fertigten sie manches Zubehörteil in Handarbeit an.

Zugmaschine steht wieder tiptop da

Letztlich überholten die Restauratoren nicht nur Motor und Getriebe, sondern versahen alles mit einer schwarz–glänzenden Lackierung.

Die Zugmaschine, vom Heimatfestausschuss in den 1980er–Jahren von der Gemeinde Fischen im Allgäu erworben, wo sie Winterdienst leistete, steht nun wieder tiptop da. „Da dürfte nicht viel kommen in den nächsten Jahrzehnten“, gibt sich Baumann zuversichtlich.

Der Unimog zaubert ein breites Grinsen ins Gesicht

Es brauchte nicht einmal das typische „Tuuuut–tuuuut“: Schon der nackte Unimog, wie er endlich wieder in der Fundus– und Gerätehalle stand, zauberte den hiesigen Heimatfestfreunden ein breites Grinsen ins Gesicht.

„Phänomenale Arbeit“, lobten die fahrzeugtechnisch erfahrenen Schrauber beim Anblick von glänzenden Radlagern und Bremszylindern, verstärkten Federn und einem perfekten Kabinen–Aufbau.

Ich bin als Kind leider nicht in den Genuss einer Fahrt gekommen. Das hier hat das jetzt ausgeglichen.

Nikolaus Rentschler

Für Anton Büchele, seit 1994 Lokomotivführer ehrenhalber, seinen Sohn Armin sowie Karl Held und die Brüder Kai und Jannik Hilla geriet die Rückverwandlung des braunen Allzwecklasters zur bunten Rottal–Eisenbahn zu einem wahren Fest.

In der Bauhof–Werkstatt, wo Seilwinde und Kran die schweren Metallteile in Position bringen konnte und eine Grube das Arbeiten erleichterte, benötigten sie einen Samstag für die Ummantelung mit dem stählernen Kleid.

Erst das orangefarbene Führerhäuschen, dann der blaue Kessel und zum Schluss der schwarze Kohlentender: Fertig ist die Rottal–Lokomotive.

Sponsor Rentschler setzt sich hinters Steuer

Vom Erfolg der Restaurierung überzeugte sich auch Sponsor Rentschler. Für eine kleine Runde um die Heimatfesthallen setzte er sich sogar selber hinter das Steuer.

Das Zwischenkuppeln beim Schalten bereitete dem Unimog–Fan dabei keinerlei Schwierigkeiten. „Ich bin als Kind leider nicht in den Genuss einer Fahrt gekommen. Das hier hat das jetzt ausgeglichen“, bekannte der Unternehmer hinterher strahlend.

Jedes Jahr aufs Neue sei er begeistert von der großen Gemeinschaftsleistung vieler Helfer für dieses tolle Fest, ließ der bekennende Heimatfest–Fan wissen.

Froh „dass wir solche Gönner und Unterstützer haben“, zeigte sich Ralf Aubele, der Vorsitzende des Heimatfestvereins. Das Fest sei nicht gewinnorientiert, weshalb derart „nachhaltige Invests“ ohne Sponsoren nur schwierig zu stemmen seien.

Mit Anton und Helga Büchele fahren 1000 Vorschüler durch die Stadt

Anton Büchele, der über seinen früheren Posten beim Bauhof zum Zugfahrer wurde, freut sich schon jetzt darauf, wenn er kurz vor dem Fest wieder gemächlich, mit etwa sechs Stundenkilometern durch Stadt und Ortsteile kutschieren wird.

An die 1000 Vorschüler aus sämtlichen Kindergärten werden in den an die Lok gekoppelten Eisenbahn–Wagen Platz nehmen. Mit von der Partie ist dann auch Bücheles bessere Hälfte Helga.

So entsteht das Pfeifen des Rottalmolle

Doch die Gattin sitzt nicht etwa nur aus Jux und Tollerei mit dabei im engen Führerhaus. Weil die kleinen runden Fenster und der Schornstein die Sicht des Fahrers doch erheblich einschränken, müssen immer zwei auf die Straße gucken.

Der Rottalmolle gilt als Sonderfahrzeug. Deshalb braucht es vor dem Heimatfest nicht nur die jährliche Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums Tübingen, sondern auch das grüne Licht vom TÜV. In diesem Jahr dürfte der Technische Überwachungsverein freilich rein gar nichts zu beanstanden haben.

Übrigens: Das unverwechselbare „Tuuuut–Tuuut“ des Molles entsteht mittels Dampfpfeife und Auspuffgasen.

Die Geschichte des Rottal–Molle

Die Dampfzüge der 1904 eröffneten, 16 Kilometer langen Bahnstrecke von Laupheim–West nach Schwendi durch das Tal der Rot nannte der Volksmund Rottalmolle. Molle bedeutet im Oberschwäbischen Ochse oder Stier. 1985 wurde die Strecke stillgelegt.

Das Heimatfest–Double der Rottal–Eisenbahn fährt seit 1949. Zugmaschine war damals noch ein Lanz–Bulldog des Fuhrunternehmens Ihle, dessen Besitzer, Reinhold Ihle, auch der erste Fahrer war. Die beiden Anhänger vom Schlossgut Laupheim aus dem Jahr 1940 sind bis heute im Einsatz.

Der einst hölzerne Aufbau wurde in den 1960er Jahren durch den heutigen Blechaufbau ersetzt. Erstellt wurde das Stahl–Kleid beim früheren Landmaschinen–Unternehmen Kiesle. Großen Anteil daran hatte Mitarbeiter Josef Kerler, der spätere Laupheimer Feuerwehr–Kommandant.