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Volkstrauertag heute notwendiger als je zuvor

Ertingen / Lesedauer: 3 min

Die Gemeinde Ertingen hat am Volkstrauertag der Opfer von Gewalt und Krieg gedacht. Nach dem ökumenischen Gottesdienst in der Pfarrkirche St.
Veröffentlicht:20.11.2023, 19:40

Von:
  • Wolfgang Lutz
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Die Gemeinde Ertingen hat am Volkstrauertag der Opfer von Gewalt und Krieg gedacht. Nach dem ökumenischen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Georg, führte der Zug mit den örtlichen Vereinen und deren Fahnenabordnungen sowie der Bürgerinnen und Bürger in Richtung Friedhof. Hier fand eine Gedenkfeier statt, die zum einen an die vielen Opfer der beiden Weltkriege und der derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen erinnern soll. Gleichzeitig sollte auch ein Zeichen für Frieden und Versöhnung gesetzt werden. „Die letzten Monate haben gezeigt, dass es auf unserer Welt keinen sicheren Platz gibt vor Kugeln und Bomben“, so Bürgermeister Jürgen Köhler in seiner Ansprache.

Die Kriege des 20. Jahrhunderts hätten Millionen von Opfern gefordert, wobei kaum eine Familie von den Auswirkungen der kriegerischen Auseinandersetzungen verschont blieb, so der Bürgermeister. „Daher gelten heute unsere Gedanken an die Gefallenen und Vermissten unserer Gemeinde aus den beiden Weltkriegen, die nicht mehr nach Hause kamen. Aus Ertingen sind dabei 555 Personen zu beklagen, um die getrauert wurde. Wir dürfen sie niemals vergessen, daher ist diese jährliche Gedenkveranstaltung unverzichtbar“, sagte Jürgen Köhler und fügte an: „Erinnerung braucht Menschen, die sich erinnern.“

Köhler las dann einen Brief von einem Kommandeur vom 15. März 1945 an eine Ertinger Familie vor. Der Kommandeur hatte der Familie mitgeteilt, dass ihr Sohn seit einer Offensive in der Normandie vermisst werde. Von den 120 Soldaten hatten gerade mal fünf überlebt. „Wie muss es den Angehörigen ergangen sein, eine solche Nachricht zu erhalten?“, stellte der Bürgermeister als Frage in den Raum. Dann kam die erlösende Kunde, dass der junge Ertinger Unteroffizier überlebt hat. Für ihn habe es gut geendet, aber für viele Millionen von Soldaten nicht. Familien trauern auch heute noch um einen verstorbenen Angehörigen, der im Krieg oder durch Gewalt ums Leben kam. Trauer werde aber erst möglich, wenn man sich der Erinnerung stelle. Erinnerung sei kein Selbstzweck und keine Bußübung, vielmehr soll man sich erinnern um der Gegenwart und der Zukunft willen.

Durch den Angriff auf die Ukraine, 77 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, sei die europäische Friedensordnung tief erschüttert, ja zerstört worden, sagte Bürgermeister Jürgen Köhler. Die Schrecken des Krieges finden im Herzen Europas statt. Auch der anhaltende Nahost-Konflikt und seine Auswirkungen spüre man auch bei uns. Viele Menschen finden auch bei diesem Konflikt den Tod und es sei schwer, für eine involvierte Seite Partei zu ergreifen. „Ich kann nur an beide Seiten appellieren: Legt die Waffen nieder.“ Dabei müsse man jegliche Form von Solidarität zu Gewalttätern verurteilen. Unrecht bleibe Unrecht und Gewalt bleibe Gewalt, ganz gleich, wie man sie weltanschaulich zu begründen suche, so der Bürgermeister.

„Wir müssen erkennen, dass die Bereitschaft und der Wille zur Zusammenarbeit, zum guten Zusammenleben, zu Solidarität und Toleranz unverzichtbar sind für den Frieden zwischen den Menschen in unserem Land, in Europa und der ganzen Welt“, lautete der Appell von Bürgermeister Jürgen Köhler. Eine Alternative dazu gebe es nicht, es sei der Auftrag uns täglich dafür einzusetzen. Daher gebe es zu Recht den Volkstrauertag, an dem bewusst gemacht werde, wie schlimm die Kriege waren und sind und wie viel Gewalt es gab und immer noch gibt.

Nach dem Totengedenken senkten sich die Fahnen am Krieger-Ehrenmal, drei Böllerschüsse ertönten und die Reservistenkameradschaft legte namens aller Vereine einen Kranz am Mahnmal nieder. Dazu intonierte die Musikkapelle das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“. Am Schluss der Gedenkfeier bat Bürgermeister Jürgen Köhler alle Teilnehmer an der Gedenkfeier darum, dass bei der Nationalhyme, die die Musikkapelle spielte, kräftig mitgesungen wird.