Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion „Biberach im Wandel“: Zwischen Identität und Erneuerung
Biberach / Lesedauer: 4 min

Wie lässt sich die Identität Biberachs bewahren und das Leben für die Bürger gleichzeitig zeitgemäß gestalten? Eine Gratwanderung – da waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Stadt im Wandel“ in der evangelischen Spitalkirche einig. Eingebettet in das Programm rund um das „Alte Schuehaus“ diskutierten am Sonntagmorgen Frank Brunecker (Museum Biberach), Dominik Poss (Stadtforum Biberach), Baubürgermeister Christian Kuhlmann und Friedrich Kolesch als Vertreter von IHK und Werbegemeinschaft. SZ-Redakteur Gerd Mägerle moderierte.
Dabei ging der Blick immer wieder in die Vergangenheit und in die Nachbarschaft. Kolesch wies auf die Konkurrenz des Mittelzentrums Biberach mit Oberzentren wie Ulm, Ravensburg und Memmingen hin: Davon dürfe sich Biberach nicht treiben lassen, müsse aber Neuerungen gegenüber offen sein. „Mich als Bürger interessiert, dass sich die Stadt weiterentwickelt“, sagte Brunecker, der gegenüber den genannten Oberzentren viel Nachholbedarf sieht. Gleichzeitig verwies der Museumsleiter auf die ausgezeichnete wirtschaftliche Situation Biberachs und die „historische Chance“ in puncto Stadtentwicklung.
„Schreckliche Wunde“
Bei dieser Weiterentwicklung „achtet der Gemeinderat auf Qualität“, versicherte Kolesch, der auch stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion in Biberach ist. Wie diese architektonische Qualität aussehen soll, darüber herrscht und herrschte in Biberach nicht immer Einigkeit. So blickte Baubürgermeister Kuhlmann zurück in die 1950er- und 1960er-Jahre, als in Zeiten des Aufschwungs sogar Überlegungen gegeben habe, die Stadtmitte komplett neu zu gestalten – inklusive zwölfgeschossiger Wohnhäuser. Dazu kam es bekanntlich nicht. Aber zu anderen „schrecklichen Wunden“, wie es Brunecker beschrieb. Der Museumsleiter erinnerte an die Verlegung der Riß aus der Stadt. „Eine Entscheidung, die heute sicherlich nicht möglich wäre.“
Nicht ohne Weiteres möglich sind längst bauliche Eingriffe in der Altstadt, allein aus Gründen des Denkmalschutzes. Bei der Umsetzung von Baumaßnahmen redet seit einigen Jahren der mehrfach in der Runde gelobte Gestaltungsbeirat mit. Viele Auflagen, die die Stadt den Bauherren dabei auferlege, seien aber nur durchzusetzen, weil die Stadt so attraktiv sei, betonte Kolesch. „Wir müssen gucken, dass das so bleibt.“
Außerhalb der Altstadt könne Stadt dagegen weniger auf die, vor allem, privaten Investoren Einfluss nehmen. Beim Postareal sei dies beispielsweise nur durch einen Trick gelungen, wie Kuhlmann berichtete. Durch diesen nicht näher beschriebenen Coup habe die Stadt einen Bebauungsplan aufstellen können. Der erste, „katastrophale Entwurf“ (Kuhlmann) sei so wieder in der Schublade verschwunden. Aus einer sogenannten Mehrfachbeauftragung von Architekten sei dann der aktuelle Entwurf hervorgegangen. Wichtig sei der Stadt bei der Gestaltung des äußeren Rings, dass sich die „Häuser ruhig einfügen“, aber jedes Haus ein eigenes Bild erzeuge. So sei dies etwa bei der Kreissparkasse mit ihrer von Metall und Glas dominierten Fassade gelungen, so Kuhlmann.
„Varianten diskutieren“
Architekt Dominik Poss, stellvertretender Vorsitzender des vor etwa sieben Jahren gegründeten „Stadtforum Biberach“, das sich für die Erhaltung und Pflege des kulturellen Erbes einsetzt, sieht die Stadt auf einem guten Weg. „Es ist wichtig, dass verschiedene Varianten diskutiert werden, statt gleich zu sagen, wir reißen das Haus ab“, so Poss. Stehe am Ende der Debatte der Abriss, „ist es okay“. Die Aufgabe der Architekten sei es, dem alten Bestand qualitativ etwas entgegenzusetzen. „Wenn dabei ein hochwertiges Gebäude mit einem Flachdach herauskommt, kann ich da mitgehen.“
In die Debatte versucht die Stadt auch die Bürger einzubinden. „Wir machen da seit vier, fünf Jahren enorm viel“, betonte Kuhlmann, der enttäuscht war, dass lediglich rund 40 Bürger zur Podiumsdiskussion gekommen waren. Gerade nach den zuletzt in Leserbriefen oder in einem Internetblog geäußerten Vorwürfen, er mache die Stadt kaputt. Seine Schlussfolgerung: Für viele Kritiker stünden Eigeninteressen und nicht das Wohl der Stadt im Vordergrund.
Kolesch betonte, dass der Gemeinderat auf Rückmeldungen der Bürger angewiesen sei. Im persönlichen Gespräch erfahre man von Ängsten oder Befürchtungen, auf die man sonst nicht gekommen wäre. Zudem habe er die Erfahrung gemacht, dass der Informationsstand der Bürger oft falsch eingeschätzt werde. An fehlender Bürgerbeteiligung könne dies aber nicht liegen. „Da tun wir viel mehr, als wir müssen.“
Zum Schluss äußerte sich die Runde noch zur Zukunft des Marktplatzes. Unter anderem inspiriert von der Schuehaus-Aktion wünschte sich Poss mehr Aktivität auf dem Markplatz, beispielsweise durch ein Café. Derweil kann sich Kuhlmann vorstellen, den Wochenmarkt noch attraktiver zu gestalten, mit mobilen Elementen für mehr Grün zu sorgen und das Angebot für Kinder zu verbessern.