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Wachstum und Spezialisierung

Dürmentingen / Lesedauer: 4 min

Klinik Schwabenland plant acht Millionen Euro an Investitionen
Veröffentlicht:16.11.2018, 19:08

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Die Klinik Schwabenland in Dürmentingen will im kommenden Jahr einen Neubau erstellen. In einem weiteren Bauabschnitt ist die Sanierung der „Villa“ geplant. Dort soll die Sport- und Bewegungstherapie zentral untergebracht werden. Die Klinik ist spezialisiert auf Kuren für Mütter oder Väter mit Kind.

Als Eugen Weber vor dreieinhalb Jahren die Klinikleitung übernommen hat, lag die Auslastung bei knapp über 70 Prozent. Das habe seither kontinuierlich gesteigert werden können, so der Klinikleiter: „Dieses Jahr werden wir bei gut 98 Prozent landen.“ Die große Nachfrage sei auch einer der Gründe für das Neubau- und Sanierungskonzept. Zunächst sollen mit dem Neubau zehn zusätzliche Patientenapartments geschaffen werden. Derzeit verfügt die Schwabenklinik über 39 Familienapartments mit insgesamt 125 Betten. Die Apartments sind durchschnittlich mit drei Personen belegt, also von Mutter oder Vater mit zwei Kindern. Eine „Bettenburg“ sei nicht geplant, betont Weber. Das widerspräche dem Konzept, eine möglichst individuelle, spezifische Therapie in familiärer Umgebung zu bieten. Aber eine gewisse Patientenzahl sei für die Kostenverteilung erforderlich.

Um dieses Konzept umzusetzen, wurde auch personell auf 45 Vollzeitstellen aufgestockt. Die Frauenquote der insgesamt 70 Beschäftigten ist hoch. Diese Personalstärke sei „zwingend erforderlich“, sagt Weber, „um die Therapie, welche Kostenträger und Patienten erwarten, anbieten zu können“. Ein „Riesenproblem“ sei dabei branchenweit der Fachkräftemangel. Dabei sei die Schwabenklinik nicht nur in Konkurrenz zu anderen Unternehmen der Gesundheitsbranche, sondern auch zu öffentlichen Einrichtungen. Die Klinik Schwabenland beschäftigt nämlich nicht nur Ärzte, Psychologen und Therapeuten, sondern beispielsweise auch Diätassistentinnen, Erzieherinnen, Heilerziehungspfleger und Sozialpädagogen.

Rund 65 Prozent der gesamten Kosten entfallen mittlerweile auf das Personal. Jedes Jahr sei eine Steigerung von drei Prozent zu verzeichnen, stellt Weber fest: „Das steht in keinem Verhältnis zur Erlössituation.“ Hinzu kommen hohe Energie- und Sachkosten. Die Vergütung habe dagegen in den Jahren 1997 bis 2015 stagniert. Erst seit 2015 konnten mit den Kostenträgern Anhebungen der Tagessätze um 2,5 Prozent ausgehandelt werden. Angesichts des Kostendrucks könne das nur durch eine hohe Auslastung betriebswirtschaftlich kompensiert werden.

An einer hochwertigen Therapie wolle man weiter festhalten und habe diesen Bereich weiter ausgebaut. Das Therapieangebot sei dichter geworden, biete mehr konkrete Möglichkeiten und sei spezifischer auf die jeweilige Indikation abgestimmt. „Wir sind kein Erholungsheim“, betont Eugen Weber. Die Klinik Schwabenland sei als Vorsorge- und Rehaklinik zwar auch kein Akuthaus. Das Klientel bedürfe aber einer spezielleren Behandlung.

Mehr „extreme Fälle“

„Patienten, die zu uns kommen, haben zu 60 bis 65 Prozent eine Belastungs- beziehungsweise Überlastungssymptomatik“, sagt der Klinikleiter. Hauptindikation sei Depression, Hintergrund häufig posttraumatische Belastungsstörungen nach Partnerverlust, Gewalterfahrung und Missbrauch – auch bei Kindern. „Patienten sind immer die Eltern“, erklärt Weber, „je nach Konstellation können auch Kinder Patienten sein.“ Manche Patienten seien auch suizidgefährdet, leiden an psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie und Boarderline. Er stelle fest, „dass wir von den extremen Fällen immer mehr haben.“ Die Klinik Schwabenland arbeite hier auch eng mit dem ZfP in Zwiefalten zusammen.

Strategie des Hauses sei es, künftig auch verstärkt in Nischenbereiche zu gehen, „um nicht beliebig zu sein und bei den Krankenkassen als Fachklinik wahrgenommen zu werden.“ So wird seit Jahresbeginn das Fachkonzept für die Behandlung von Zöliakie umgesetzt, einer durch Glutenunverträglichkeit verursachten Magen-Darm-Erkrankung. Diese Menschen haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, weiß Weber, und finden nur wenig Raum, um behandelt zu werden. Dieses Therapieangebot finde zunehmend Anklang. Nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal ist der Therapiebauernhof in Burgau. „Das ist kein Ponyhof“, versichert Weber. Natur und Tiere sollen therapeutisch eingesetzt werden, Tier- und Stallpflege gehören ebenso zum Alltag wie das Sammeln von Erlebnissen. Auch für Hausaufgabenbetreuung ist gesorgt. Neben den „Therapiekindern“, etwa 60 Prozent, halten sich hier auch die – theoretisch gesunden – „Begleitkinder“ hier auf. Die häufigste Indikation sei hier ADHS.

Die Therapeuten, die derzeit noch auf dem Klinikgelände verstreut arbeiten und sich Räumlichkeiten teilen müssen, sollen künftig an einem Therapiezentrum untergebracht werden. Da sei der inhaltliche Austausch auch besser gewährleistet. Mehr Platz gibt es insbesondere für die Bewegungs- und Sporttherapie. Mit der Villa wird auch das Schwimmbad saniert. Ebenfalls neu gebaut werden Küche und Speisesaal, die an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt sind. Die Kosten der gesamten Baumaßnahme – Neubau und Sanierung – schätzt Weber auf 7,2 Millionen Euro. Weitere 800 000 Euro werden für die Ausstattung veranschlagt. Baubeginn soll im Frühjahr 2019 sein. Die Resonanz auf die Ausschreibungen für den ersten Abschnitt sei allerdings verhalten. „Wenn sich jemand bewerben möchte, wären wir deshalb sehr dankbar.“

Seit acht Monaten versucht Weber auch die Besetzung der Chefarztstelle zu regeln. Vom Nachfolger Dr. Peter Webers habe man sich wieder getrennt. Der frühere leitende Arzt ist deshalb kommissarisch nochmals eingesprungen. Zur Sicherstellung der Patientenversorgung habe man sich zudem mit Honorarärzten verstärkt. Am 1. Februar soll die Stelle wieder besetzt sein – voraussichtlich mit einer Chefärztin.